A. Der Gläubige unter der Gnade und das Problem der Gewohnheitssünde
1. Sollten wir ein Leben in Sünde führen, damit wir mehr Gnade empfangen können?
Römer 6, 1
Römer 6, 1 Was wollen wir nun sagen? Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde?
Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde? Paulus erklärte: Dort, wo das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden (Römer 5, 20). Er fragt sich jetzt, ob jemand diese Wahrheit dahingehend interpretieren könnte, dass es keine Rolle spielt, ob ein Christ ein Leben in Sünde führt, da Gott größere Sünde immer mit größerer Gnade überwinden wird.
Wenn Gott letztlich die Sünder liebt, warum sollte man sich dann wegen der Sünde Sorgen machen? Wenn Gott den Sündern Gnade gibt, warum dann nicht mehr sündigen und mehr Gnade empfangen? Manche Menschen denken, dass es ihre Aufgabe ist, zu sündigen, und dass es Gottes Aufgabe ist, zu vergeben, also werden sie ihre Aufgabe erledigen, und Gott wird seine Aufgabe ausführen!
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lehrte und lebte der russische Mönch Gregor Rasputin das Konzept der Erlösung durch wiederholte Erfahrung von Sünde und Reue. Er glaubte, dass diejenigen, die am meisten sündigen, mehr von Gottes Gnade benötigen. So erlangt ein Sünder, der weiterhin hemmungslos sündigt, mehr von Gottes Gnade (wenn er für einen Augenblick bereut) als ein gewöhnlicher Sünder. Daher lebte Rasputin in offenkundiger Sünde und lehrte, dass dies der Weg zur Erlösung sei. Das ist ein extremes Beispiel für den Hintergrund von Paulus‘ Frage: „Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde?“
Doch die Frage stellt sich uns in einer weniger extremen Weise noch immer. Ist das Konzept der Gnade ‚sicher‘? Werden Menschen die Gnade nicht missbrauchen? Wenn Gottes Errettung und Annahme auf der Grundlage des Glaubens und nicht auf der Grundlage von Werken gewährt wird, werden wir dann nicht einfach sagen: ‚Ich glaube‘ und dann so leben, wie es uns gefällt?
Von einem rein menschlichen oder säkularen Standpunkt aus betrachtet, istGnade gefährlich. Deshalb lehren und glauben viele Menschen nicht wirklich an die Gnade und stellen stattdessen das Leben nach dem Gesetz in den Vordergrund. Sie glauben, wenn man den Menschen sagt, dass Gott sie rettet und annimmt, unabhängig von dem, was sie (sich) verdient haben, dann haben sie kein Motiv, gehorsam zu sein. Ihrer Meinung nach kann man Menschen einfach nicht auf dem rechten Weg halten, ohne dass ihnen eine Drohung von Gott im Nacken sitzt. Wenn sie glauben, dass ihr Status in Jesus geklärt ist, aufgrund dessen was Jesus getan hat, dann ist die Motivation für ein heiliges Leben dahin.
Sollen wir in der Sünde verharren: Die Verbform des Satzes „in der Sünde verharren“ (die Präsens-Aktivform) macht deutlich, dass Paulus die Praxis der Gewohnheitssünde beschreibt. Im ersten Teil von Römer 6 schreibt Paulus über jemanden, der in einem Lebensstil der Sünde verharrt und denkt, dass das akzeptabel ist, damit das Maß der Gnade voll werde.
2. Ein Leben in Sünde ist inakzeptabel, weil unser „der Sünde gestorben sein“ unser Verhältnis zur Sünde verändert
Römer 6, 2
Römer 6, 2 Das sei ferne! Wie sollten wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben?
Das sei ferne! Für Paulus ist die Vorstellung undenkbar, dass jemand in Sünde weiterleben könnte, damit das Maß der Gnade voll wird. Das sei ferne ist ein starker Ausdruck. Er könnte auch übersetzt werden mit: ‚Zerstöre den Gedanken!‘ Oder: „Weg mit der Vorstellung!“
Wie sollten wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben? Paulus stellt ein wichtiges Prinzip auf. Wenn wir wiedergeboren werden, wenn wir an Jesus als unseren Retter glauben, dann wird unsere Beziehung zur Sünde dauerhaft verändert. Wir sind der Sünde gestorben. Wenn wir also der Sünde gestorben sind, dann sollten wir nicht länger in ihr leben. Es ist einfach nicht angebracht, noch in etwas zu leben, dessen man gestorben ist.
Wir, die wir der Sünde gestorben sind: An dieser Stelle hat Paulus viel zu erklären, was genau er mit der Sünde gestorben meint. Doch der allgemeine Punkt ist klar – Christen sind der Sünde gestorben, und sie sollten nicht länger in ihr leben. Vorher waren wir tot durch Sünde (Epheser 2, 1); jetzt sind wir der Sünde gestorben.
3. Die Taufe ist die Veranschaulichung wie der Gläubige der Sünde gestorben ist
Römer 6, 3-4
Römer 6, 3-4 Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus hinein getauft sind, in seinen Tod getauft sind? Wir sind also mit ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.
Oder wisst ihr nicht: Das deutet an, dass Paulus sich mit grundlegenden Vorstellungen befasst, die jeder Christ kennen sollte.
Wir alle, die wir in Christus Jesus hinein getauft sind: Die Vorstellung hinter dem altgriechischen Wort für getauft ist „etwas untertauchen oder überwältigen“. Die Bibel verwendet den Begriff der Taufe auf verschiedene Art und Weise. Wenn Personen in Wasser getauft werden, werden sie untergetaucht oder mit Wasser überdeckt. Wenn sie mit dem Heiligen Geistgetauft werden (Matthäus 3, 11; Apostelgeschichte 1, 5), werden sie mit dem Heiligen Geist ‚untergetaucht‘ oder ‚überdeckt‘. Wenn sie mit Leiden getauft werden (Markus 10, 39), werden sie ‚untergetaucht‘ oder ‚überdeckt‘ mit Leiden. Paulus bezieht sich hier auf getauft – ‚untergetaucht‘ oder ‚überdeckt‘ – sein in Christus Jesus.
Wir sind also mit ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist: Die Wassertaufe (in Christus … getauft) ist eine Darstellung oder ein ‚Ausleben‘ des ‚Untertauchens‘ oder der Identifikation des Gläubigen mit Jesus in seinem Tod und in seiner Auferstehung.
