Hebräer 1 – Der alles überragende Erretter

A. Jesus, der alles überragende Erretter

1. Die Offenbarung Jesu übertrifft die Offenbarungen der alttestamentlichen Propheten

Hebräer 1, 1-2a

Hebräer 1, 1-2a
Nachdem Gott in vergangenen Zeiten vielfältig und auf vielerlei Weise zu den Vätern geredet hat durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn.

  1. Gott: Am Anfang des Hebräerbriefs wird der Autor nicht erwähnt, sondern nur Gott. Der menschliche Autor des Hebräerbriefs bleibt unbekannt, aber es ist offensichtlich, dass das Buch durch den Heiligen Geist eingegeben wurde.
    1. Die früheste Aussage über den Verfasser des Hebräerbriefs stammt von Clemens von Alexandrien. Er sagte, Paulus habe ihn auf Hebräisch geschrieben und Lukas ihn ins Griechische übersetzt (Eusebius, Kirchengeschichte 6.14.2). Weit verbreitet ist die Auffassung, der Apostel Paulus habe den Hebräerbrief geschrieben, aber darauf verzichtet, seinen Namen zu erwähnen, da die Empfänger des Briefes ihn kannten (Hinweise darauf finden sich in Hebräer 13, 18-19 und 13, 23-24).
    2. Trotzdem glauben viele Ausleger nicht, dass Paulus der Autor dieses Briefes ist. Dods zitiert dazu Farrar: „Der Verfasser klingt ganz anders als Paulus; er schreibt anders, argumentiert anders, konstruiert Sätze und Satzverbindungen anders, seine Briefe sind ganz anders aufgebaut. Er schreibt im Stil eines Mannes, der sowohl griechisch denkt als auch schreibt, Paulus hingegen schrieb in Griechisch, dachte aber in Syrisch.“
    3. F.F. Bruce zitiert in dieser Frage Calvin: „Die Art des Lehrens und der Stil zeigen hinreichend auf, dass Paulus nicht der Autor ist. Der Verfasser bekennt im zweiten Kapitel (Hebräer 2, 3), dass er einer der Jünger der Apostel war. Diese Aussage unterscheidet sich grundlegend von der Art und Weise, wie Paulus sich normalerweise in seinen Briefen vorstellte“.
    4. Der frühgeschichtliche Ausleger Tertullian (er schrieb Anfang des 2. Jahrhunderts) behauptete, Barnabas habe den Hebräerbrief geschrieben, aber er führte außer den Hinweisen, dass Barnabas Levit (Apostelgeschichte 4, 36) und ein ‚Sohn des Trostes‘ (Apostelgeschichte 4, 36) war, keine Argumente für seine Meinung an.
    5. Martin Luther glaubte, Apollos habe den Hebräerbrief geschrieben, da in der Apostelgeschichte deutlich wird, dass Apollos wortgewandt war und sich im Alten Testament sehr gut auskannte (Apostelgeschichte 18, 24).
    6. Der deutsche Theologe Adolf Harnack dachte, Priscilla habe den Hebräerbrief (zusammen mit ihrem Ehemann Aquilla) geschrieben. Als Autorin sei sie aber nicht erwähnt worden, um die Tatsache zu verbergen, dass eine Frau den Brief verfasste. Dies hätte sicherlich zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen geführt. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass eine Frau den Brief schrieb, weil man im Griechischen an verschiedenen Wortendungen erkennen kann, welches Geschlecht eine Person hat. Die Aussagen des Verfassers über sich selbst (Hebräer 11, 32) zeigen auf, dass es sich um einen männlichen Schreiber handelt.
    7. Unabhängig davon, wer der menschliche Autor des Hebräerbriefs war, kann man aufgrund verschiedener Hinweise davon ausgehen, dass der Brief relativ früh in der Zeit des Neuen Testaments geschrieben wurde, wahrscheinlich zwischen 67 und 69 nach Christus. Da Timotheus erwähnt wird (Hebräer 13, 23), muss der Text ziemlich früh verfasst worden sein. Der fehlende Hinweis auf die Verfolgung der Christen (Hebräer 12, 4) lässt ebenso darauf schließen, dass der Brief relativ früh entstanden war. Das Fehlen von Hinweisen auf die Zerstörung des Tempels lässt ebenfalls darauf schließen, dass der Hebräerbrief vor dem Jahr 70 nach Christus geschrieben wurde, dem Jahr also, in dem Jerusalem und der zweite Tempel zerstört wurden. Da der Verfasser des Hebräerbriefs so deutlich auf das Ende des Alten Bundes hinweist, wäre es unwahrscheinlich, die Zerstörung des Tempels unerwähnt zu lassen, wenn sie sich schon vor dem Schreiben des Briefes ereignet hätte.
  2. Gott: So beginnt das Buch. Es wird kein Versuch unternommen, die Existenz Gottes zu beweisen. Es wird vorausgesetzt, dass wir wissen, dass Gott existiert, dass wir einige seiner Charakterzüge durch die Schöpfung (Psalm 19, 1-4 und Römer 1, 20) kennen, und dass er zu den Menschen spricht.
