1. Samuel 20 – Jonathans letzter Versuch, seinen Vater und David zu versöhnen

A. David kommt von Najot und trifft Jonathan

1. David fragt Jonathan nach den Absichten Sauls ihm gegenüber; Jonathan verspricht David zu helfen

1. Samuel 20, 1-4

1. Samuel 20, 1-4
David aber floh von Najot bei Rama und kam und redete mit Jonathan: Was habe ich getan? Was ist meine Schuld? Und was habe ich vor deinem Vater gesündigt, dass er mir nach dem Leben trachtet? Er aber sprach zu ihm: Das sei ferne, du sollst nicht sterben! Siehe, mein Vater tut nichts, weder Großes noch Kleines, das er nicht meinen Ohren offenbaren würde. Warum sollte denn mein Vater dies vor mir verbergen? Es ist nichts daran! Und David fuhr fort und schwor: Dein Vater weiß genau, dass ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe; darum wird er denken: Jonathan soll dies nicht erfahren, damit er nicht bekümmert ist! Und wahrlich, so wahr der HERR lebt und so wahr deine Seele lebt, es ist nur ein Schritt zwischen mir und dem Tod! Jonathan aber sprach zu David: Ich will für dich tun, was dein Herz begehrt!

  1. David aber floh von Najot: Der Geist Gottes schützte David in Najot auf eine kraftvolle Art und Weise. Er hätte dort einfach so lange bleiben können, bis Saul aufgegeben hätte oder gestorben wäre. Doch David verließ den Ort aus einem guten Grund: Er wollte wissen, ob sich Sauls Herz geändert hatte und ob es noch eine Chance gab, sich mit Saul zu versöhnen.
  2. Was habe ich getan? Hier prüfte David seine Beziehung zu Jonathan. Er wollte wissen, was Saul dachte, aber es war noch wichtiger für David zu erfahren, was Jonathan dachte. Mit der Frage: „Was habe ich getan?“ wollte David wissen, ob Jonathan der gleichen Meinung war wie sein Vater Saul.
  3. Er aber sprach zu ihm: ‚Das sei ferne‘: Dies gab David die Gewissheit, dass Jonathan immer noch sein treuer Freund war und dass er Sauls Lügen über David nicht geglaubt hatte. Jonathan sicherte David auch seine Unterstützung zu, indem er ihn vor den Dingen warnte, die Saul vorhatte.
    1. Warum sollte denn mein Vater dies vor mir verbergen? Es ist nichts daran: Offenbar fragte sich David, warum Jonathan ihm nichts von der versuchten Verhaftung in Najot erzählte. Jonathan drückte seine Verwunderung darüber aus, dass sein Vater es ihm nicht gesagt hatte, aber er versicherte David, dass er auf seiner Seite steht.
  4. Es ist nur ein Schritt zwischen mir und dem Tod: Dies offenbart Davids Entmutigung. Er wusste, dass Saul mehrmals versucht hatte, ihn zu töten, und es schien, dass Saul so lange nicht aufgeben würde, bis David tot war. David hatte das Gefühl, dass sein Tod unvermeidlich war und dass er auf einer schmalen Brücke über einer großen Schlucht wandelte.
  5. Ich will für dich tun, was dein Herz begehrt: Jonatan fuhr fort, David zu beruhigen, indem er einen entmutigten Mann ermutigte und ihm Hilfe anbot. Er hätte auch sagen können: „Wo ist dein Glaube, Bruder? Warum vertraust du nicht einfach auf Gott?“ Stattdessen wusste Jonathan, dass Davids Herz am richtigen Fleck war, und er bot ihm seine Hilfe an.