„Aus diesem und aus anderen Verweisen auf die Taufe in den Schriften des Paulus geht klar hervor, dass er die Taufe nicht als ‚optionales Extra‘ im christlichen Leben betrachtet hat.“ (Bruce)
Wir sind also mit ihm begraben … gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln: Paulus knüpft auch an den Gedanken an, dass das Untertauchen ein Bild für das Begrabenwerden und das Auftauchen aus dem Wasser ein Bild der Auferstehung von den Toten ist.
Natürlich wird die Taufe auch mit Reinigung in Verbindung gebracht, aber das ist für Paulus‘ Argument hier nicht besonders relevant.
In dieser Hinsicht ist die Taufe als Veranschaulichung der geistlichen Realität wichtig, doch sie lässt diese Realität nicht Wirklichkeit werden. Wenn jemand nicht geistlich mit Jesus gestorben und auferstanden ist, werden alle Taufen der Welt es nicht für ihn bewerkstelligen.
Aber Paulus‘ Standpunkt ist klar: Etwas Dramatisches und Lebensveränderndes geschah im Leben des Gläubigen. Du kannst nicht sterben und wieder auferstehen, ohne dass es dein Leben verändert. Der Gläubige hat einen wirklichen (wenn auch geistlichen) Tod und eine Auferstehung mit Jesus Christus.
4. Überlegungen zu den Auswirkungen unseres Todes und unserer Auferstehung zusammen mit Jesus
Römer 6, 5-10
Römer 6, 5-10 Denn wenn wir mit ihm einsgemacht und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein; wir wissen ja dieses, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt sei, sodass wir der Sünde nicht mehr dienen; denn wer gestorben ist, der ist von der Sünde freigesprochen. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, da wir wissen, dass Christus, aus den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über ihn. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben, ein für alle Mal; was er aber lebt, das lebt er für Gott.
Einsgemacht: Das drückt eine enge Verbindung aus. Der Ausdruck „beschreibt genau den Prozess, in dem ein Pfropf mit dem Leben eines Baumes vereint wird … Die Vereinigung ist von der engsten Art und das Leben von Christus fließt zu ihm durch“ (Morris). Das passt zu Jesu‘ Bild vom Bleiben (wie die Rebe am Weinstock) aus Johannes 15.
Diese enge Verbindung besteht sowohl in seinem Tod als auch in der Auferstehung. Gott hat beide Erfahrungen für uns. Paulus äußerte in Philipper 3, 10-11 einen ähnlichen Gedanken für sein eigenes Leben: Um Ihn zu erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden, indem ich seinem Tod gleichförmig werde, damit ich zur Auferstehung aus den Toten gelange. Einige sind nur allzu bereit, in der Herrlichkeit der Auferstehung einsgemacht zu sein, aber sie sind nicht bereit, in seinem Tod … gleich zu werden.
So werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein: Unsere Teilhabe am Tod Jesu, sichert unsere Teilnahme an seiner Auferstehung.
Manche Christen konzentrieren sich allzu leicht nur auf das ‚gekreuzigte Leben‘ und übersehen dabei, dass es Teil (und zwar ein ganz wesentlicher Teil) eines größeren Ganzen ist: Die Vorbereitung auf das Leben in der Auferstehung.
Wir wissen ja dieses, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist: Der Tod des alten Menschen ist eine feststehende Tatsache. Es geschah geistlich, als bei unserer Errettung die Verbindung zu Jesu Tod gleichermaßen für unseren alten Menschen geltend gemacht wurde.
Der alte Mensch ist das Selbst, das nach dem Vorbild Adams gestaltet ist, der Teil von uns, der tief in Rebellion gegen Gott und seine Gebote verwurzelt ist. Das System des Gesetzes ist nicht in der Lage, mit dem alten Menschen umzugehen, weil es dem alten Menschen nur sagen kann, was der gerechte Maßstab Gottes ist. Das Gesetz versucht, den alten Menschen zu reformieren, ihn dazu zu bringen, „ein neues Kapitel aufzuschlagen“. Aber das System der Gnade versteht, dass der alte Mensch niemals reformiert werden kann. Er muss getötet werden, und für den Gläubigen stirbt der alte Mensch mit Jesus am Kreuz.
Die Kreuzigung des alten Menschen ist etwas, das Gott in uns getan hat. Niemand von uns hat den alten Menschen ans Kreuz genagelt. Jesus hat es getan, und wir sollen es als erledigt betrachten. „In uns gab es nicht einmal etwas, das unseren alten Menschen krank machen und schwächen konnte, geschweige denn ihn umzubringen durch die Kreuzigung; Gott musste das tun.“ (Lenski)
Anstelle des alten Menschen gibt Gott dem Gläubigen einen neuen Menschen – ein Selbst, das instinktiv gehorsam und Gott wohlgefällig ist; dieser Aspekt unserer Person ist derjenige, der mit Christus in seiner Auferstehung auferweckt wurde. Das Neue Testament beschreibt den neuen Menschen für uns.
Der neue Mensch, der Gott entsprechend geschaffen ist in wahrhafter Gerechtigkeit und Heiligkeit. (Epheser 4, 24).
Der neue Mensch, der erneuert wird zur Erkenntnis, nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat (Kolosser 3, 10).
Damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt sei: Gott gebraucht den Tod unseres alten Menschen, der Sündennatur, um uns von der Sünde zu befreien. Ein Toter kann keine Autorität mehr über uns haben, deshalb sollen wir uns an den alten Menschen als mit ihm gekreuzigt erinnern und es als vollendet betrachten.
Die beiden anderen Stellen im Neuen Testament, die den alten Menschen erwähnen, erinnern uns daran, ihn als abgeschafft anzusehen. Sie sagen uns, dass wir den alten Menschen als etwas Totes und Vergangenes ablegen sollen (Epheser 4, 22 und Kolosser 3, 9). Streng genommen kämpfen wir nicht gegen den alten Menschen. Wir halten ihn einfach für tot.
