Lukas 16, 1-8 Er sagte aber auch zu seinen Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Haushalter; und dieser wurde bei ihm verklagt, dass er seine Güter verschleudere. Und er rief ihn zu sich und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Lege Rechenschaft ab von deiner Verwaltung; denn du kannst künftig nicht mehr Haushalter sein! Da sprach der Haushalter bei sich selbst: Was soll ich tun, da mein Herr mir die Verwaltung nimmt? Graben kann ich nicht; zu betteln schäme ich mich. Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich, wenn ich von der Verwaltung entfernt bin, in ihre Häuser aufnehmen! Und er rief jeden von den Schuldnern seines Herrn zu sich und sprach zu dem ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? Der aber sprach: 4.000 Liter Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setze dich und schreibe schnell 2.000! Danach sprach er zu einem anderen: Du aber, wie viel bist du schuldig? Der aber sagte: 25 Tonnen Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreibe 20! Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, dass er klug gehandelt habe. Denn die Kinder dieser Weltzeit sind ihrem Geschlecht gegenüber klüger als die Kinder des Lichts.
Er sagte aber auch zu seinen Jüngern: Das scheint ein anderer Anlass zu sein als im vorherigen Kapitel. Hier lehrte Jesus seine Jünger, nicht die in Lukas 15, 1-2 erwähnte Menschenmenge. Doch als Jesus seine Jünger lehrte, hörte auch eine Gruppe von Pharisäern zu (Lukas 16, 14).
Es war ein reicher Mann, der hatte einen Haushalter: Ein Haushalter war ein Manager, insbesondere ein Verwalter von Geld oder sonstigem Eigentum. In der Geschichte, die Jesus erzählte, hörte der Chef des Verwalters (ein reicher Mann), dass sein Verwalter ihn betrogen hatte (seine Güter verschleudere), und er zog ihn zur Rechenschaft.
„Der Haushalter verfolgte eine Karriere der Unterschlagung.“ (Barclay)
„Lege Rechenschaft ab von deiner Verwaltung“ sind Worte, die jeder hören wird, sowohl die Sünder als auch die Geheiligten. Alle werden auf irgendeine Weise Rechenschaft ablegen und wir werden sie vor Gott ablegen müssen. Spurgeon bemerkte seinerzeit, dass jeder von uns rechenschaftspflichtig darüber sein wird, wofür wir unsere Zeit, unsere Talente, unseren Charakter und unseren Einfluss eingesetzt haben.
Für jeden von uns wird unsere Verantwortung eines Tages enden. Die Stimme eines Predigers, seine geistigen Fähigkeiten und seine Kraft werden nicht ewig Bestand haben. Der Reichtum dieser Welt wird vielleicht nicht einmal dieses Leben überdauern. Die Verantwortung einer Mutter für ihre Kinder verändert sich und nimmt stark ab. Wenn Jesus nicht vorher wiederkommt, werden wir alle sterben müssen und von diesem in das nächste Leben übergehen.
Was soll ich tun, da mein Herr mir die Verwaltung nimmt: Als der Haushalter merkte, dass er zur Rechenschaft gezogen werden würde, erkannte er, dass sein schlechtes Management aufgedeckt werden wird. Er wusste auch, dass die anderen Optionen für ihn deutlich unattraktiver ausfielen (Graben kann ich nicht; zu betteln schäme ich mich).
Und er rief jeden von den Schuldnern seines Herrn zu sich: Deshalb freundete sich der Haushalter mit den Schuldnern seines Herrn an, indem er die Schulden in ihren Geschäftsbüchern reduzierte. In dem Bewusstsein, dass er zur Rechenschaft gezogen werden würde, nutzte der Haushalter seine gegenwärtige Position, um sich auf den nächsten Lebensabschnitt vorzubereiten.
Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, dass er klug gehandelt habe: Der reiche Mann befürwortete sein Verhalten zwar nicht, lobte jedoch eine gewisse Gerissenheit des Haushalters. Jesus fügte den Gedanken hinzu, dass die Geschäftsleute seiner Zeit (die Kinder dieser Weltzeit) bei der Verwaltung dessen, was sie hatten, schlauer, kühner und vorausschauender waren (klüger), als das Volk Gottes bei der Verwaltung dessen, was sie besaßen (die Kinder des Lichts).
Manche halten diese Parabel für eines der schwierigsten Gleichnisse von Jesus, denn es scheint, als ob Jesus einen offensichtlich unehrlichen Mann als Beispiel für seine Jünger gebraucht. Doch Gott benutzt manchmal negative Dinge, die uns vertraut sind, um einen bestimmten Punkt zu veranschaulichen, ohne diese Sache selbst gutzuheißen. Andere Stellen für solche ungewöhnlichen Vergleiche finden sich beispielsweise bei Paulus, der Metaphern wie Krieg und Sklaverei zur Veranschaulichung des christlichen Lebens verwendet.
Dennoch war der unehrliche Verwalter aus mehreren Perspektiven ein gutes Beispiel. Erstens war er sich völlig im Klaren darüber, dass er für sein Leben zur Rechenschaft gezogen wird. Christen sollten den Gedanken ernst nehmen, zumal dieser Gedanke auch eine Freude sein kann, wenn wir uns richtig um die Angelegenheiten unseres Meisters kümmern. Zweitens nutzte er seine gegenwärtige Position, um sich eine sorgenfreie Zukunft zu sichern.
Die Einschätzung von Jesus ist nach wie vor zutreffend: Denn die Kinder dieser Weltzeit sind ihrem Geschlecht gegenüber klüger als die Kinder des Lichts. Wenn wir das Reich Gottes mit der gleichen Kraft und dem gleichen Eifer verfolgen würden, mit dem die Kinder dieser Welt nach Profit und Vergnügen streben, würden wir in einer völlig anderen Welt leben. Vereinfacht gesagt: Es ist eine Schande für die Kirche, dass Coca-Cola weltweit bekannter ist als das Evangelium von Jesus Christus. Das liegt ganz einfach daran, dass die Kinder dieser Weltzeit … ihrem Geschlecht gegenüber klüger sind als die Kinder des Lichts.