2. David schlägt vor, Sauls Haltung zu prüfen

1. Samuel 20, 5-11

1. Samuel 20, 5-11
Und David sprach zu Jonathan: Siehe, morgen ist Neumond, da sollte ich eigentlich mit dem König zu Tisch sitzen. Lass mich gehen, dass ich mich auf dem Feld verberge, bis zum Abend des dritten Tages! Sollte mich dein Vater etwa vermissen, so sprich: David bat mich sehr, nach Bethlehem in seine Stadt eilen zu dürfen, weil dort das jährliche Opfer stattfindet für die ganze Familie. Sagt er: Es ist gut!, so bedeutet das Frieden für deinen Knecht; wird er aber sehr zornig, so wisse, dass Böses bei ihm beschlossen ist. Dann aber erweise Gnade gegen deinen Knecht; denn du hast mich, deinen Knecht, in einen Bund vor dem HERRN mit dir treten lassen. Wenn aber eine Schuld an mir ist, so töte du mich; warum solltest du mich zu deinem Vater bringen? Und Jonathan sprach: Das sei ferne von dir! Wenn ich sicher weiß, dass es bei meinem Vater beschlossene Sache ist, Böses über dich zu bringen, sollte ich es dir dann nicht berichten? David aber sprach zu Jonathan: Wenn mir nur jemand berichten würde, ob dein Vater dir eine harte Antwort gibt! Und Jonathan sprach zu David: Komm, wir wollen aufs Feld hinausgehen! Da gingen die beiden aufs Feld hinaus.

  1. Sollte mich dein Vater etwa vermissen: David bat Jonathan, zu beobachten, wie Saul auf Davids Abwesenheit bei einem wichtigen Festmahl reagierte, das monatlich für die hohen Staatsbeamten stattfand. David fragte sich, ob Saul die Gelegenheit nutzen würde, sich zu versöhnen, oder ihn zu töten.
    1. Ist Neumond, da sollte ich eigentlich mit dem König zu Tisch sitzen: Für den ersten Tag ihrer Monate wurden besondere Opfer gefordert (4. Mose 28, 11-15).
  2. Wenn aber eine Schuld an mir ist: Auch hier scheint David ein wenig erschüttert darüber zu sein, dass Jonathan ihm nichts von der versuchten Verhaftung in Najot erzählt hat. David fragt Jonathan: „Bin ich hier im Unrecht? Stehst du immer noch hinter mir?“ Was David eigentlich sagt, ist: „Wenn du wirklich für deinen Vater arbeitest und mit ihm übereinstimmst, dass ich den Tod verdiene, dann töte mich jetzt einfach.“
    1. Wir müssen das alles aus Davids Perspektive sehen. Er erinnerte sich daran, dass Jonathans Unterstützung für ihn durch die Tatsache, dass sein Vater gegen David war, nicht mehr so sicher zu sein schien. Er erinnerte sich auch daran, dass Jonathans Unterstützung für ihn durch die Tatsache in Frage gestellt wurde, dass Jonathan der nächste in der Thronfolge ist und sich daher gegen David stellen könnte.
    2. Jonathans Reaktion ist die gleiche wie in 1. Samuel 20, 2. Er wusste nicht, dass Saul David in Najoth zur Strecke bringen wollte, obwohl sein Vater ihm vorher alles erzählt hatte.
  3. Das sei ferne von dir: Mit dieser klaren Aussage sagt Jonathan zu David, er solle nicht länger an seiner Treue zweifeln. Jonathan spürt, dass David in einer heiklen Lage ist, und er will ihn in dieser Situation ermutigen.
  4. Wenn mir nur jemand berichten würde: David stößt nun auf ein praktisches Problem. Wie soll er David warnen, wenn Saul die Absicht hat, ihm Böses anzutun? Wie soll Jonathan die Nachricht an David übermitteln?

B. Jonathans Zustimmung

1. Jonathan wird herausfinden, wie sein Vater zu David steht

1. Samuel 20, 12-13

1. Samuel 20, 12-13
Und Jonathan sprach zu David: Bei dem HERRN, dem Gott Israels! Wenn ich morgen um diese Zeit oder übermorgen meinen Vater ausforsche, und siehe, er ist David wohlgesonnen, und ich dann nicht zu dir hinsende und es vor deinen Ohren offenbare, so tue der HERR dem Jonathan dies und das! Wenn aber mein Vater Böses gegen dich im Sinn hat, so will ich es auch vor deinen Ohren offenbaren und dich wegschicken, damit du in Frieden hinziehen kannst; und der HERR sei mit dir, wie er mit meinem Vater gewesen ist!