    1. „Das Wesen Gottes soll nicht erklärt, sondern angebetet werden. Die Sohnschaft Christi soll als eine Offenbarungswahrheit angenommen werden, die man durch den Glauben erfassen kann, auch wenn der Verstand sie nicht begreifen kann.“ (Spurgeon)
  3. Nachdem Gott in vergangenen Zeiten vielfältig und auf vielerlei Weise … geredet hat: Die Offenbarung durch die Propheten geschah auf vielerlei Weise – manchmal durch Gleichnisse, historische Erzählungen, Konfrontationen der Propheten mit den politischen Führern des Volkes, dramatische Präsentationen, Psalmen, Sprüche und ähnliches.
    1. Gott sprach im Alten Testament auf vielerlei Weise
      1. Er sprach zu Mose durch einen brennenden Busch (2. Mose 3).
      2. Er sprach zu Elia in einem sanften Säuseln (1. Könige 19).
      3. Er sprach zu Jesaja in einer himmlischen Vision (Jesaja 6).
      4. Er sprach zu Hosea durch seine Familienkrise (Hosea 1, 2).
      5. Er sprach zu Amos durch einen Obstkorb (Amos 8, 1).
    2. Die Kernaussage dieses Abschnitts ist, dass die Propheten in vielerlei Weise zu den Vätern geredet hatten. Es geht hier nicht darum, dass Gott in vielerlei Weise zu den Propheten gesprochen hatte (obwohl das natürlich auch richtig ist).
    3. Wenn wir die Eigenschaften des Lichts zur Veranschaulichung heranziehen, können wir sagen, dass Gott im Alten Testament in einem Spektrum sprach. Jesus ist ein umgekehrtes Prisma, das all diese Lichtbänder sammelt und zu einem einzigen reinen Strahl bündelt.
    4. Dieser Verweis auf das Alte Testament wird im Hebräerbrief immer wieder auftauchen. Der Hebräerbrief ist tief im Alten Testament verwurzelt. Er enthält 29 Zitate und 53 Anspielungen auf das Alte Testament, also insgesamt 82 Verweise. Es ist bezeichnend, dass der Hebräerbrief nicht ein einziges Mal auf die Bücher der Apokryphen verweist.
  4. In diesen letzten Tagen: Dieser Ausdruck bezieht sich auf das Zeitalter des Messias. Es mag ein langer Zeitabschnitt sein, aber es ist der letzte.
  5. Zu uns geredet: Hier werden die Leser zum ersten Mal allgemein erwähnt, aber sie werden nicht genauer benannt. Der Kontext des Textes macht allerdings deutlich, dass es sich um einen Brief (vielleicht aber auch eine Predigt oder einen Bericht) handelt, der an jüdische Christen im ersten Jahrhundert geschrieben wurde.
    1. Die Struktur des Hebräerbriefs unterscheidet sich von anderen Büchern des Neuen Testaments. Er beginnt wie ein Bericht, wird dann zur Predigt und endet wie ein Brief.
    2. Der Hebräerbrief wurde offensichtlich für Christen mit jüdischem Hintergrund geschrieben, zugleich aber auch für Leser, die durch eine griechische Denkweise geprägt waren. Dies wird deutlich, weil der Brief Jesus als die ultimative Wirklichkeit beschreibt. Diese Betrachtungsweise des Wesens Jesu half den griechischen Philosophen, den Erretter zu verstehen.
    3. Der Hebräerbrief bestärkt entmutigte Christen dazu, voller Entschlossenheit mit Jesus zu leben, denn er ist vollkommen erhaben in dem wer er ist und was er für uns getan hat.
  6. Geredet durch den Sohn: Jesus überbrachte nicht in erster Linie eine Botschaft des Vaters, er ist die Botschaft des Vaters. Jesus ist daher weit mehr ist als der letzte oder beste Prophet. Er offenbart etwas, dass kein anderer Prophet hätte offenbaren können.
    1. Die Offenbarung von Jesus war einzigartig, denn sie war nicht nur eine reine Botschaft Gottes (wie bei jedem anderen inspirierten biblischen Verfasser), sondern gleichzeitig wurde diese Botschaft durch Gottes Persönlichkeit verkündet. Die Persönlichkeiten von Paulus, Petrus, Johannes und anderen biblischen Verfassern sind in ihren Schriften deutlich zu erkennen. Doch in der Offenbarung von Jesus sehen wir die Persönlichkeit Gottes.
    2. Im Hebräerbrief spricht Jesus (größtenteils) nicht über sich selbst. In gewisser Weise spricht im Hebräerbrief nicht der Sohn, sondern der Vater über den Sohn. Gott der Vater erklärt, wer Gott der Sohn ist. „Wenn die Menschen vom Sohn nichts über Gott lernen können, wird sie keine noch so große Anzahl prophetischer Worte oder Taten überzeugen.“ (Guthrie)