„Gehe zu den Menschen der Welt, der du Christ bist, und lass keinen zu dem Schluss kommen, dass die Diener des Teufels sich stärker und ernsthafter befleißigen als die Jünger Christi.“ (MacLaren)
2. Der Begriff Geld wird jetzt im Hinblick auf die Ewigkeit verwendet
Lukas 16, 9
Lukas 16, 9 Auch ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn ihr Mangel habt, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten!
Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon: Jesus nutzte die Denkweise aus dem Gleichnis, um uns daran zu erinnern, dass wir unsere aktuell verfügbaren Mittel nutzen sollen, um uns schon jetzt für die Ewigkeit vorzubereiten.
Ungerechten Mammon: „Das Wort ‚Mammon‘ stammt vom aramäischen Wort Mammon ab, das ursprünglich bedeutete: ‚etwas, worauf man sein Vertrauen setzt‘, also Reichtum.“ (Pate)
Jesus bezeichnete ihn als ungerechten Mammon, weil „Reichtümer viel verheißen und nichts bewirken. Sie wecken Hoffnung und Zuversicht, doch enttäuschen letztlich beides. Indem die Menschen ihr Glück von solchen Reichtümern abhängig machen, berauben sie sich stattdessen des göttlichen Heils und der ewigen Herrlichkeit.“ (Clarke)
Damit, wenn ihr Mangel habt, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten: Die Welt ist voll von Finanzexperten und Beratern. Für Christen ist es hilfreich zu lernen, wie sie ihr Geld mit Verstand nutzen können. Aber wenn viele Christen über klugen Umgang mit Geld sprechen, vergessen sie oft die wichtigste Art eines langfristigen Investments zu praktizieren: Die Investition in die Ewigkeit, ein Zuhause für immer, die ewigen Hütten.
Das Wichtigste ist, dass du deine Mittel jetzt für den Herrn investierst. Die meisten von uns warten bis zu dem Tag, an dem wir glauben, dass wir ausgesorgt hätten.
In einer Umfrage aus dem Jahr 1992 wurden Menschen gefragt, wie viel Geld sie verdienen müssten, um ‚den amerikanischen Traum‘ zu verwirklichen. „Diejenigen, die 25.000 Dollar oder weniger im Jahr verdienen, dachten, sie würden etwa 54.000 Dollar brauchen. Diejenigen mit einem Jahreseinkommen von 100.000 Dollar gaben an, dass sie sich den Traum für durchschnittlich 192.000 Dollar pro Jahr kaufen könnten. Zahlen wie diese zeigen, dass wir naturgemäß denken, unser Einkommen verdoppeln zu müssen, um später ein erfülltes Leben zu erreichen – anstatt es jetzt zu realisieren.“
3. Treue in den unscheinbaren Dingen zeigt, wie gewissenhaft man in wichtigen Angelegenheiten handeln wird
Lukas 16, 10-12
Lukas 16, 10-12 Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht. Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu wart, wer wird euch das Wahre anvertrauen? Und wenn ihr mit dem Gut eines anderen nicht treu wart, wer wird euch das Eure geben?
Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu: In diesen Worten von Jesus wird Geld als eines der geringsten Dinge bezeichnet. Wenn eine Person im Umgang mit den geringsten Dingen nicht treu sein kann, sollte man ihr daher nicht zutrauen, dass sie plötzlich treu ist, wenn sie im Großen Verantwortung für Dinge trägt.
Wenn jemand im Alltag betrügerisch und treulos handelt, spielt es keine Rolle, ob er ein christliches Klischee bedient. Er ist auch im geistlichen Leben betrügerisch und ohne Treue – keinesfalls sollte ihm jemand das Wahre (geistliche Reichtümer) anvertrauen.
Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu wart, wer wird euch das Wahre anvertrauen? Nach diesem Prinzip müssen die Führungspersonen im Volk Gottes zunächst erst einmal gute Verwalter ihres eigenen Geldes sein. Wenn eine Person mit dem Geld, das Gott selbst gegeben hat, vor Gott nicht treu sein kann, wie soll sie sich dann in der Fürsorge für andere Menschen als treu erweisen?
Das bedeutet sicherlich nicht, dass die Führungspersonen der Kirche wohlhabend sein oder viel Geld verdienen müssen. Es geht darum, wie sie die Ressourcen verwalten, die Gott ihnen gegeben hat; nicht darum, wie groß ihre eigenen Ressourcen sind.
Wenn es um die Frage geht, wer … euch das Wahre anvertrauen wird, sind leider viel zu viele Christen bereit, ihre geistliche Betreuung irgendeiner Person anzuvertrauen, die sich selber nicht einmal um die Dinge des ungerechten Mammons kümmern kann.
Und wenn ihr mit dem Gut eines anderen nicht treu wart: Hier scheint sich Jesus auf die Tatsache zu beziehen, dass all unsere Reichtümer Gott gehören und wir müssen zusehen, dass wir seine Ressourcen verwalten. Treue in dieser Hinsicht wird zu unserem eigenen Segen führen (wer wird euch das Eure geben).
„Indem Gott den Menschen Geld gibt, prüft er sie, wie weit er ihnen in Bezug auf die Gegebenheiten des Neuen Jerusalems vertrauen kann.“ (Meyer)
4. Niemand kann mehr als einem Herrn die Treue halten
Lukas 16, 13
Lukas 16, 13 Kein Knecht kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!
Kein Knecht kann zwei Herren dienen: Hier bedeutet zwei Herren zu haben nicht, zwei Jobs zu haben. Jesus hat die Beziehung zwischen einem Herrn und einem Sklaven im Blick. Ein Sklave kann nicht gleichzeitig zwei Herren gehören.