„Das Böse dringt jetzt als Eindringling und Fremder in uns ein und richtet traurige Verwüstung an, aber es bleibt nicht in uns auf dem Thron; es ist fremd und verachtet und wird nicht mehr geehrt und geliebt. Für die herrschende Macht der Sünde sind wir tot“. (Spurgeon)
Außer Wirksamkeit gesetzt: Wenn der alte Mensch tot ist, warum fühle ich dann einen innerlichen Drang zu sündigen? Er kommt vom Fleisch, das sich vom alten Menschen unterscheidet. Es ist schwer, das Fleisch genau zu beschreiben; einige haben es „die Projektionsfläche, auf der der innere Mensch dargestellt wird“ genannt. Unser Inneres hat Wünsche und Impulse und Leidenschaften; diese wirken sich in unserem Verstand, in unserem Willen und in unseren Gefühlen aus. Das Fleisch lebt aus, was den inneren Menschen ausmacht.
Das Fleisch ist ein Problem im Kampf gegen die Sünde, weil es geschickt von drei Seiten in sündigen Gewohnheiten geschult wurde. Erstens wurde der alte Mensch trainiert, bevor er mit Christus gekreuzigt wurde und ‚prägte‘ sich selbst in das Fleisch ein. Zweitens kann das Weltbild in seinem Geist der Rebellion gegen Gott, einen anhaltenden Einfluss auf das Fleisch haben. Schließlich versucht der Teufel, das Fleisch zur Sünde zu verführen und zu beeinflussen.
Wenn der alte Mensch tot ist, was machen wir dann mit dem Fleisch? Gott ruft uns auf, in Zusammenarbeit mit Ihm, Tag für Tag aktiv mit dem Fleisch zu tun, was er bereits mit dem alten Menschen getan hat – es zu kreuzigen, es für die Sünde als tot zu erklären (Galater 5, 24). Doch wenn wir zulassen, dass das Fleisch ständig von den Gewohnheiten des alten Menschen aus der Vergangenheit, von der Welt und vom Teufel beeinflusst wird, wird das Fleisch einen starken Drang ausüben, hin zur Sünde. Wenn wir zulassen, dass der neue Mensch unseren Verstand, den Willen und die Gefühle beeinflusst, wird der Kampf weniger intensiv sein.
Sodass wir der Sünde nicht mehr dienen; denn wer gestorben ist, der ist von der Sünde freigesprochen: Unsere Sklaverei gegenüber der Sünde kann nur durch den Tod gebrochen werden. In dem Film Spartacus aus den 1960ern spielte Kirk Douglas den entflohenen Sklaven Spartacus, der im alten Rom einen kurzen, aber weit verbreiteten Sklavenaufstand anführte. An einer Stelle des Films sagt Spartacus: „Der Tod ist die einzige Freiheit, die ein Sklave kennt. Deshalb hat er keine Angst vor ihm.“ Wir sind von der Sünde befreit, weil der alte Mensch mit Jesus am Kreuz gestorben ist. Jetzt lebt ein neuer Mensch, ein freier Mensch.
Aus den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über ihn: Seit wir mit Jesus der Sünde gestorben sind, herrscht der Tod … nicht mehr über uns. Der neue Mensch hat nicht nur Leben; er hat ewiges Leben.
Was er aber lebt, das lebt er für Gott: Das neue Leben, das uns gewährt wird, ist uns nicht gegeben, damit wir für uns selbst leben können. Mit dem neuen Leben lebt er für Gott. Wir sind nicht tot für die Sünde, frei von der Sünde und mit ewigem Leben ausgestattet, um zu leben, wie es uns gefällt, sondern um zu leben, wie es Gott gefällt.
„Wenn Gott dir und mir ein völlig neues Leben in Christus geschenkt hat, wie kann sich dieses neue Leben an dem alten Leben ausrichten? Soll das Geistliche wie das Fleischliche leben? Wie könnt ihr, die ihr Diener der Sünde wart, aber durch kostbares Blut frei geworden seid, zu eurer alten Sklaverei zurückkehren?“ (Spurgeon)
Diese Veränderung im Leben des Wiedergeborenen wurde als Merkmal von Gottes Neuem Bund verstanden und vorhergesagt, in dem unser Innerstes, aufgrund des neuen Herzens, Gottes Willen tun und Sklave der Gerechtigkeit sein will (Hesekiel 36, 26-27).
Der elfte der ursprünglich 42 Glaubensartikel der Church of England formuliert diese Wahrheit so: „Die Gnade Christi, oder der von ihm gegebene Heilige Geist, nimmt das Herz aus Stein hinweg, und gibt ein Herz aus Fleisch.“ Gott nimmt unser steinernes Herz weg und gibt uns ein weiches Herz aus Fleisch.
5. Praktische Anwendung des Prinzips unseres Todes und unserer Auferstehung mit Jesus
Römer 6, 11-12
Römer 6, 11-12 Also auch ihr: Haltet euch selbst dafür, dass ihr für die Sünde tot seid, aber für Gott lebt in Christus Jesus, unserem Herrn! So soll nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leib, damit ihr [der Sünde] nicht durch die Begierden [des Leibes] gehorcht;
Haltet euch selbst dafür, dass ihr für die Sünde tot seid: Anstatt „Haltet … dafür“ könnte man auch sagen ‚rechnet damit‘ – diese Tatsache soll also in unsere ‚Berechnungen‘ mit einfließen. Paulus sagt uns, dass wir damit rechnen sollen, d.h. davon ausgehen sollen, dass der alte Mensch für immer tot ist. Gott ruft uns nie dazu auf, den alten Menschen zu ‚kreuzigen‘. Stattdessen sollen wir diesen bereits als tot betrachten – ihn zu den Toten rechnen – da wir uns mit Jesu Tod am Kreuz identifizieren.
Haltet euch selbst dafür … für Gott lebt in Christus Jesus, unserem Herrn: Der Tod für die Sünde ist nur eine Seite der Gleichung. Der alte Mensch ist fort, aber der neue Mensch lebt weiter (wie in Römer 6, 4-5 beschrieben).
So soll nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leib: Das kann man nur einem Christen sagen, der den alten Menschen mit Christus kreuzigen ließ und dem in Jesus ein neuer Mensch gegeben wurde. Nur dem Menschen, der von der Sünde befreit wurde, kann gesagt werden: „ So soll nun die Sünde nicht herrschen“.
Der Christ ist derjenige, der wirklich frei ist. Der Mann und die Frau, die sich noch nicht bekehrt haben, sind frei zu sündigen, aber sie sind aufgrund der Tyrannei des alten Menschen nicht frei, mit dem Sündigen aufzuhören und rechtschaffen zu leben.