2. Eine siebenfache Beschreibung der Herrlichkeit des Sohnes

Hebräer 1, 2b-3

Hebräer 1, 2b-3
Ihn hat er eingesetzt zum Erben von allem, durch ihn hat er auch die Welten geschaffen; dieser ist die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und der Ausdruck seines Wesens und trägt alle Dinge durch das Wort seiner Kraft; er hat sich, nachdem er die Reinigung von unseren Sünden durch sich selbst vollbracht hat, zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt.

  1. Erben von allem: Dies ist der Beginn eines wunderbaren Abschnitts, in dem Jesus zunächst als Erbe von allem beschrieben wird. Hier wird deutlich, wie herausragend und unübertroffen Jesus ist. Das finden wir bestätigt in der Aussage, dass Jesus als Erstgeborener über aller Schöpfung ist (Kolosser 1, 15).
  2. Er hat die Welten geschaffen: Das altgriechische Wort, das hier mit ‚Welten‘ übersetzt wird, ist aion. Es verdeutlicht, dass Jesus mehr tat, als nur die materielle Welt zu schaffen. Er schuf auch die Zeitalter – die Zeitalter der Geschichte selbst sind die Schöpfung des Sohnes Gottes.
  3. Die Ausstrahlung seiner Herrlichkeit: Jesus ist die Ausstrahlung der Herrlichkeit des Vaters. Das altgriechische Wort für Ausstrahlung ist apaugasma und beschreibt die Strahlung des Lichts, die von einer Lichtquelle ausgeht.
    1. Jesus ist der ‚Strahl‘ der Herrlichkeit Gottes. Wir sehen nicht die Lichtquelle selbst, sondern nur die Strahlen, die uns erreichen. Genauso haben wir noch nie Gott den Vater gesehen, aber wir sehen ihn durch die ‚Strahlen‘ des Sohnes Gottes.
    2. Der griechische Philosoph Philo gebrauchte das Wort apaugasma, um das ‚Logos‘ zu beschreiben: das Wesen oder den intelligenten Verstand, der das Universum geordnet hat. Der Verfasser des Hebräerbriefs erklärte Jesus mit Begriffen, die sowohl für die Juden des ersten Jahrhunderts als auch für diejenigen, die mit der griechischen Philosophie vertraut waren.
  4. Der Ausdruck seines Wesens: Diese Worte beschreiben ein genaues Ebenbild wie es von einem Stempel erzeugt wird. Jesus repräsentiert Gott ganz exakt, bis ins kleinste Detail.
  5. Trägt alle Dinge durch das Wort seiner Kraft: Das Wort, das hier mit ‚tragen‘ übersetzt wird, könnte genauer mit dem Wort ‚erhalten‘ wiedergegeben werden. Es bedeutet nicht, dass jemand etwas passiv nach oben hält (wie der mythische Atlas die Erde hochhält), sondern es beschreibt ein aktives Erhalten.
    1. Während seines Dienstes auf Erden hat Jesus immer wieder die Macht seines Wortes demonstriert. Er konnte heilen, vergeben, Dämonen austreiben, die Naturgewalten stillen – er sprach nur ein Wort. Hier sehen wir, dass sein Wort so mächtig ist, dass es alle Dinge trägt.
    2. „Die Zeitform des Verbs ‚tragen‘ drückt aus, dass Christus unaufhörlich in der Welt wirkt (Kolosser 1, 17).“ (Griffith Thomas)
  6. Nachdem er die Reinigung von unseren Sünden durch sich selbst vollbracht hat: Durch die vorherige Beschreibung wissen wir, dass der Sohn Gottes ein Wesen voller Macht und Weisheit ist. Jetzt wissen wir auch, dass er voller Liebe ist, weil er uns von der Schuld und Schande unserer Sünde freigekauft hat. Er hat dies selbst getan und zeigte dadurch, dass kein anderer dies für uns tun könnte und wir es auch selbst nicht tun könnten.