Jesus sagt, dass es schlicht und ergreifend unmöglich ist, zwei Herren zu dienen. Wenn du glaubst, dass du zwei Herren erfolgreich dienst, wirst du getäuscht. Man kann sowohl Geld als auch Gott haben; aber man kann Geld und Gott nicht gleichermaßen dienen.
Jesus sprach hier offensichtlich über das Herz. Viele Menschen würden sagen, dass sie Gott lieben, aber ihr Hang zum Geld zeigt, dass sie es in Wirklichkeit nicht tun. Wie können wir erkennen, wem wir dienen? Teste es selbst aus: Du wirstfür deinen Gott opfern. Wenn du um des Geldes wegen, aber nicht um Jesu willen opfern würdest, dann ist klar: Geld ist dein Gott.
An einem Freitagnachmittag im Jahr 1990 taumelte ein Geschäftsmann die Stufen seines Büros in Los Angeles empor. Bevor er an der Schusswunde in seiner Brust starb, rief er die Namen seiner drei Kinder aus. Aber er hatte immer noch seine 10.000-Dollar Rolex-Uhr in der Hand. Er wurde Opfer einer Reihe von Rolex-Raubüberfällen und wurde letztlich als Opfer für seinen Gott getötet.
Eine Geschichte in der Los Angeles Times aus dem Jahr 1992 erzählt von Michelle, einer erfolgreichen Schriftstellerin und Redakteurin. Sie fürchtet sich vor dem Tag, an dem ihr Mann das verborgene Kreditkartenversteck, ihr geheimes Postfach oder die anderen Machenschaften entdeckt, mit denen sie verbirgt, wie viel Geld sie für sich selbst ausgibt. „Ich verdiene genauso viel Geld wie mein Mann … Wenn ich einen 500-Dollar Anzug von Ann Taylor haben möchte, habe ich das schließlich verdient und möchte nicht endlos darüber diskutieren. Am einfachsten ist es also, zu lügen“, erklärt sie. Als ihr Mann sie letztes Jahr drängte, eine ihrer Kreditkarten zu vernichten, ging Michelle los und besorgte sich eine neue, ohne es ihm zu sagen. „Ich lebe in Angst. Wenn er diese neue Karte entdeckt, wird er mich umbringen.“
Ein Schullehrer erzählte noch mehr über eine Frau: „Männer verstehen einfach nicht, dass Einkaufen unsere Lieblingsdroge ist“, scherzte diese und musste gleichzeitig zugeben, dass ihr Gehalt in manchen Monaten ausschließlich für die Zahlung des Mindestguthabens auf ihren Kreditkarten verwendet wird. „Durch die Tür der South Coast Plaza zu gehen, ist wie durch die Tore des Himmels zu gehen. Gott schuf den Kofferraum im Auto, damit Frauen ihre Einkaufstaschen dort verstecken können.“
Eine junge Fachkraft namens Mary erklärte: „Einkaufen ist meine Freizeitbeschäftigung. Es ist meine Art, mich selbst zu verwöhnen. Wenn man [ein Einkaufszentrum] betritt und all die Läden sieht, ist man derart überwältigt, dass man sich nicht mehr losreißen kann.“
Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon: Manche denken, dass sie ihr mangelnder Reichtum davor bewahrt, ein Sklave des Geldes (Mammon) zu sein. Aber man muss nicht reich sein, um dem Mammon zu dienen. Die materiell Armen haben genau so viel Potenzial für Gier und Begehrlichkeit wie die Reichen.
„Wenn Gott gedient wird, ist der Mammon wohltätiges Mittel zum Zweck. Wenn dem Mammon gedient wird, werden die Ansprüche Gottes ignoriert.“ (Morgan)
„Die Weisheit des Menschen in dieser Welt wird ihn (vergleichbar mit den Flügeln eines Straußes) dazu bringen, andere Menschen in irdischen Dingen zu überholen – und doch bringt es ihn dem Himmel kein Stückchen näher.“ (Trapp)
„Geld, das einen Menschen besitzt, ist der schlimmste Fluch, denn es verhärtet sein Herz und lähmt seine edelsten Stärken. Das Geld eines von Gott erfüllten Mannes ist ein Segen, denn es wird zu einem Mittel, um den Mitmenschen seinen Wohlgefallen auszudrücken.“ (Morgan)
5. Jesus antwortet auf den Spott der Pharisäer
Lukas 16, 14-15
Lukas 16, 14-15 Das alles hörten aber auch die Pharisäer, die geldgierig waren, und sie verspotteten ihn. Und er sprach zu ihnen: Ihr seid es, die sich selbst rechtfertigen vor den Menschen, aber Gott kennt eure Herzen; denn was bei den Menschen hoch angesehen ist, das ist ein Gräuel vor Gott.
Und sie verspotteten ihn: Der Spott der Pharisäer, die geldgierig waren, beruhte auf purem Egoismus. Oft lehnen wir die Botschaft von Jesus deshalb ab, weil sie unsere Komfortzone zu hinterfragen droht.
Verspotteten: „Der Ausdruck bedeutet wörtlich, dass sie ihm gegenüber die Nase rümpften.“ (Barclay)
Ihr seid es, die sich selbst rechtfertigen vor den Menschen, aber Gott kennt eure Herzen: Es ist eine Sache, sich … vor den Menschen zu rechtfertigen, denn sanfte Worte und ein ‚liebevolles‘ Lächeln können die Menschen täuschen. Aber Gott kennt eure Herzen – wenn ihr in Wahrheit einem anderen Herrn dient, ist es unmöglich, sich vor Gott zu rechtfertigen; unabhängig davon, was die Menschen denken.
Der Gedanke, dass Gott … eure Herzen kennt, ist für die einen Trost, für andere aber ein Fluch.
Denn was bei den Menschen hoch angesehen ist, das ist ein Gräuel vor Gott: Gott bewertet unsere Herzen nach anderen Maßstäben. Die Menschen mögen jemanden wegen seines Reichtums oder wegen seiner öffentlichen Ausstrahlung von Spiritualität ehren. Gott aber sieht, wer sie wirklich sind.