In Jesus sind wir wirklich frei und haben die Möglichkeit, der natürlichen Neigung des neuen Menschen zu gehorchen, der Gott gefallen und ihn ehren will.
So soll nun die Sünde nicht herrschen: Der alte Mensch ist tot, und in Jesus ist neues Leben – frei von Sünde. Doch viele Christen erleben diese Freiheit nie. Aufgrund von Unglauben, Eigensinn oder Unwissenheit leben viele Christen nie in der Freiheit, für die Jesus am Kreuz bezahlt hat.
D. L. Moody sprach nach dem Bürgerkrieg im Süden von einer alten schwarzen Frau. Da sie eine ehemalige Sklavin war, war sie über ihren Status verwirrt und fragte: „Bin ich jetzt frei oder bin ich es nicht? Wenn ich zu meinem alten Herrn gehe, sagt er, ich sei nicht frei, und wenn ich zu meinen eigenen Leuten gehe, sagen sie, ich sei es, und ich weiß nicht, ob ich frei bin oder nicht. Einige Leute sagten mir, dass Abraham Lincoln eine Proklamation unterschrieben habe, aber der Meister sagt, er habe das nicht getan; er habe kein Recht dazu gehabt“.
Das ist genau der Ort, an dem viele Christen sind. Sie sind und wurden legal aus ihrer Sklaverei der Sünde befreit, doch sind sie sich dieser Wahrheit nicht sicher. Die folgenden Verse geben praktische Hilfe, um in der Freiheit zu leben, die Jesus uns gewährt hat.
6. Wie wir in der Freiheit leben können, die Jesus uns geschenkt hat
Römer 6, 13-14
Römer 6, 13-14 Gebt auch nicht eure Glieder der Sünde hin als Werkzeuge der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin als solche, die lebendig geworden sind aus den Toten, und eure Glieder Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit! Denn die Sünde wird nicht herrschen über euch, weil ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.
Gebt auch nicht eure Glieder der Sünde hin als Werkzeuge der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin: Eine Person kann ‚offiziell‘ freigelassen, aber immer noch gefangen sein. Wenn eine Person jahrelang in Gefangenschaft lebt und dann freigelassen wird, denkt und handelt sie oft immer noch wie ein Gefangener. Die Gewohnheiten der Freiheit sind in ihrem Leben noch nicht tief verwurzelt. Hier zeigt Paulus, wie man die Gewohnheiten der Freiheit im christlichen Leben entwickeln kann.
Im vierzehnten Jahrhundert kämpften zwei Brüder um das Recht, über ein Herzogtum im heutigen Belgien zu regieren. Der ältere Bruder hieß Raynald, doch er wurde allgemein ‚Crassus‘ genannt, ein lateinischer Spitzname, der ‚fett‘ bedeutet, da er schrecklich fettleibig war. Nach einer hitzigen Schlacht führte Raynalds jüngerer Bruder Edward eine erfolgreiche Revolte gegen ihn und nahm den Titel eines Herzogs über seine Ländereien an. Doch anstatt Raynald zu töten, erdachte Edward eine merkwürdige Inhaftierung. Er ließ im Schloss einen Raum um ‚Crassus‘ herumbauen, einen Raum mit nur einer Tür. Die Tür war nicht verschlossen, die Fenster waren nicht vergittert, und Edward versprach Raynald, dass er sein Land und seinen Titel jederzeit zurückerhalten könne, wenn er wolle. Alles was er tun müsse, sei den Raum zu verlassen. Das Hindernis für die Freiheit lag weder in den Türen noch in den Fenstern, sondern bei Raynald selbst. Da er stark übergewichtig war, passte er nicht durch die Tür, obwohl diese eine fast normale Größe hatte. Raynald brauchte nur ein wenig abzunehmen und als freier Mann herauszugehen mit allem, was er vor seinem Sturz hatte. Sein jüngerer Bruder schickte ihm jedoch immer wieder eine Auswahl schmackhafter Speisen, und Raynalds Wunsch, frei zu sein, siegte nie über seinen Wunsch zu essen. Einige beschuldigten Herzog Edward, grausam zu seinem älteren Bruder zu sein, doch er antwortete nur: „Mein Bruder ist kein Gefangener. Er kann gehen, wann er will.“ Aber Raynald blieb zehn Jahre lang in diesem Raum, bis Edward selbst im Kampf getötet wurde.
Das veranschaulicht die Erfahrung vieler Christen sehr genau. Jesus hat sie für immer freigelassen und sie können in dieser Freiheit von Sünde wandeln, wann immer sie wollen. Aber da sie ihre körperlichen Begierden weiterhin in den Dienst der Sünde stellen, leben sie ein Leben voller Niederlagen, Entmutigung und Gefangenschaft.
Gebt auch nicht eure Glieder der Sünde hin als Werkzeuge der Ungerechtigkeit: Das ist der erste Schlüssel, um in der Freiheit zu wandeln, die Jesus für uns errungen hat. Wir dürfen Teile unseres Körpers nicht in den Dienst der Sünde stellen. Die Neues Leben Übersetzung vermittelt diesen Gedanken gut: Lasst keinen Teil eures Körpers zu einem Werkzeug für das Böse werden, um mit ihm zu sündigen.
Deine Glieder sind die Teile deines Körpers – Deine Ohren, Lippen, Augen, Hände, Geist und so weiter. Der Gedanke ist sehr praktisch: „Du hast Augen. Stelle sie nicht in den Dienst der Sünde. Du hast Ohren. Stelle sie nicht in den Dienst der Sünde.“
Werkzeuge könnten besser mit Waffen übersetzt werden. Unsere Körperteile sind Waffen im Kampf für rechtschaffenes Leben. Wenn unsere Körperteile der Rechtschaffenheit übergeben werden, sind sie Waffen für das Gute. Wenn sie der Sünde übergeben werden, sind sie Waffen für das Böse.
Ein Beispiel dafür ist es, wie Gott Davids Hände gebrauchte, um Goliath für die Sache der Gerechtigkeit zu töten. Später benutzte die Sünde Davids Augen für die Ungerechtigkeit, als er auf Batseba blickte.