  7. Zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt: Dies ist eine Position der Majestät, der Ehre, der Herrlichkeit und des vollendeten Werks. Diese Position Jesu stellt ihn weit über die gesamte Schöpfung.

3. Jesus ist deshalb umso viel erhabener als die Engel

Hebräer 1, 4

Hebräer 1, 4
Und er ist umso viel erhabener geworden als die Engel, als der Name, den er geerbt hat, ihn auszeichnet vor ihnen.

  1. Und er ist umso viel erhabener geworden als die Engel: Die Beschreibung Jesu in den letzten Versen zeigt uns, dass er weit höher über allen Engeln steht. Trotzdem lesen wir hier, dass Jesus erhabener als die Engel wurde. Wir können sagen, dass er immer erhabener als die Engel ist, aber gleichzeitig auch erhabener als die Engel wurde.
    1. Jesus wurde durch Leiden vollkommen gemacht (zum vollkommenen Erlöser), etwas, was kein Engel jemals getan hat (Hebräer 2, 10) und wurde somit erhabener als die Engel.
    2. Griffith Thomas verknüpfte die Beschreibungen Jesu in diesen ersten Versen, deren Höhepunkt in Hebräer 1, 4 liegt:
      1. Christus ist der Erbe.
      2. Christus ist der Schöpfer.
      3. Christus ist der, der offenbart.
      4. Christus ist der, der erhält.
      5. Christus ist der Erlöser.
      6. Christus ist der Herrscher.
      7. Christus ist der Höchste.
  2. Als der Name … ihn auszeichnet vor ihnen: Die herausragende Position Jesu wird durch einen herausragenden Namen deutlich. Sein Name ist nicht nur ein Titel, sondern eine Beschreibung seines Wesens und Charakters. Es gibt viele Gründe, warum es wichtig ist, die unvergleichliche Herrlichkeit Jesu zu verstehen, durch die er viel höher als alle Engelwesen ist.
      1. Oft verstehen wir etwas am besten, wenn es durch einen Kontrast verdeutlicht wird.
      2. Der Alte Bund kam zwar durch die Hände von Engeln zu Mose, aber ein besserer Bund kam durch ein besseres Wesen, Jesus. Die Juden des ersten Jahrhunderts dachten vielleicht, dass das Evangelium durch die Hände von einfachen Menschen – den Aposteln – überbracht wurde. Aber in Wahrheit kam das Evangelium durch Jesus, der höher ist als die Engel.
      3. In der frühen Gemeinde entwickelte sich die gefährliche Tendenz, Engel anzubeten (Kolosser 2, 18; Galater 1, 8). Der Hebräerbrief zeigt auf, dass Jesus höher ist als jeder Engel.
      4. Ebenso verbreitete sich die Irrlehre, Jesus selbst sei ein Engel. Diese Auffassung stellt eine Herabwürdigung seiner Herrlichkeit und Majestät dar.
      5. Wenn wir verstehen, dass Jesus besser ist als die Engel, dann können wir auch verstehen, dass er besser ist als irgendjemand oder irgendetwas in unserem Leben.
    1. Wir sehen hier, dass der Hebräerbrief und die Verklärung Jesu, von der wir in den Evangelien lesen, die gleiche Absicht haben. Beide rufen uns sozusagen zu: „Dies ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören!“ (Markus 9, 7)