6. Die zeitlose Natur von Gottes Gesetzen
Lukas 16, 16-18
Lukas 16, 16-18 Das Gesetz und die Propheten [weissagen] bis auf Johannes; von da an wird das Reich Gottes verkündigt, und jedermann drängt sich mit Gewalt hinein. Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, als dass ein einziges Strichlein des Gesetzes falle. Jeder, der sich von seiner Frau scheidet und eine andere heiratet, der bricht die Ehe, und jeder, der eine von ihrem Mann Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe.
Das Gesetz und die Propheten [weissagen] bis auf Johannes: Jesus deutete hier an, dass sich mit dem Amt Johannes des Täufers, das Ende einer bedeutenden Ära von Gottes Eingreifen abzeichnete Die gute Nachricht wird von da an (gemeint ist die Zeit, die mit dem Wirken von Johannes endete) auf Grundlage eines neuen Bundes verkündet, basierend auf einer Ordnung, die sich vom Gesetz unterscheidet, aber das Gesetz erfüllt.
Wird das Reich Gottes verkündigt, und jedermann drängt sich mit Gewalt hinein: Zu Zeiten von Jesus gab es Hunderte von Revolutionären, die bereit waren, das Reich Gottes mit Gewalt herbeizuführen. Wir ahmen ihre Gewalt zwar nicht nach, aber wir imitieren ihre Hingabe, ihre Opferbereitschaft und ihre Leidenschaft, den Messias herrschen zu sehen. In gewisser Weise befinden wir uns auch im Krieg.
Der Theologe Marvin Pate vermutete, dass das Hineindrängen (drängt sich … hinein) nicht die angemessene Anstrengung oder den notwendigen Eifer beschreibt, um das Reich Gottes herbeizuführen. Stattdessen meinte er, es beschreibe den Versuch dämonischer Mächte (und ihrer menschlichen Handlanger), gewaltsam in das Reich Gottes einzudringen. Diese würden das Werk Gottes stören oder zerstören, was gewissermaßen den Widerstand gegen das Werk von Jesus beschreibt und sicherlich in gewisser Hinsicht zutrifft.
Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, als dass ein einziges Strichlein des Gesetzes falle: Als Jesus von einer neuen Ära in Gottes Wirken sprach, die nach dem Wirken Johannes des Täufers begann, wollte er den Trugschluss vermeiden, dass dieses neue Zeitalter von Gottes Wirken das Gesetz vernachlässige oder gar ignoriere.
Die neue Ordnung, in die wir uns hineindrängen sollen, ist kein Befehl zur Rebellion. Es ist vielmehr eine neue Anordnung der Unterwerfung und des Gehorsams gegenüber Gott; seine neue Ordnung erfüllt das Gesetz.
Jeder, der sich von seiner Frau scheidet und eine andere heiratet, der bricht die Ehe: So ist zum Beispiel das Gesetz im Blick auf die Ehe nach wie vor bindend – auch wenn einige Rabbiner versucht haben, es wegzudiskutieren. Einige Rabbiner lehrten, dass es bereits Scheidungsgrund sei, wenn eine Frau das Frühstück für ihren Mann anbrennen lässt. Andere hielten es wiederum für einen akzeptablen Scheidungsgrund, eine attraktivere Frau zu finden.
Jesus lehrte an dieser Stelle den Idealtypus bezüglich des Umgangs mit Ehe und Scheidung. Wir sollten uns davor hüten, einen Deutungsansatz über einzelne Aussagen von Jesus aufzustellen, ohne den roten Faden seiner Lehre im Blick zu behalten.
Da Jesus sogar lehrte, dass sexuelle Unmoral ein akzeptabler Grund für eine Scheidung sei (Matthäus 5, 31-32; 19, 7-9), fügte der Apostel Paulus später noch hinzu, dass auch das böswillige Verlassen durch einen ungläubigen Ehepartner ein zulässiger Grund sei (1. Korinther 7, 15). Aufgrund dieser beiden eindeutigen Zugeständnisse müssen wir hier das Gebot von Jesus betrachten. Er bezieht sich auf denjenigen, der sichohne biblischen Grundvon seiner Frau scheidet und eine andere heiratet; denn damit brichtdieserdie Ehe.
Wieder betonte Jesus den Knackpunkt: Auch unter dem neuen Bund (seit dem Wirken Johannes des Täufers) kümmert sich Gott um sein Gesetz und ist um unseren Gehorsam besorgt.
B. Der reiche Mann und der arme Lazarus
1. Lazarus und der reiche Mann auf Erden
Lukas 16, 19-21
Lukas 16, 19-21 Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbare Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Es war aber ein Armer namens Lazarus, der lag vor dessen Tür voller Geschwüre und begehrte, sich zu sättigen von den Brosamen, die vom Tisch des Reichen fielen; und es kamen sogar Hunde und leckten seine Geschwüre.
Es war aber ein reicher Mann: Jesus stellte diese Geschichte nicht als Gleichnis dar, denn in keinem Gleichnis nennt Jesus eine Person beim Namen (wie den armen Mann in diesem Fall). Wir haben allen Grund zur Annahme, dass Jesus uns eine wahrhaftige Begebenheit vorgetragen hat, die er aus seiner ewigen Perspektive kannte.
Der kleidete sich in Purpur und kostbare Leinwand und lebte alle Tage herrlich: Die Besitztümer des reichen Mannes zeigten sich in seiner kostbaren Leinenkleidung (luxuriös und teuer) und in seinem Überfluss an Essen (die meisten Menschen in dieser Kultur lebten nur wenige Male im Jahr herrlich im Sinne von ausgelassenen Feiern).
Lebte alle Tage herrlich: „Schlemmen ist das Wort, das für einen Gourmet verwendet wird, der sich mit exotischen und kostspieligen Gerichten ernährt. Er tat dies jeden Tag.“ (Barclay)
Der reiche Mann ist namenlos, erhielt aber geschichtlich den Namen Dives; der lateinische Begriff für Reichtum.