Sondern gebt euch selbst Gott hin: Das ist der zweite Schlüssel, um in der Freiheit zu wandeln, die Jesus für uns errungen hat. Es reicht nicht aus, die Waffen aus dem Dienst der Sünde zu entfernen. Sie müssen danach in den Dienst der Gerechtigkeit gestellt werden – und wie in jeder Kriegsführung gewinnt in der Regel die Seite mit den überlegenen Waffen.
Der Gedanke ähnelt der Art und Weise, in der die Priester im Alten Testament ihren Körper Gott geweiht haben. Opferblut wurde auf das Ohr, den Daumen und die große Zehe aufgetragen, um zu zeigen, dass diese Körperteile (und alle anderen Teile) Gott gehörten und zu seiner Ehre gebraucht werden sollten (2. Mose 29, 20).
Wir stellen uns selbst vor Gott als lebendig geworden … aus den Toten. Das bedeutet erstens, dass jede Verbindung mit dem vorherigen Leben – dem alten Menschen – beseitigt werden muss. Dieses Leben ist tot und verschwunden. Zweitens enthält es den Gedanken der Verpflichtung, denn wir schulden alles dem Einen, der uns neues Leben geschenkt hat!
Denn die Sünde wird nicht herrschen über euch: Spurgeon sagte, dass diese Worte für uns eine Prüfung, ein Versprechen und eine Ermutigung bedeuten.
Es ist eine Prüfung unseres Anspruchs, Christen zu sein. Hat Zorn die Herrschaft über dich? Murren und Klagen? Hat Habgier die Herrschaft über dich? Stolz? Hat Faulheit die Herrschaft über dich? Wenn die Sünde über uns herrscht, sollten wir uns ernsthaft fragen, ob wir wirklich bekehrt sind.
Es ist ein Versprechen des Sieges. Es bedeutet nicht, dass „die Sünde in uns nicht vorhanden sein wird“, denn das wird sich erst erfüllen, wenn wir in Herrlichkeit auferstehen. Aber es verspricht, dass die Sünde nicht über uns herrschen wird, weil Jesus bei unserer Wiedergeburt ein großes Werk in uns vollbracht hat.
Es ist eine Ermutigung für Hoffnung und Stärke im Kampf gegen die Sünde. Gott hat dich nicht unter der Herrschaft der Sünde verdammt – er hat dich in Jesus frei gemacht. Das ist eine Ermutigung für jeden Christen, der gegen die Sünde kämpft, für neue Christen und für die Rückfälligen.
Weil ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade: Das ist der Weg und das Mittel, wodurch wir in dieser Freiheit leben können. Das wird in einem gesetzlichen, leistungsorientierten christlichen Leben niemals geschehen. Es wird geschehen, wenn wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade leben.
Das Gesetz hat den Maßstab Gottes klar definiert und zeigt uns, wo wir diesen unterschreiten. Aber es kann nicht die Freiheit von der Sünde bewirken, die die Gnade bietet. Denke daran, dass Gnade durch Gerechtigkeit regiert (Römer 5, 21). Die Gnade, nicht das Gesetz, bietet die Freiheit und die Macht, die Sünde zu überwinden.
Das zeigt erneut, dass ein wirklich unter der Gnade gelebtes Leben ein rechtschaffenes Leben sein wird. Gnade ist niemals eine Lizenz zum Sündigen. „Das Unter-der-Gnade-Sein als Entschuldigung für das Sündigen zu gebrauchen, ist ein Zeichen dafür, dass man nicht wirklich unter der Gnade ist.“ (Bruce)
Nicht unter dem Gesetz … sondern unter der Gnade: Das ist eine andere Art, den radikalen Wandel im Leben eines Wiedergeborenen zu beschreiben. Für jüdische Menschen zur Zeit des Paulus war das Leben unter dem Gesetz alles. Das Gesetz war der Weg zu Gottes Anerkennung und zum ewigen Leben. Nun zeigt Paulus, dass wir im Licht des Neuen Bundes nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind. Sein Wirken in unserem Leben hat alles verändert.
Paulus beantwortet seine Frage aus Römer 6, 1. Warum sollen wir nicht in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde? Weil wir radikal verändert werden, wenn wir gerettet sind, wenn unsere Sünden vergeben wurden und Gottes Gnade uns zuteilwird. Der alte Mensch ist tot und der neue Mensch lebt.
Angesichts dieser bemerkenswerten Veränderungen ist es für eine neue Schöpfung in Jesus völlig unvereinbar, sich in gewohnheitsmäßiger Sünde wohlzufühlen. Ein Zustand der Sünde kann für Christen nur vorübergehend sein. Wie Spurgeon zu sagen pflegte: „Die Gnade, die mein Leben nicht verändert, wird meine Seele nicht retten.“
Johannes formuliert denselben Gedanken auf eine andere Art und Weise: Wer in Ihm bleibt, der sündigt nicht [gewohnheitsmäßig]. Wer [gewohnheitsmäßig] sündigt, der hat Ihn nicht gesehen und nicht gekannt … Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht [gewohnheitsmäßig] Sünde;denn Sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht [gewohnheitsmäßig] sündigen, weil er aus Gott geboren ist (1.Johannes 3, 6+9).
Die Veränderungen kommen vielleicht nicht alle auf einmal, und sie kommen vielleicht nicht in allen Lebensbereichen gleichzeitig, aber sie werden da sein und sie werden real sein, und sie werden mit der Zeit zunehmen.
Unter der Gnade: Gott stellt sicher, dass wir dauerhaft unter seiner Gnade sein können, indem er uns verändert, wenn wir seine Gnade empfangen. Er macht uns frei und rüstet uns aus, damit wir rechtschaffen vor ihm leben können. Wenn wir einmal der Sünde gestorben sind, ist es undenkbar, unser ehemaliges Sündigen fortzusetzen. Wenn die Raupe erst einmal zum Schmetterling geworden ist, hat der Schmetterling nichts mehr auf Bäumen und Blättern kriechend zu suchen wie eine Raupe.
„Gott hat dein Wesen durch seine Gnade so verändert, dass du dich beim Sündigen wie ein Fisch auf dem Trockenen fühlen wirst. Es wird so sein, als wärst du nicht mehr in deinem Element und du wirst dich danach sehnen, wieder in den richtigen Zustand zu gelangen. Du kannst nicht sündigen, denn du liebst Gott. Der Sünder mag die Sünde hinunterschlingen, wie der Ochse Wasser hinunterschluckt, aber für dich wird sie wie konzentriertes Salzwasser sein. Du bist vielleicht so dumm, die Vergnügungen der Welt auszuprobieren, aber sie werden dir keine Freude bereiten“. (Spurgeon)
B. Der Gläubige unter der Gnade und das Problem der gelegentlichen Sünde
1. Eine neue Frage wird gestellt: Sollen wir (gelegentlich) sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade stehen?