B. Die Schrift beweist, dass Jesus erhabener als die Engel ist

1. Jesus ist höher als die Engel, weil er der Sohn Gottes ist, wie es in Psalm 2, 7 und 2. Samuel 7, 14 steht

Hebräer 1, 5

Hebräer 1, 5
Denn zu welchem von den Engeln hat er jemals gesagt:
»Du bist mein Sohn;
heute habe ich dich gezeugt«?
Und wiederum:
»Ich werde sein Vater sein,
und er wird mein Sohn sein«?

  1. Denn zu welchem von den Engeln hat er jemals gesagt: Der Autor des Hebräerbriefs hat bewiesen, dass Jesus höher ist als jedes Engelwesen, weil Gott, der Vater, zu Gott, dem Sohn, Dinge sagt, die er nie zu Engeln gesagt hat.
    1. „Die Juden verehrten die Engel wegen ihrer Rolle bei der Übermittlung des Gesetzes (Apostelgeschichte 7, 53; Galater 3, 19). Es war wichtig, dass die jüdischen Christen durch diesen Vergleich etwas über die unbegrenzte Vorherrschaft unseres Herrn über diese himmlischen Wesen lernten, die im jüdischen Leben einen so bedeutenden Platz einnahmen.“ (Thomas)
    2. Kleinere Dinge nehmen, wenn man ihnen mehr Aufmerksamkeit schenkt, einen größeren Platz ein als die bedeutenden und wichtigen Dinge.
    3. Hat er jemals gesagt: Der Verfasser des Hebräerbriefs war eindeutig der Meinung, dass Gott durch die menschlichen Autoren des Alten Testaments sprach.
  2. Du bist mein Sohn: Gott der Vater nannte Jesus in Psalm 2, 7 ‚Sohn‘ – der Name, der ihn in Hebräer 1, 4 vor den Engeln auszeichnet. Das zeigt, dass Jesus größer ist als die Engel, denn kein Engel hat jemals diesen bedeutenden Namen erhalten.
    1. Auch wenn die Engel als Gruppe einige Male ‚Söhne Gottes‘ genannt werden (z.B. in Hiob 1, 6), wurde doch niemals ein einzelner Engel so bezeichnet.
  3. Heute habe ich dich gezeugt: Gott der Vater redete auch zu Gott dem Sohn und bezeichnete ihn als gezeugt. Das Wort ‚gezeugt‘ drückt aus, dass der Vater und der Sohn die gleichen Eigenschaften und grundlegenden Merkmale haben. Es bedeutet, dass der Vater und der Sohn dasselbe Wesen haben.
  4. Ich werde sein Vater sein, und er wird mein Sohn sein: Gott der Vater sagt in diesem Zitat aus 2. Samuel 7, 14 etwas zu Gott dem Sohn, was er nie zu einem Engel gesagt hat.
    1. Diese Aussage ist ein gutes Beispiel für eine alttestamentliche Prophezeiung, die auf zweierlei Weise erfüllt werden sollte. Zunächst erfüllte sich die Verheißung aus 2. Samuel 7, 14 in Davids Sohn Salomo zeitnah, aber auf eine unvollkommene Weise. Im Sohn Davids, Jesus Christus, wird sie hingegen weitaus später erfüllt, dafür aber auf vollkommene Weise.