Es war aber ein Armer namens Lazarus, der lag vor dessen Tür voller Geschwüre und begehrte, sich zu sättigen von den Brosamen, die vom Tisch des Reichen fielen: Unweit von dem reichen Mann – vor dessen Tür lag ein äußerst armer und kranker Mann. Der reiche Mann tat nichts für Lazarus, außer ihn zu vernachlässigen und zu ignorieren.
„Es geht um zwei Männer: Jeden Tag aufs Neue sind sie nicht einmal 20 Meter voneinander entfernt und doch scheint es, als würden sie die Weiten ganzer Meere trennen.“ (Morrison)
„Der Name [Lazarus] ist die lateinische Form von Eleazar und bedeutet: Gott ist meine Hilfe.“ (Barclay)
Sich zu sättigen von den Brosamen, die vom Tisch des Reichen fielen: „Das Essen wurde damals mit den Händen gegessen. In sehr wohlhabenden Häusern wurden die Hände gereinigt, indem man sie an Brotbrocken abwischte, die dann weggeworfen wurden. Darauf wartete Lazarus.“ (Barclay)
Es kamen sogar Hunde und leckten seine Geschwüre: Jesus beschrieb das Elend des Bettlers mit diesen ausdrucksstarken, ekelerregenden Details.
2. Lazarus und der reiche Mann im Totenreich ‚Hades‘
Lukas 16, 22-23
Lukas 16, 22-23 Es geschah aber, dass der Arme starb und von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde. Es starb aber auch der Reiche und wurde begraben. Und als er im Totenreich seine Augen erhob, da er Qualen litt, sieht er den Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.
Es geschah aber, dass der Arme starb … Es starb aber auch der Reiche und wurde begraben: Beide Männer starben schlussendlich. Lazarus hatte nicht einmal die Ehre eines Begräbnisses in seinem irdischen Leben, doch der Himmel ehrte ihn, indem er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde. Der reiche Mann hatte die Ehre eines Begräbnisses, aber weder die Begleitung von Engeln noch ein erfreuliches Ziel.
Es scheint offensichtlich, dass mit dem Ausdruck von den Engeln … getragen die Seele oder der Geist des Bettlers gemeint war, der getragen wurde. Quasi der immaterielle und ewige Aspekt seines Wesens. Abgesehen von dem Getragenwerden durch Engel traf dasselbe auf den reichen Mann zu. Sein Leichnam wurde begraben und blieb auf der Erde, doch er litt Qualen im Totenreich.
„Der Gedanke von Abrahams Schoß bietet drei verschiedene Erklärungsansätze.“ (Pate)
Die Vorstellung, dass die Rechtschaffenen im Tod zu den Patriarchen des Glaubens versammelt werden (1. Mose 15, 15; 25, 8).
Der Gedanke an die Liebe und Fürsorge eines Elternteils, wie in Johannes 1, 18 (Der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist).
Die Vorstellung, bei einem Festmahl am Ehrenplatz zu sitzen, vergleichbar mit Johannes 13, 23.
Genauso wenig wie wir denken sollten, dass Lazarus durch seine Armut gerettet wurde, so wenig sollten wir dem Trugschluss erliegen, dass der Reiche aufgrund seines Reichtums verdammt war. Lazarus muss eine echte Glaubensbeziehung zum wahren Gott gehabt haben, und der reiche Mann hatte diese nicht. Ihre Lebensumstände mögen diesen Glauben leichter oder schwieriger gemacht haben, aber sie erschufen ihn nicht.
Und als er im Totenreich seine Augen erhob, da er Qualen litt, sieht er den Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß: Der reiche Mann war nicht weit von Lazarus entfernt und doch war er in einer vollkommen anderen Welt. Sein Platz war voller Qualen und Schmerzen, während Lazarus den Trost und die Fürsorge Abrahams genoss.
„Strafe ohne Mitleid, Elend ohne Erbarmen, Trauer ohne Beistand, Weinen ohne Mitgefühl, Unheil ohne Grenzen, Qualen ohne Ende und außerhalb jeder Vorstellungskraft.“ (Trapp)
Im Totenreich … da er Qualen litt: In dieser Geschichte beschrieb Jesus einen Ort, den er Totenreich nannte und welcher anscheinend Aufenthaltsort aller Toten war. Der reiche Mann und Lazarus befanden sich nicht am selben Ort, aber sie waren nicht weit voneinander entfernt. Man kann es sich am besten so vorstellen, dass sie sich in zwei getrennten Welten desselben Ortes (das Totenreich, auch ‚Hades‘)) befanden, der eine ein Ort der Qualen und der andere ein Ort des Trostes (Abrahams Schoß).
Diese Geschichte von Jesus liefert einige Hinweise auf die Welt im Jenseits, wie sie in der Vergangenheit existierte und wie sie jetzt existiert. Aus der Beschreibung Jesu kann man entnehmen, dass zu jener Zeit – vor dem vollendeten Werk Jesu am Kreuz – der Geist oder die Seele der menschlichen Toten an einen Ort ging, der als Totenreich bezeichnet wird. Einige genossen Trost im Totenreich, andere litten unter den Qualen des Feuers.
Totenreich: Hades ist ein griechisches Wort, aber es scheint den gleichen Sinn wie Sheol zu beinhalten, ein hebräisches Wort mit dem Ausdruck für den ‚Ort der Toten‘. Sheol hat keinen direkten Bezug zu Qualen oder ewigem Glück. Der Wesenskern von Sheol ist oft einfach als ‚das Grab‘ zu verstehen, wobei das Verständnis des Jenseits im Alten Testament viel weniger klar ist als im Neuen Testament.