Römer 6, 15
Römer 6, 15 Wie nun? Sollen wir sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind? Das sei ferne!
Sollen wir sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind? Paulus hat uns davon überzeugt, dass ein Lebensstil gewohnheitsmäßiger Sünde nicht mit einem Lebensstil vereinbar ist, dessen Leben durch Gnade verändert wird. Aber was ist mit einer gelegentlichen Sünde hier und da? Wenn wir unter der Gnade und nicht unter dem Gesetz stehen, müssen wir dann so besorgt sein über eine kleine Sünde hier und da?
Sollen wir sündigen: Auch hier ist die Verbform des altgriechischen Wortes Sünde wichtig (die Aorist-Aktivform). Es beschreibt ein sich auf Sünde einlassen, nicht die ständige, gewohnheitsmäßige Sünde, die in der Frage aus Römer 6, 1 beschrieben wird.
„Das Verb in Vers eins steht im gegenwärtigen Konjunktiv und spricht von gewohnheitsmäßiger, kontinuierlicher Handlung. Das Verb in Vers fünfzehn steht im Aorist Konjunktiv und bezieht sich auf eine einzige Handlung.“ (Wuest)
2. Geistliche Prinzipien, die wir verstehen müssen, um die Frage beantworten zu können
Römer 6, 16-17
Römer 6, 16-17 Wisst ihr nicht: Wem ihr euch als Sklaven hingebt, um ihm zu gehorchen, dessen Sklaven seid ihr und müsst ihm gehorchen, es sei der Sünde zum Tode, oder dem Gehorsam zur Gerechtigkeit? Gott aber sei Dank, dass ihr Sklaven der Sünde gewesen, nun aber von Herzen gehorsam geworden seid dem Vorbild der Lehre, das euch überliefert worden ist.
Wem ihr euch als Sklaven hingebt, um ihm zu gehorchen, dessen Sklaven seid ihr: Wem auch immer du zu gehorchen bereit bist, du wirst sein Sklave. Wenn ich zum Beispiel ständig meinem Appetit gehorche, werde ich sein Sklave. Wir haben also in unserer Sklaverei die Wahl: der Sünde zum Tode, oder dem Gehorsam zur Gerechtigkeit.
Auf die eine oder andere Weise werden wir jemandem dienen. Wir haben nicht die Möglichkeit, unser Leben zu leben, ohne entweder der Sünde oder dem Gehorsam zu dienen.
Dass ihr Sklaven der Sünde gewesen: Paulus drückt es in der Vergangenheitsform aus, weil wir von unserer Sklaverei der Sünde befreit worden sind. Er sagt auch, dass wir durch den Glauben befreit worden sind, was er als von Herzen gehorsam beschreibt. Der Glaube basiert auf Gottes Wort, das er als Vorbild der Lehre beschreibt. Alles in allem ist der Punkt klar: „Du hast dein Vertrauen in Gott und sein Wort gesetzt, und jetzt bist du frei. Jetzt lebe jeden Tag im Einklang mit dieser Freiheit.“
Wie wir bereits früher in Römer 6 gesehen haben, können wir rechtlich frei sein und trotzdem wählen, wie ein Gefangener zu leben. Paulus hat ein einfaches Gebot und eine einfache Ermutigung für Christen: Sei, was du bist.
Von Herzen gehorsam ist eine wunderbare Beschreibung des Glaubens. Sie zeigt, dass der Glaube aus dem Herzen kommt, nicht nur aus dem Verstand. Sie zeigt, dass Glaube zu Gehorsam führt, denn wenn wir wirklich etwas glauben, werden wir entsprechend diesem Glauben handeln.
Dem Vorbild der Lehre: Dieser Satz ist Teil eines schönen Bildes. Das Wort Vorbild, in anderen Übersetzungen auch mit Gestalt (LUT) oder Form (NKJV) angegeben, beschreibt eine Gussform, mit der geschmolzenes Metall geformt wird. Die Vorstellung dahinter ist, dass Gott uns formen will. Zuerst schmilzt er uns durch das Wirken des Heiligen Geistes und das Wort Gottes, dann gießt er uns in seine Gussform der Wahrheit – dem Vorbild der Lehre – und formt uns zu seinem Bild.
Adam Clarke über das Vorbild der Lehre: „Hier wird das Christentum mit dem Symbol einer Gussform oder eines Stempels dargestellt, in die sie gegossen wurden und von dem sie die Prägung ihrer Vortrefflichkeit nahmen. Die Gestalt auf diesem Stempel ist das Bild Gottes, Gerechtigkeit und wahre Heiligkeit, das in ihre Seelen eingeprägt wurde, indem sie an das Evangelium glaubten und den Heiligen Geist empfingen. Die Worte … beziehen sich auf das Schmelzen von Metall, das, wenn es verflüssigt wird, in die Form gegossen wird, damit es die Prägung erhält, die in der Form eingelassen oder geschnitten wird; und daher können die Worte wörtlich übersetzt werden, in welche Form der Lehre ihr gegossen worden seid. Sie wurden unter der Verkündigung des Wortes eingeschmolzen und waren dann in der Lage, den Stempel seiner Reinheit zu erhalten“.
3. Warum also nicht gelegentlich sündigen? Weil die Sünde nicht unser Herr ist und wir ihr nicht mehr dienen
Römer 6, 18
Römer 6, 18 Nachdem ihr aber von der Sünde befreit wurdet, seid ihr der Gerechtigkeit dienstbar geworden.
Von der Sünde befreit wurdet: Was bedeutet es, von der Sünde befreit zu sein und der Gerechtigkeit dienstbar zu werden? Es bedeutet, dass die Sünde nicht mehr Chef oder Herr deines Lebens ist. Jetzt ist die Gerechtigkeit der Chef, also dienen wir der Gerechtigkeit statt der Sünde. Es ist nicht richtig, beim Arbeitsplatzwechsel daran zu denken, wie man seinem alten Chef gefallen kann.