2. Jesus ist erhabener als die Engel, denn sie dienen ihm und beten ihn an. Er ist ihr Gott, wie auch 5. Mose 32, 43 (nach der Septuaginta und den Schriftrollen vom Toten Meer) und Psalm 104, 4 aufzeigen. [Die Septuaginta und ein Fragment der Schriftrollen vom Toten Meer fügen in 5. Mose 32, 43 folgendes hinzu: „Und alle Götter (Engel) sollen ihn anbeten.“]

Hebräer 1, 6-7

Hebräer 1, 6-7
Und wenn er den Erstgeborenen wiederum in die Welt einführt, spricht er:

»Und alle Engel Gottes sollen ihn anbeten!«

Von den Engeln zwar sagt er:

»Er macht seine Engel zu Winden
und seine Diener zu Feuerflammen«;

  1. Wenn er den Erstgeborenen: Dieses Wort wurde gebraucht, um jemanden zu beschreiben, aber auch um den Erstgeborenen einer Familie zu benennen. Weil der erstgeborene Sohn der erste in der Erblinie war und somit eine Position der Ehre einnahm, kann der Titel ‚Erstgeborener‘ auch jemanden beschreiben, der eine höhere, ehrenhafte Stellung einnahm.
    1. Viele derjenigen, die in der Bibel nicht als Erste geboren werden, erhalten den Titel ‚Erstgeborene‘. Beispiele dafür sind z.B. David (Psalm 89, 28) und Ephraim (Jeremia 31, 9).
    2. Laut Rabbi Bechai (zitiert nach Lightfoot) nannten Rabbis zu biblischen Zeiten Jahwe selbst den ‚Erstgeborenen der Welt‘. Es war ein Titel, kein Herkunftsnachweis.
    3. Rabbis nutzten den Ausdruck Erstgeborener als spezifisch messianischen Titel. Ein Rabbi schrieb: „Gott sagte: ‚Wie ich Jakob zum Erstgeborenen machte (2. Mose 4, 22), so werde ich auch den König Messias zum Erstgeborenen machen (Psalm 89, 28)’.“ (R.Nathan in Shemoth Rabba, zitiert nach Lightfoot)
  2. Und alle Engel Gottes sollen ihn anbeten: 5. Mose 32, 43 (nach der Septuaginta und den Schriftrollen vom Toten Meer) zeigt, dass Jesus erhaben ist, weil er das Objekt der Anbetung durch die Engel ist. Er ist nicht ein Engel, der selber anbetet. Die Engel beten ihn an; er betet nicht mit ihnen gemeinsam an. Offenbarung 5 gibt uns einen kleinen Einblick in die Anbetung Jesu durch die Engel.
  3. Er macht seine Engel zu Winden und seine Diener zu Feuerflammen: Jesus ist Herr über die Engel. Sie sind seine Engel und seine Diener. Die Engel gehören zu Jesus, aber er ist selber kein Engel.