  1. Wenn ich … meinen Vater ausforsche: Jonathan wird herausfinden, wie sein Vater denkt, und wird es David offenbaren, um zu sagen, ob es gut oder schlecht für David ist.
  2. Und dich wegschicken, damit du in Frieden hinziehen kannst: Jonathan weiß, dass, wenn sein Vater Saul Böses gegen David vorhat, es bedeutet, dass er David wegschicken muss. Er wird im Palast nicht mehr willkommen sein und auch zu Hause wäre er nicht mehr sicher. Indem Jonathan David frühzeitig warnt, hilft er ihm, in Frieden hinzuziehen.
  3. Und der Herr sei mit dir, wie er mit meinem Vater gewesen ist: Jonathan will David nicht nur warnen, sondern ihm auch Mut machen. „David, auch wenn du den Palast und dein Haus zurücklassen musst und auf der Flucht bist, der Herr sei mit dir. Da kannst du dir sicher sein.“
    1. Jonathan zeigt seine geistliche Reife, als er sagt: „wie er mit meinem Vater gewesen ist“, denn man könnte denken, dass der Herr wirklich gegen Saul, und nicht für ihn war. Jonathan wusste, dass Gott wirklich mit Saul war, weil Gott Saul Möglichkeiten zur Umkehr angeboten hatte.

2. Daraufhin bittet Jonathan David, einen Bund mit ihm zu schließen

1. Samuel 20, 14-17

1. Samuel 20, 14-17
Und erzeige die Gnade des HERRN nicht nur, solange ich noch lebe, und nicht nur an mir, damit ich nicht sterbe, sondern entziehe auch meinem Haus niemals deine Gnade, auch dann nicht, wenn der HERR die Feinde Davids allesamt vom Erdboden ausrotten wird! So schloss Jonathan einen Bund mit dem Haus Davids [und sprach]: Der HERR fordere es von der Hand der Feinde Davids! Und Jonathan ließ David nochmals bei seiner Liebe zu ihm schwören; denn er liebte ihn wie seine eigene Seele.

  1. Entziehe auch meinem Haus niemals deine Gnade: Jonathan war sich der politischen Dynamik zwischen der Familie Davids und seiner Familie bewusst. In jenen Tagen, als ein Königshaus ein anderes ablöste, war es üblich, dass das neue Königshaus alle potenziellen Herrscher aus dem alten Königshaus tötete. Jonathan wusste, dass David und seine Nachkommen eines Tages über Israel herrschen würden, und er wollte, dass David ihm versprach, dass er und seine Nachkommen die Nachkommen Jonathans nicht töten oder misshandeln würden.
  2. So schloss Jonathan einen Bund mit dem Haus Davids: Jonathan und David vereinbarten, füreinander zu sorgen. Jonathan stimmte zu, angesichts der Bedrohung durch Saul für David zu sorgen, und David stimmte zu, in der Zukunft für Jonathan und seine Familie zu sorgen. David erfüllte dieses Versprechen, dass er Jonathan gab (2. Samuel 9, 1-8 und 21, 7).

3. Jonathan schlägt ein Signal vor, um David über Sauls Reaktion zu informieren

1. Samuel 20, 18-23

1. Samuel 20, 18-23
Und Jonathan sprach zu ihm: Morgen ist Neumond; da wird man dich vermissen, denn dein Sitz bleibt leer. Am dritten Tag aber komm rasch herab und begib dich an den Ort, wo du dich am Tag der Tat verborgen hattest, und bleibe neben dem Stein Asel. Ich aber will drei Pfeile daran vorbeischießen, als ob ich nach einem Ziel schießen würde. Und siehe, dann werde ich den Burschen schicken: »Geh, suche die Pfeile!« Rufe ich dann dem Burschen zu: »Siehe, die Pfeile liegen diesseits von dir, hole sie!«, so komm; denn das bedeutet Frieden für dich und keine Gefahr, so wahr der HERR lebt. Wenn ich aber zu dem jungen Mann sage: »Siehe, die Pfeile liegen jenseits von dir!«, so geh; denn dann sendet dich der HERR fort. Von dem aber, was wir beredet haben, ich und du, siehe, davon ist der HERR [Zeuge] zwischen dir und mir ewiglich!

  1. Ich aber will drei Pfeile daran vorbeischießen: Nachdem Jonathan wusste, was sein Vater mit David vorhatte, gab er ihm ein Signal. Jonathan würde Zielübungen machen und die Richtung, in die er die Pfeile schoss, würde David verraten, was die Antwort war.
  2. Drei Pfeile: Diese würden eine der beiden folgenden Nachrichten übermitteln. Entweder hat sich Sauls Herz gegenüber David geändert, das bedeutet Frieden für dich, oder Saul war immer noch entschlossen, David zu töten, dann sendet dich der Herr fort.
    1. Für David war dies eine entscheidende Zeit in seinem Leben. Entweder würde er wieder im Palast und in seinem Haus willkommen geheißen werden oder er würde auf der Flucht sein, bis Saul die Jagd auf David aufgibt. Es hing viel von der Nachricht ab, die durch ein paar Pfeile übermittelt wurde.