Der Gerechtigkeit dienstbar: Andere Übersetzungen sprechen auch von Sklaven der Gerechtigkeit (ELB, EU). Was bedeutet es, ein Sklave zu sein? Ein Sklave war mehr als ein Angestellter. Der bekannte griechische Gelehrte Kenneth Wuest definierte das altgriechische Wort für einen Sklaven mit diesen Begriffen:
Jemand der in den Zustand der Sklaverei hineingeboren wurde.
Jemand dessen Wille vom Willen eines anderen überwältigt wird.
Jemand der mit Bindungen an den Meister gebunden ist, die nur der Tod brechen kann.
Jemand der seinem Herrn bis zur Missachtung seiner eigenen Interessen dient.
Was unsere Sklaverei der Sünde betrifft, so galt einst Folgendes:
Wir wurden als Sklaven der Sünde geboren.
Unser Wille wurde überwältigt und gefangen von der Sünde in uns.
Unsere Bindung an die Sünde war so stark, dass nur der Tod – das geistliche Sterben mit Jesus am Kreuz – diese Bindung brechen konnte.
Wir waren der Sünde so sehr versklavt, dass wir ihr unter Missachtung unserer eigenen Interessen dienten, selbst als die Sünde uns zerstörte.
Nun gilt das Folgende in Bezug auf unsere Sklaverei unter der Gerechtigkeit:
Wir sind wiedergeboren, jetzt als Sklaven der Gerechtigkeit.
Unser Wille ist nun vom Willen Gottes überwunden. Es ist sein Wille, der für uns zählt, nicht unser eigener.
Wir sind mit Jesus durch Bande verbunden, die nur der Tod brechen kann; aber da er über den Tod triumphiert und uns das ewige Leben geschenkt hat, werden diese Bande niemals gebrochen werden!
Wir entscheiden uns jetzt bereitwillig dafür, Jesus zu dienen, unter Missachtung unserer eigenen (egoistischen) Interessen.
Von der Sünde befreit: Das bedeutet, dass wir nie wieder sündigen müssen. Obwohl die Sünde unvermeidlich ist, bis unser Fleisch in der Herrlichkeit auferstanden ist, liegt das nicht daran, dass Gott ein System entworfen hat, nach dem wir sündigen müssen.
Sündlose Vollkommenheit ist in diesem Körper eine Illusion. 1. Johannes 1, 8 macht das deutlich: Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Doch wir wissen, dass jeder von uns in der Kraft Jesu der nächsten Versuchung widerstehen kann – und Jesus will, dass wir uns damit beschäftigen.
„Wegen der Schwäche des Menschen gibt der Christ in unregelmäßigen Abständen der bösen Natur und der Sünde nach. Aber der Punkt ist, dass Gott ihn so geschaffen hat, dass er das nicht tun muss. “ (Wuest)
Es ist Hohn, einem Sklaven zu sagen: „Benimm dich nicht wie ein Sklave“ – man kann es jedoch zu jemandem sagen, der frei ist. Jesus Christus sagt uns, dass wir uns nicht länger so verhalten sollen, als seien wir Sklaven der Sünde. Wir sind befreit worden; jetzt sollen wir als freie Menschen denken und leben.
4. Wie wir es schaffen, uns nicht zu versklaven
Römer 6, 19-23
Römer 6, 19-23 Ich muss menschlich davon reden wegen der Schwachheit eures Fleisches. Denn so, wie ihr [einst] eure Glieder in den Dienst der Unreinheit und der Gesetzlosigkeit gestellt habt zur Gesetzlosigkeit, so stellt jetzt eure Glieder in den Dienst der Gerechtigkeit zur Heiligung. Denn als ihr Sklaven der Sünde wart, da wart ihr frei gegenüber der Gerechtigkeit. Welche Frucht hattet ihr nun damals von den Dingen, deren ihr euch jetzt schämt? Ihr Ende ist ja der Tod! Jetzt aber, da ihr von der Sünde frei und Gott dienstbar geworden seid, habt ihr als eure Frucht die Heiligung, als Ende aber das ewige Leben. Denn der Lohn der Sünde ist der Tod; aber die Gnadengabe Gottes ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.
Ich muss menschlich davon reden wegen der Schwachheit eures Fleisches: Der Apostel Paulus entschuldigte sich dafür, dass er die Sklaverei zur Veranschaulichung benutzte, weil sie so erniedrigend und allgegenwärtig war, und vor allem, weil viele seiner römischen Leser Sklaven waren. Dennoch wusste er, dass es eine treffende und aussagekräftige Illustration war.
Denn so, wie ihr [einst] eure Glieder … gestellt habt … so stellt jetzt: Paulus wiederholt einen oben genannten Punkt. Zuerst stellt jetzt eure Glieder in den Dienst der Gerechtigkeit. Das bedeutet, dass wir bei unserem alten Chef nicht zur Arbeit erscheinen.
Kannst du dir das vorstellen? Ein neuer Job, und am ersten Tag am neuen Arbeitsplatz verlässt du die Arbeit in der Mittagspause und gehst an deinen alten Arbeitsplatz und fragst deinen alten Chef, was er von dir erwartet. Das ist einfach nicht richtig!
Der Gesetzlosigkeit gestellt habt zur Gesetzlosigkeit: Paulus beschreibt ein Prinzip, das in der menschlichen Natur tief verwurzelt ist. Gesetzlosigkeit führt zu mehr Gesetzlosigkeit. Gerechtigkeit führt zu Heiligung – die mehr Gerechtigkeit ist. Das beschreibt die dynamische Kraft unserer Gewohnheiten und wie wir uns in die Richtung bewegen, in die wir gelenkt werden.
Stelle dir vier Bäume in einer Reihe vor: Den ersten nach einem Jahr des Wachstums, den zweiten nach fünf Jahren, den dritten nach zehn Jahren und den letzten nach 15 Jahren. Welcher Baum wird am schwersten aus dem Boden zu ziehen sein? Es liegt auf der Hand: Je länger wir in einem Verhalten verwurzelt sind, desto schwieriger ist es, es zu entwurzeln – ein Prinzip, das sowohl für das Gute als auch für das Böse funktioniert.
Denn als ihr Sklaven der Sünde wart, da wart ihr frei gegenüber der Gerechtigkeit: Paulus‘ Argument ist fast schon humorvoll. Als wir Sklaven der Sünde waren, waren wir durchaus frei – frei gegenüber der Gerechtigkeit. Eine gewisse Freiheit!