Totenreich ist genau genommen nicht die Hölle oder das, was auch als Feuersee bekannt ist. Dieser Ort heißt Gehenna, ein griechisches Wort, das aus dem Hebräischen entlehnt ist. In Markus 9, 43-44 sprach Jesus von der Hölle (Gehenna), einer griechischen Übersetzung des hebräischen ‚Tals von Hinnom‘, einem Ort außerhalb der Mauern Jerusalems, der durch Verehrung des Götzenbildes Moloch und Menschenopfer entweiht wurde (2. Chronik 28, 1-3; Jeremia 32, 35). Es war auch eine Mülldeponie, auf der Müll und Abfälle verbrannt wurden. Die schwelenden Brände und fressenden Würmer des Tals von Hinnom machten es zu einem anschaulichen und wirkungsvollen Bild des Schicksals der Verdammten. Dieser Ort wird in Offenbarung 20, 13-15 auch als ‚Feuersee‘ bezeichnet, der dem Teufel und seinen Engeln bereitet wurde (Matthäus 25, 41).
Das Totenreich ist so etwas wie ein Ort des Wartens auf den Tag des endgültigen Gerichts (Offenbarung 20, 11-13). Doch seitdem Jesus sein Werk am Kreuz vollendet hat, gibt es kein Warten mehr für die verstorbenen Gläubigen. Sie kommen direkt in den Himmel, in die Gegenwart des Herrn (2. Korinther 5, 6-8). Es gibt starke Indizien für die Annahme, dass Jesus im Rahmen seines Erlösungswerkes im Totenreich (Apostelgeschichte 2, 24-27+31) und seines Predigtdienstes im Totenreich (1. Petrus 3, 18-19) die dort Gefangenen befreit hat (Epheser 4, 8-9; Jesaja 61, 1). Das Werk von Jesus und seine Predigten boten einerseits Erlösung für Menschen wie Lazarus, die im Glauben darauf warteten (Hebräer 11, 39-40), andererseits besiegelten sie auch die Verurteilung der Bösen und Ungläubigen.
3. Der Hilfsappell des reichen Mannes
Lukas 16, 24-26
Lukas 16, 24-26 Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich über mich und sende Lazarus, dass er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge kühle; denn ich leide Pein in dieser Flamme! Abraham aber sprach: Sohn, bedenke, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben und Lazarus gleichermaßen das Böse; nun wird er getröstet, du aber wirst gepeinigt. Und zu alledem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, sodass die, welche von hier zu euch hinübersteigen wollen, es nicht können, noch die, welche von dort zu uns herüberkommen wollen.
Vater Abraham, erbarme dich über mich: Der reiche Mann war definitiv ein Nachfahre Abrahams und der große Glaubensvater hat ihn auch nicht verleugnet. Doch Abraham als Vater zu haben, reichte nicht aus, um seinen Qualen im kommenden Leben zu entgehen. Nun war der Reiche plötzlich zum Bettler geworden, der Abraham anflehte.
Der reiche Mann war wiederum nicht aus dem Grund in Qualen, weil er reich war, sondern weil er ein Leben abseits von Liebe und Gottvertrauen geführt hatte. Das zeigte sich in seiner Lebensführung. Selbst Lazarus war nun reicher als der Mann in diesem Gleichnis von Jesus.
Sende Lazarus, dass er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge kühle: Auch im Jenseits hielt sich der reiche Mann für überlegen und Lazarus für seinen Diener. Das zeigt, dass der Tod ihm seinen Anspruch und seine Stellung im Leben nicht genommen hat.
„Und er konnte nicht behaupten, dass er Lazarus nicht kannte, denn er erkannte ihn sofort in Abrahams Schoß. Es war also nicht das unzureichende Wissen, sondern der mangelnde Verstand, der das innerste Geheimnis seiner Tragödie darstellte.“ (Morrison)
Der Tod nahm dem reichen Mann auch nicht das Gefühl des Begehrens, sondern nur die Erfüllung dieses Begehrens. Das muss eine wahre Qual gewesen sein, zumal er vor lauter Verzweiflung nach nur einem einzigen Tropfen zur Linderung seines Schmerzes verlangte.
Sohn, bedenke, dass du dein Gutes empfangen hast: Durch sein irdisches Leben genoss der reiche Mann alle angenehmen Dinge des Lebens; dennoch teilte er sie nicht und nutzte sie nicht, um sich auf das kommende Leben vorzubereiten.
Der reiche Mann ist also ein Gegenbeispiel zum vorherigen Gleichnis vom ungerechten Verwalter (Lukas 16, 1-12). Der ungerechte Verwalter benutzte seine gegenwärtige Stellung, um sich auf seine nächste vorzubereiten; der reiche Mann tat dies nicht.
Und zu alledem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, sodass die, welche von hier zu euch hinübersteigen wollen, es nicht können: Der reiche Mann konnte Abraham zwar sehen und mit ihm sprechen und doch war er unerreichbar. Zwischen ihnen war eine große Kluft befestigt und ihre Schicksale waren für alle Zeiten besiegelt.
Wir erinnern uns, dass all das durch den Charakter beziehungsweise die Seele des reichen Mannes geschah; quasi dem immateriellen Teil seines Wesens. Sein Körper war nach wie vor begraben, aber sein Wesen hatte weder Existenz noch Bewusstsein aufgegeben.
Wir haben weder Anhaltspunkte für die Theorien von Seelenschlaf oder Seelenvernichtung noch von geistiger Weiterentwicklung oder geistiger Wiedergeburt. „Es gibt hier auch keine Andeutung von Fegefeuer oder heilender Reinigung. Angenommen wird vielmehr, dass diese Kluft allein von Gott festgelegt wurde.“ (Pate)
4. Der reiche Mann denkt an seine Brüder
Lukas 16, 27-31
Lukas 16, 27-31 Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn in das Haus meines Vaters sendest — denn ich habe fünf Brüder —, dass er sie warnt, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen! Abraham spricht zu ihm: Sie haben Mose und die Propheten; auf diese sollen sie hören! Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun! Er aber sprach zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, so würden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer aus den Toten auferstände!