C. Sauls ständiger Hass auf David

1. Saul ist wütend, als er von Davids Abwesenheit erfährt

1. Samuel 20, 24-34

1. Samuel 20, 24-34
So verbarg sich David auf dem Feld. Als aber der Neumond kam, setzte sich der König zum Mahl, um zu essen. Und zwar saß der König an seinem gewohnten Platz an der Wand; Jonathan aber stand auf, und Abner setzte sich neben Saul; und Davids Platz blieb leer. Saul aber sagte an diesem Tag nichts; denn er dachte: Es ist ein Zufall; er ist nicht rein; gewiss ist er nicht rein! Es geschah aber am Tag nach dem Neumond, als Davids Platz wieder leer blieb, dass Saul seinen Sohn Jonathan fragte: Warum ist der Sohn Isais weder gestern noch heute zum Essen gekommen? Da antwortete Jonathan dem Saul: David hat mich dringend gebeten, nach Bethlehem gehen zu dürfen; und er sagte: Lass mich doch hingehen; denn wir halten ein Familienopfer in der Stadt, und mein Bruder selbst hat es mir geboten; habe ich nun Gnade vor deinen Augen gefunden, so gib mir doch Urlaub, dass ich meine Brüder sehen kann! Darum ist er nicht an den Tisch des Königs gekommen. Da entbrannte Sauls Zorn gegen Jonathan, und er sprach zu ihm: Du missratener, widerspenstiger Sohn! Meinst du, ich wüsste nicht, dass du den Sohn Isais erwählt hast, zu deiner Schande und zur Scham und Schande deiner Mutter? Denn solange der Sohn Isais auf Erden lebt, kannst weder du bestehen noch dein Königtum! So sende nun hin und lass ihn herbringen zu mir; denn er ist ein Kind des Todes! Und Jonathan antwortete seinem Vater Saul und sprach zu ihm: Warum soll er sterben? Was hat er getan? Da warf Saul den Speer nach ihm, um ihn zu durchbohren. Da erkannte Jonathan, dass es bei seinem Vater fest beschlossen war, David zu töten. Und Jonathan stand vom Tisch auf in glühendem Zorn und aß an jenem zweiten Tag des Neumonds keine Speise; denn es tat ihm weh um Davids willen, weil sein Vater ihn beschimpft hatte.

  1. Und Davids Platz blieb leer: David wurde bei diesem besonderen Neumondfest erwartet, und so fiel sein Fehlen besonders auf. Das beunruhigte Saul zunächst nicht sonderlich, denn er dachte: „Es ist ein Zufall; er ist nicht rein, ganz gewiss ist er nicht rein.“ Zeremonielle Unreinheit konnte dazu führen, dass eine Person ein Fest wie dieses verpasst, aber die zeremonielle Unreinheit dauerte nur einen Tag (3. Mose 22, 3-7). Als am nächsten Tag Davids Platz wieder leer blieb, verlangte Saul daher eine Erklärung.
    1. Meyer über den Sohn Isais: „Saul bezeichnet ihn spöttisch als ‚Sohn Isais‘ und betont damit, dass er aus einfachen Verhältnissen stammte, und ignoriert die Beziehung, die ihn an die königliche Familie band.“
  2. Jonathan antwortete dem Saul: David hat mich dringend gebeten, nach Bethlehem gehen zu dürfen: Jonathan deckte David und versuchte, Saul eine plausible (und wahrheitsgemäße) Erklärung für Davids Abwesenheit zu geben.
    1. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass er zuerst nach Bethlehem ging, wie er Jonathan auftrug, es seinem Vater mitzuteilen (Vers 6), und von dort auf das Feld zurückkehrte, als es die Gelegenheit erforderte; andernfalls müssen wir ihn einer regelrechten Lüge bezichtigen, die man sich (ohne ersichtlichen Grund) bei einem so guten Mann nicht vorstellen sollte.“ (Poole)
  3. Da entbrannte Sauls Zorn … Du missratener, widerspenstiger Sohn: Anhand dieser Reaktion wusste Jonatan, dass Sauls Herz David gegenüber voller Bosheit war. Wenn Saul David gegenüber anders gesinnt gewesen wäre, wäre er vielleicht enttäuscht gewesen, aber nicht wütend.
  4. Er ist ein Kind des Todes: Sicherlich war dies, trotz seines vorherigen Schwurs (So wahr der Herr lebt, er soll nicht sterben, 1. Samuel 19, 6) Sauls Absicht. Trotz der Pläne von Saul würde David nicht durch die Hand von Saul oder einem anderen Feind sterben. Der Mensch denkt und Gott lenkt.
  5. Warum soll er sterben? Was hat er getan? Jonathan reagierte, indem er nicht nur David, sondern auch das Recht in dieser Sache verteidigte. Seine Unterstützung für David war keine unbedachte Aktion; sie beruhte auf dem, was vor dem Herrn richtig war. Die Tatsache, dass Jonathan David unterstützte, erzürnte Saul und er warf den Speer nach ihm, um ihn zu durchbohren. Das zeigt, wie tief Sauls Hass auf David war – er würde seinen eigenen Sohn töten, weil dieser sich auf Davids Seite stellt.
    1. „Jonathan unternahm einen vergeblichen Versuch, den wütenden König zur Vernunft zu bringen; er hätte ebenso gut versuchen können, das Anschwellen des Jordans während der Flut aufzuhalten.“ (Meyer)