Welche Frucht hattet ihr nun damals: Um im Sieg über die Sünde zu wandeln, müssen wir richtig über die Frucht der Sünde nachdenken. Zu sagen: „Ihr Ende ist ja der Tod“ bedeutet, dass das Endprodukt der Sünde der Tod ist – nicht der Spaß. Aber das Endprodukt der Gerechtigkeit ist das ewige Leben.
In einer Zeit der Versuchung können diese Wahrheiten unwirklich erscheinen – deshalb müssen wir uns auf Gottes Wort verlassen. Wenn wir in Versuchung geraten, erinnert uns der Glaube an die bittere Frucht der Sünde, wenn auch eventuell unsere Gefühle diese bittere Frucht vergessen.
Denn der Lohn der Sünde ist der Tod; aber die Gnadengabe Gottes ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn: Wenn du für die Sünde arbeitest, ist dein Lohn der Tod. Wenn wir Gott dienen, bekommen wir keinen Lohn – aber er gibt uns aus freien Stücken das beste Vorteilspaket, das man sich vorstellen kann.
Der Lohn der Sünde: „Jeder Sünder verdient ihn durch einen langen und schmerzhaften Dienst. O! Welche Schmerzen ertragen die Menschen, um in die Hölle zu kommen! Früh und spät mühen sie sich an der Sünde ab; und würde nicht die göttliche Gerechtigkeit in ihrer Schuld stehen, wenn sie ihnen nicht den ihnen zustehenden Lohn ausbezahlt?“ (Clarke)
In der Antwort auf seine Frage aus Römer 6, 15 hat Paulus deutlich gemacht: Als Gläubige wechseln wir den Eigentümer. Christen müssen selbst gegen gelegentliche Sünden kämpfen, weil wir für und unter unserem neuen Meister arbeiten sollen. Es ist nicht angebracht, dass wir für unseren alten Meister arbeiten.
Römer 6 – Sicher unter der Gnade
A. Der Gläubige unter der Gnade und das Problem der Gewohnheitssünde
1. Sollten wir ein Leben in Sünde führen, damit wir mehr Gnade empfangen können?
Römer 6, 1
Römer 6, 1
Was wollen wir nun sagen? Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde?
2. Ein Leben in Sünde ist inakzeptabel, weil unser „der Sünde gestorben sein“ unser Verhältnis zur Sünde verändert
Römer 6, 2
Römer 6, 2
Das sei ferne! Wie sollten wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben?
3. Die Taufe ist die Veranschaulichung wie der Gläubige der Sünde gestorben ist
Römer 6, 3-4
Römer 6, 3-4
Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus hinein getauft sind, in seinen Tod getauft sind? Wir sind also mit ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.
4. Überlegungen zu den Auswirkungen unseres Todes und unserer Auferstehung zusammen mit Jesus
Römer 6, 5-10
Römer 6, 5-10
Denn wenn wir mit ihm einsgemacht und ihm gleich geworden sind in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein; wir wissen ja dieses, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde außer Wirksamkeit gesetzt sei, sodass wir der Sünde nicht mehr dienen; denn wer gestorben ist, der ist von der Sünde freigesprochen. Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, da wir wissen, dass Christus, aus den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über ihn. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde gestorben, ein für alle Mal; was er aber lebt, das lebt er für Gott.
5. Praktische Anwendung des Prinzips unseres Todes und unserer Auferstehung mit Jesus
Römer 6, 11-12
Römer 6, 11-12
Also auch ihr: Haltet euch selbst dafür, dass ihr für die Sünde tot seid, aber für Gott lebt in Christus Jesus, unserem Herrn! So soll nun die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leib, damit ihr [der Sünde] nicht durch die Begierden [des Leibes] gehorcht;
6. Wie wir in der Freiheit leben können, die Jesus uns geschenkt hat
Römer 6, 13-14
Römer 6, 13-14
Gebt auch nicht eure Glieder der Sünde hin als Werkzeuge der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin als solche, die lebendig geworden sind aus den Toten, und eure Glieder Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit! Denn die Sünde wird nicht herrschen über euch, weil ihr nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade.
B. Der Gläubige unter der Gnade und das Problem der gelegentlichen Sünde
1. Eine neue Frage wird gestellt: Sollen wir (gelegentlich) sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade stehen?
Römer 6, 15
Römer 6, 15
Wie nun? Sollen wir sündigen, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade sind? Das sei ferne!
2. Geistliche Prinzipien, die wir verstehen müssen, um die Frage beantworten zu können
Römer 6, 16-17
Römer 6, 16-17
Wisst ihr nicht: Wem ihr euch als Sklaven hingebt, um ihm zu gehorchen, dessen Sklaven seid ihr und müsst ihm gehorchen, es sei der Sünde zum Tode, oder dem Gehorsam zur Gerechtigkeit? Gott aber sei Dank, dass ihr Sklaven der Sünde gewesen, nun aber von Herzen gehorsam geworden seid dem Vorbild der Lehre, das euch überliefert worden ist.
3. Warum also nicht gelegentlich sündigen? Weil die Sünde nicht unser Herr ist und wir ihr nicht mehr dienen
Römer 6, 18
Römer 6, 18
Nachdem ihr aber von der Sünde befreit wurdet, seid ihr der Gerechtigkeit dienstbar geworden.
4. Wie wir es schaffen, uns nicht zu versklaven
Römer 6, 19-23
Römer 6, 19-23
Ich muss menschlich davon reden wegen der Schwachheit eures Fleisches. Denn so, wie ihr [einst] eure Glieder in den Dienst der Unreinheit und der Gesetzlosigkeit gestellt habt zur Gesetzlosigkeit, so stellt jetzt eure Glieder in den Dienst der Gerechtigkeit zur Heiligung. Denn als ihr Sklaven der Sünde wart, da wart ihr frei gegenüber der Gerechtigkeit. Welche Frucht hattet ihr nun damals von den Dingen, deren ihr euch jetzt schämt? Ihr Ende ist ja der Tod! Jetzt aber, da ihr von der Sünde frei und Gott dienstbar geworden seid, habt ihr als eure Frucht die Heiligung, als Ende aber das ewige Leben. Denn der Lohn der Sünde ist der Tod; aber die Gnadengabe Gottes ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn.
© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.