3. Jesus ist erhaben über die Engel, weil selbst der Vater ihn (und nicht die Engel) Gott und Herr (Jahwe) nennt, dies sehen wir in Psalm 45, 7-8 und Psalm 102, 26-28 (nach der Septuaginta)

Hebräer 1, 8-12

Hebräer 1, 8-12
Aber von dem Sohn:

»Dein Thron, o Gott, währt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Das Zepter deines Reiches ist ein Zepter des Rechts.
Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehasst; darum hat dich, o Gott, dein Gott mit Freudenöl gesalbt, mehr als deine Gefährten!«

Und:

»Du, o Herr, hast im Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind das Werk deiner Hände.
Sie werden vergehen, du aber bleibst;
sie alle werden veralten wie ein Kleid, und wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, und sie sollen ausgewechselt werden.
Du aber bleibst derselbe, und deine Jahre nehmen kein Ende.«

  1. Aber von dem Sohn: Im Vers 7 lesen wir, was Gott von den Engeln sagt. Hier lesen wir, was er von dem Sohn sagt. Auch hier wird betont, dass Gott der Vater, zu Gott dem Sohn, Dinge sagt, die niemals zu Engeln gesagt werden.
  2. Dein Thron, o Gott: In Psalm 45, 7-8 wird deutlich, dass der Vater den Sohn Gott nennt. Die erste Person der Dreieinigkeit spricht von der zweiten Person der Dreieinigkeit und nennt sie Gott. Dies ist ein einzigartiger und kraftvoller Beweis der Göttlichkeit Jesu.
    1. Einige Gelehrte argumentieren, dass es in der Bibel verschiedene Wesen und Personen wie z.B. Satan (2. Korinther 4, 4) und irdische Richter gegeben hat (Psalm 82, 1+6), die Gott (bzw. Götter) genannt werden. Aber diese Beispiele machen deutlich, dass diese Wesen/Personen nur vortäuschten, Gott zu sein. Wenn Jesus kein wahrer Gott wäre, dann wäre er ein falscher Gott wie Satan und die bösen Richter aus Psalm 82.
    2. Aber Jesus ist der wahre und lebendige Gott. Hier wird er auch von Gott dem Vater so genannt. Kapitel 1, 1 und 20, 28 des Johannesevangeliums bezeichnen ihn ebenfalls als Gott. Auch Paulus nennt ihn so in Titus 2, 13 und 3, 4.
  3. Darum hat dich, o Gott, dein Gott gesalbt: Dieser Abschnitt zeigt ein beeindruckendes Wechselspiel zwischen den Personen der Dreieinigkeit auf. ‚Gott, dein Gott‘ spricht von dem Vater und seiner Autorität über die zweite Person der Dreieinigkeit, Jesus. ‚Dich‘ bezieht sich auf den Sohn. ‚Gesalbt‘ gibt einen Hinweis auf das Wirken und die Gegenwart des Heiligen Geistes, der dritten Person der Dreieinigkeit.
  4. Du, o Herr, hast im Anfang: Der Sohn wird nicht nur Gott, sondern auch Herr (Jahwe) genannt. Er wird mit Eigenschaften und Begriffen beschrieben, die nur Gott zustehen.
    1. Du, o Herr, hast im Anfang die Erde gegründet: Wir sehen, dass Jesus, die zweite Person der Dreieinigkeit, der Schöpfer ist. Jesaja 45, 12 und Jesaja 45, 18 betonen, dass Jahwe der Schöpfer ist.
    2. Sie werden vergehen, du aber bleibst: Wir lesen hier, dass Jesus Christus, die zweite Person der Dreieinigkeit, selbstexistent ist. In Psalm 102, 26-28 steht dies auch über Jahwe.
    3. Wie einen Mantel wirst du sie zusammenrollen, und sie sollen ausgewechselt werden: Jesus Christus, die zweite Person der Dreieinigkeit ist souverän, hat Autorität über die ganze Schöpfung und die Geschichte, wie wir es auch in Psalm 102, 26-28 von Jahwe lesen.
    4. Du aber bleibst derselbe: Jesus Christus, die zweite Person der Dreieinigkeit ist unveränderlich und immer derselbe. Er ist ewig (deine Jahre nehmen kein Ende). Psalm 102, 26-28 sagt dasselbe über Jahwe aus. Der Autor des Hebräerbriefs macht deutlich, dass es ohne jeden Zweifel auch auf Jesus zutrifft.