2. Jonathan meldet sich bei David durch das Signal der Pfeile

1. Samuel 20, 35-40

1. Samuel 20, 35-40
Und es geschah am Morgen, da ging Jonathan aufs Feld hinaus, zu der mit David verabredeten Zeit, und ein junger Bursche war mit ihm. Und er sprach zu seinem Burschen: Lauf, suche doch die Pfeile, die ich abschieße! Als nun der Bursche lief, schoss er einen Pfeil über ihn weg. Und als der Bursche zu der Stelle lief, wohin Jonathan den Pfeil geschossen hatte, rief ihm Jonathan nach und sprach: Liegt nicht der Pfeil jenseits von dir? Und Jonathan rief dem Burschen und sprach: »Schnell! Beeile dich! Steh nicht still!« Und Jonathans Bursche hob den Pfeil auf und brachte ihn zu seinem Herrn. Doch wusste der Bursche von nichts; nur Jonathan und David wussten um die Sache. Da gab Jonathan dem Burschen, der bei ihm war, seine Waffen und sprach zu ihm: Geh und bringe sie in die Stadt!

  1. Liegt nicht der Pfeil jenseits von dir: Auch wenn es heimlich geschah, brauchte Jonathan Mut, um mit David zu kommunizieren, denn er wusste, dass sein Vater seine mörderische Wut wieder auf Jonathan richten würde, wenn er davon erfährt. Jonathan war David gegenüber als Freund verpflichtet.
    1. „Aber es gibt noch etwas Edleres – wenn man es wagt, sich in irgendeiner Gruppe zum Herrn Jesus zu bekennen. Wie David ist er jetzt in der Finsternis und sein Ruf ist dahin; sein Name ist nicht sehr beliebt; sein Evangelium wird verdreht; seine Anhänger werden beschimpft und verhöhnt. Es gibt Tage, in denen es etwas kostet, für etwas anderes als die herkömmliche Religion einzutreten, und aus diesem Grund sollten wir niemals zurückschrecken.“ (Meyer)
  2. Jonathan und David wussten um die Sache: Eine Kleinigkeit – das Signal eines einzelnen Pfeils – teilte David mit, dass sich sein ganzes Leben verändert hatte. Er würde nicht länger im Palast willkommen sein. Er würde nicht länger in der Armee Israels willkommen sein. Er konnte nicht mehr nach Hause gehen. David war nun ein Flüchtling der vor einem wütenden, eifersüchtigen König floh, der entschlossen war, ihn zu vernichten.
    1. Manchmal dreht sich unser Leben um eine Kleinigkeit. Eine leichtsinnige Nacht kann das Leben eines Mädchens für immer verändern. Eine Nacht mit den falschen Leuten kann einem Jungen ein Vorstrafenregister bescheren. Es scheint oft nicht fair zu sein, dass sich so viel im Leben von kleinen Momenten abhängt, aber ein Leben besteht aus vielen kleinen Momenten.