So bitte ich dich, Vater: Es wird noch einmal betont, dass jetzt der Reiche der Bettler ist und nicht Lazarus.
Dass du ihn in das Haus meines Vaters sendest — denn ich habe fünf Brüder —, dass er sie warnt: Es zeigt sich wieder, dass der reiche Mann Lazarus noch immer als seinen Diener betrachtete. Er bat Abraham, Lazarus eine andere Aufgabe zu übertragen (möglicherweise durch einen Traum oder mithilfe einer Vision), diesmal jedoch zum Wohl seiner fünf Brüder.
Offensichtlich erinnerte sich der reiche Mann an seine Verwandten und hatte sie selbst dann noch im Sinn, als er von der Erde in das kommende Leben überging. Das zeigt, dass seine Erinnerung nicht ausgelöscht wurde und er auch nicht mit einem neuen Bewusstsein versehen worden ist.
Damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen: Nun wollte der Reiche dafür sorgen, dass nicht auch noch andere Qualen erleben. Er lebte sein Leben – für sich selbst oder andere – völlig unbekümmert von diesem drohenden Schicksal. Wenn er selbst zu seinen Brüdern gehen könnte, würde er es tun. Doch ihm schien die Unmöglichkeit seines Ansinnens so bewusst gewesen zu sein, dass er noch nicht einmal darum bat.
Die Erwähnung der fünf Brüder ist der erste Hinweis darauf, dass der reiche Mann nun auch an andere dachte, nicht nur an sich selbst. Leider kam die Sorge um seine Mitmenschen erst, als es schon zu spät war, noch etwas Gutes zu tun.
Sie haben Mose und die Propheten; auf diese sollen sie hören: Abraham wies darauf hin, dass die Brüder des reichen Mannes alle notwendigen Informationen hatten, um den Qualen des Totenreichs zu entgehen. Es würde vollkommen ausreichen, auf Mose und die Propheten zu hören und zu befolgen, was sie sagten.
Abraham spricht zu ihm: „Lukas benutzt die historische Gegenwart für Abrahams Antwort, denn er sagt: Sie haben Mose und die Propheten. Sie sollen auf sie hören.“ (Pate)
„Wenn Gottes ganze Schöpfung, die von der Wissenschaft auf den Kopf gestellt und hinterfragt wurde, schon die Wahrheit der Selbst-Offenbarung Gottes bezeugt hat … Wenn die Geschichten begrabener Städte und untergegangener Nationen auf die Tatsache hinweisen, dass die Bibel wahr ist … Wenn jeder Landstrich im fernen Osten eine Proklamation und Bestätigung unzähliger Prophetien der Heiligen Schrift gewesen ist … Wenn die Menschen dann immer noch nicht überzeugt sind, glaubt ihr denn, dass ein toter Mann sie überzeugen könnte, wenn er aus dem Grab aufersteht?“ (Spurgeon)
„Wenn die Heilige Schrift aus Gottes Hand nicht ausreicht, um euch zum Glauben an Christus zu bringen, dann ist das, als würde ein Engel vom Himmel, auch die Heiligen der Herrlichkeit, ja sogar Gott selbst auf die Erde herabsteigen, um zu euch zu predigen und ihr würdet selbst dann noch unversöhnt und ohne seinen Segen daran vorbeigehen.“ (Spurgeon)
Nein, Vater Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun: Der reiche Mann erhob sofort Einspruch, weil er wusste, dass seine Familie Mose und die Propheten nicht ernst nahm. Er hoffte verzweifelt, dass es überzeugender als das Wort Gottes sein würde, wenn jemand von den Toten zu ihnen käme. Doch es wäre nicht überzeugender, denn wenn sie nicht um des Wortes Gottes willen glauben würden, so würden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer aus den Toten auferstände.
Der reiche Mann wusste, was seine Brüder tun mussten und was er nicht getan hatte: Buße tun. Er hoffte fälschlicherweise, dass ein spektakuläres Erscheinen eines Auferstandenen von den Toten sie überzeugen würde; aber Abraham wusste, dass dies nicht der Fall sein würde. Schließlich meint der Ungläubige, die Bibel spreche schon zu oft vom Gericht Gottes und der Hölle. Noch mehr davon würden sie nicht hören wollen, selbst wenn der Gesandte aus dem Jenseits käme.
Natürlich ist Jesus von den Toten auferstanden; doch viele glaubten es damals nicht. Auch ein Mann namens Lazarus ist damals von den Toten auferstanden (Johannes 11, 38-44) und die religiöse Elite glaubte ihm nicht. Stattdessen versuchten sie, ihn zu töten (Johannes 12, 9-10).
Mit dieser Geschichte zeigte Jesus, wie schwach das menschliche Vertrauen in Zeichen und Wunder ist, wenn es darum geht, Menschen zum Glauben bringen. Man kann sich leicht vorstellen, dass Menschen förmlich zum Glauben veranlasst würden, wenn das Wunder nur spektakulär genug ist. Aber was den Glauben zur Erlösung schafft, ist das Hören des Wortes Gottes (Römer 10, 17). Ein Wunder kann dabei eine Rolle spielen oder auch nicht. Gott, der durch sein Wort wirkt, hat Macht zur Errettung. „Er erklärt, dass die Heilige Schrift in sich selbst so mächtig ist wie die Übermittlung ihrer Botschaft durch einen Auferstandenen von den Toten.“ (Morgan)
„Auch wenn ein ganzer Friedhof vor den Augen eines Ungläubigen – der die Wahrheit des Christentums leugnet – wieder zum Leben erweckt würde; selbst dann rechne ich fest damit, dass es auf allen Friedhöfen der Welt nicht genügend Beweise gäbe, um ihn zu überzeugen. Der Ungläubige würde immer noch nach mehr schreien.“ (Spurgeon)
„Ich glaube, dass Lazarus aus Abrahams Schoß kein so guter Prediger gewesen wäre wie ein Mann, der zwar nicht zuvor gestorben ist, aber dessen Lippen mit einem lebendigen Eifer des göttlichen Altars befeuert wurden.“ (Spurgeon)
Der reiche Mann war nicht verloren, weil er reich war. Er war verloren, weil er nicht auf das Gesetz und die Propheten hörte. Noch viele mehr werden aus dem gleichen Grund verloren gehen.