4. Jesus ist höher als die Engel, weil er sich zur Rechten Gottes setzte. Er hat sein Werk vollendet, während die Engel beständig arbeiten. Wir sehen dies in Psalm 110, 1

Hebräer 1, 13-14

Hebräer 1, 13-14
Zu welchem von den Engeln hat er denn jemals gesagt:

»Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße«?

Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche das Heil erben sollen?

  1. Zu welchem von den Engeln hat er denn jemals gesagt: Nun zitiert der Verfasser des Hebräerbriefs zum siebten Mal in diesem Kapitel die hebräischen Schriften, um zu zeigen, dass Jesus, der Messias, weit über allen Engeln steht. Er zitiert Psalm 110, 1, um erneut zu zeigen, dass Gott der Vater, zu Jesus dem Messias, Dinge gesagt hat, die er nie zu Engeln gesagt hat.
  2. Setze dich zu meiner Rechten: In Psalm 110, 1 heißt es, dass der Messias diese überragende Position und Sitzhaltung im Himmel hat. Jeder, der in der Gegenwart Gottes sitzen darf, zeigt dadurch, dass er jedes Recht hat, dort zu sein. Vor dem Thron Gottes gibt es keine Sitzplätze für die Engel, weil sie Gott beständig loben und ihm dienen. Aber Jesus kann sich – auf Einladung von Gott, dem Vater – zur Rechten von Gott, dem Vater, setzen.
    1. Es ziemt sich nicht, sich in der Gegenwart einer Majestät allzu wohlzufühlen. Es gibt eine Geschichte von einem Mann namens Lear, der dazu angestellt wurde, Königin Viktoria Kunstunterricht zu geben. Alles lief gut und Lear fing an, sich im Palast zu Hause zu fühlen. Er genoss es vor dem Feuer zu stehen, sich an die Feuerstelle zu lehnen und sich entspannt zu wärmen. Aber jedes Mal, wenn er das tat, lud ihn einer der Bediensteten der Königin ein, sich dieses oder jenes im Raum anzusehen, so dass er sich bewegen musste. Niemand erklärte es ihm, aber nach einer Weile verstand er: Es ist nicht richtig für einen Untergebenen, sich in der Gegenwart der Königin so entspannt zu verhalten. Jesus ist kein Untertan – er ist der Herrscher, deshalb darf er in der Gegenwart der Majestät sitzen.
  3. Zu welchem von den Engeln hat er denn jemals gesagt: „Setze dich zu meiner Rechten“: Die Engel haben nicht die Erlaubnis, sich in der Gegenwart Gottes ‚zu entspannen‘. Sie ‚stehen‘ vor dem Vater, aber der Sohn setzt sich hin, weil er kein Untergebener, sondern der Herrscher ist.
  4. Sind sie nicht alle dienstbare Geister: Engel sind dienstbare Geister, keine Geister, die regieren. Sie sind zum Dienen berufen, nicht zum Herrschen. In dieser Hinsicht könnte man Engel mit Werkzeugen vergleichen, die nie kaputt gehen. Sie arbeiten beständig, während Jesus eine Position der Ruhe einnimmt, weil er der Sohn ist.
    1. Jesus wird auch Knecht und Diener genannt, aber dies ist Teil seiner freiwilligen Demütigung, und nicht Teil seines grundlegenden Wesens. Es entspricht hingegen dem grundlegenden Wesen der Engel, Diener zu sein.
  5. Ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche das Heil erben sollen: Den Engeln wird befohlen, Gott zu dienen. Aber Gott selbst teilt seine Diener mit den erlösten Männern und Frauen. Das zeigt die große Liebe Gottes zu uns, und wie er alles mit uns teilen will.
    1. Beim Vergleich von Hebräer 1, 2 und 1, 14, „ist es besonders in Bezug auf das Hauptthema des Briefes bemerkenswert, dass sowohl Christus als auch die Christen als Erben bezeichnet werden.“ (Thomas)

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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