3. Der tränenreiche Abschied von David und Jonathan

1. Samuel 20, 41-42

1. Samuel 20, 41-42
Sobald nun der Bursche weg war, erhob sich David von der südlichen Seite her und fiel auf sein Angesicht und verneigte sich dreimal; danach küssten sie einander und weinten zusammen, David aber am allermeisten. Und Jonathan sprach zu David: Geh hin in Frieden! Wie wir beide im Namen des HERRN geschworen und gesagt haben, so sei der HERR [Zeuge] zwischen mir und dir, zwischen meinem Samen und deinem Samen ewiglich!

  1. Und weinten zusammen: David und Jonatan liebten einander und waren eng miteinander befreundet. Jonathan und David hatten wahrscheinlich die Absicht, sowohl vor als auch nach der Zeit, in der David König wurde, als Partner, sowie als Freunde zusammenzuarbeiten. Aber jetzt war das alles vorbei, weil David nicht bleiben und Jonathan nicht gehen konnte, also weinten sie zusammen.
  2. David aber am allermeisten: Wenn Jonathan Grund zum Weinen hatte, dann hatte David dies am allermeisten. Der Schmerz der Trennung war schlimm genug, aber für David war es noch schlimmer, denn er war von allem abgeschnitten und dazu bestimmt, viele Jahre lang das Leben eines Flüchtigen zu führen.
    1. „Hinter dir ist der sonnige Morgen, vor dir ein sich senkender Himmel; hinter dir der gesegnete Genuss von Freundschaft, Frau, Heim, königlicher Gunst und volkstümlicher Bewunderung, vor dir das Leben eines Ausgestoßenen.“ (Meyer)
  3. Geh hin in Frieden! Wie wir beide im Namen des Herrn geschworen … haben: Jonathan wusste, dass er David vielleicht nie wiedersehen würde. Tatsächlich werden sich David und Jonathan nur noch einmal treffen, und das kurz vor Jonathans Tod. Doch während David sich nun auf den Weg machte, um sich zu verstecken und in Gefahr zu begeben, konnte Jonathan David in Frieden wegschicken, denn beide waren sich einig, einander nicht nur im Leben, sondern auch die Familien des jeweils anderen über ihre eigene Lebenszeit hinaus zu ehren.
  4. In Samuel 21, 1 heißt es noch: Und David machte sich auf und ging. David kehrt erst dann zum ‚normalen Leben‘ zurück, wenn Saul tot und David König ist. Das war ein ziemlich trostloser Weg, den David gehen musste, aber es war Gottes Weg für ihn.
    1. Handelte David nach dem Willen Gottes? Wie kann sich jemand auf einen so trostlosen Weg begeben und den Willen Gottes tun? Weil Gott sein Volk oft zumindest einige Zeit auf einer trostlosen Straße verbringen lässt, und er einige seiner Lieblinge dazu bestimmt, viel Zeit auf dieser Straße zu verbringen – denk dabei an Hiob, Josef, Paulus und sogar Jesus.
    2. Dieser trostlose Weg war für Davids Leben wichtig, denn wenn Gott David in eine Lage versetzte, in der Menschen auf ihn angewiesen waren, dann brachte Gott David bei, sich allein auf Gott zu verlassen. Nicht auf sich selbst, nicht auf Saul, nicht auf Jonathan, auf niemanden außer Gott.
    3. Dieser trostlose Weg war für Davids Leben wichtig, denn wenn David jetzt sicher sein und später zum König aufsteigen wollte, muss er lernen, Gott als den anzusehen, der ihn beschützt und unterstützt.
    4. Dieser trostlose Weg war für Davids Leben wichtig, denn wenn David eine so bedeutende Führungsposition erhalten sollte, musste er lernen, sich der Autorität Gottes zu unterwerfen, auch wenn dies durch einen Mann wie Saul geschah.
    5. „Lass zu, dass Gott dich ausleert, damit er dich davor bewahrt, geistlich zu verkümmern, und damit er dich immer weiter führt. Er ruft uns immer dazu auf, über das Bekannte hinauszugehen und ins Unbekannte zu gehen. Gottes Ziel für dich ist der Thron; Gottes Weg für dich ist das Kreuz; Gottes Plan für dich ist der Glaube.“ (Redpath)

© 2023 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

Pin It on Pinterest