In gewisser Weise war der reiche Mann in diesem Gleichnis von Jesus ganz anders als die religiöse Elite der Pharisäer. Er lebte ein Leben des Gourmet-Exzesses und des Genusses, wohingegen die Pharisäer enthaltsam, diszipliniert und voller Selbstbeherrschung waren. Dennoch teilten sie eines mit dem reichen Mann: Sie kümmerten sich nicht um die Bedürftigen in ihrem Umfeld und verachteten sie mit purer Gleichgültigkeit. Deshalb waren sie so beleidigt, als Jesus sie belehrte und sich um Zöllner und Sünder kümmerte (Lukas 15, 1-2). „Hundert Meilen mögen zwei Flüsse trennen, aber trotz alledem fließen sie aus demselben See.“ (Morrison)
Lukas 16 – Geld und Gerechtigkeit
A. Das Gleichnis vom untreuen Haushalter
1. Was der untreue Haushalter getan hat
Lukas 16, 1-8
Lukas 16, 1-8
Er sagte aber auch zu seinen Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Haushalter; und dieser wurde bei ihm verklagt, dass er seine Güter verschleudere. Und er rief ihn zu sich und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Lege Rechenschaft ab von deiner Verwaltung; denn du kannst künftig nicht mehr Haushalter sein! Da sprach der Haushalter bei sich selbst: Was soll ich tun, da mein Herr mir die Verwaltung nimmt? Graben kann ich nicht; zu betteln schäme ich mich. Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich, wenn ich von der Verwaltung entfernt bin, in ihre Häuser aufnehmen! Und er rief jeden von den Schuldnern seines Herrn zu sich und sprach zu dem ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? Der aber sprach: 4.000 Liter Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setze dich und schreibe schnell 2.000! Danach sprach er zu einem anderen: Du aber, wie viel bist du schuldig? Der aber sagte: 25 Tonnen Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreibe 20! Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, dass er klug gehandelt habe. Denn die Kinder dieser Weltzeit sind ihrem Geschlecht gegenüber klüger als die Kinder des Lichts.
2. Der Begriff Geld wird jetzt im Hinblick auf die Ewigkeit verwendet
Lukas 16, 9
Lukas 16, 9
Auch ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn ihr Mangel habt, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten!
3. Treue in den unscheinbaren Dingen zeigt, wie gewissenhaft man in wichtigen Angelegenheiten handeln wird
Lukas 16, 10-12
Lukas 16, 10-12
Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht. Wenn ihr nun mit dem ungerechten Mammon nicht treu wart, wer wird euch das Wahre anvertrauen? Und wenn ihr mit dem Gut eines anderen nicht treu wart, wer wird euch das Eure geben?
4. Niemand kann mehr als einem Herrn die Treue halten
Lukas 16, 13
Lukas 16, 13
Kein Knecht kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!
5. Jesus antwortet auf den Spott der Pharisäer
Lukas 16, 14-15
Lukas 16, 14-15
Das alles hörten aber auch die Pharisäer, die geldgierig waren, und sie verspotteten ihn. Und er sprach zu ihnen: Ihr seid es, die sich selbst rechtfertigen vor den Menschen, aber Gott kennt eure Herzen; denn was bei den Menschen hoch angesehen ist, das ist ein Gräuel vor Gott.
6. Die zeitlose Natur von Gottes Gesetzen
Lukas 16, 16-18
Lukas 16, 16-18
Das Gesetz und die Propheten [weissagen] bis auf Johannes; von da an wird das Reich Gottes verkündigt, und jedermann drängt sich mit Gewalt hinein. Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, als dass ein einziges Strichlein des Gesetzes falle. Jeder, der sich von seiner Frau scheidet und eine andere heiratet, der bricht die Ehe, und jeder, der eine von ihrem Mann Geschiedene heiratet, der bricht die Ehe.
B. Der reiche Mann und der arme Lazarus
1. Lazarus und der reiche Mann auf Erden
Lukas 16, 19-21
Lukas 16, 19-21
Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbare Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Es war aber ein Armer namens Lazarus, der lag vor dessen Tür voller Geschwüre und begehrte, sich zu sättigen von den Brosamen, die vom Tisch des Reichen fielen; und es kamen sogar Hunde und leckten seine Geschwüre.
2. Lazarus und der reiche Mann im Totenreich ‚Hades‘
Lukas 16, 22-23
Lukas 16, 22-23
Es geschah aber, dass der Arme starb und von den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde. Es starb aber auch der Reiche und wurde begraben. Und als er im Totenreich seine Augen erhob, da er Qualen litt, sieht er den Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß.
3. Der Hilfsappell des reichen Mannes
Lukas 16, 24-26
Lukas 16, 24-26
Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich über mich und sende Lazarus, dass er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und meine Zunge kühle; denn ich leide Pein in dieser Flamme! Abraham aber sprach: Sohn, bedenke, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben und Lazarus gleichermaßen das Böse; nun wird er getröstet, du aber wirst gepeinigt. Und zu alledem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, sodass die, welche von hier zu euch hinübersteigen wollen, es nicht können, noch die, welche von dort zu uns herüberkommen wollen.
4. Der reiche Mann denkt an seine Brüder
Lukas 16, 27-31
Lukas 16, 27-31
Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn in das Haus meines Vaters sendest — denn ich habe fünf Brüder —, dass er sie warnt, damit nicht auch sie an diesen Ort der Qual kommen! Abraham spricht zu ihm: Sie haben Mose und die Propheten; auf diese sollen sie hören! Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn jemand von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun! Er aber sprach zu ihm: Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, so würden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer aus den Toten auferstände!
© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.