Kolosser 2 – Die Antwort auf die Häresie der Kolosser
A. Paulus´ Kampf
1. Das Ausmaß von Paulus´ Kampf für die Kolosser und andere
Kolosser 2, 1
Kolosser 2, 1 Ich will aber, dass ihr wisst, welch großen Kampf ich habe um euch und um die in Laodizea und um alle, die mich nicht von Angesicht gesehen haben,
Welch großen Kampf ich habe um euch: Dieser große Kampf fand in Paulus statt (den ich habe um euch). Es war nicht so, dass sich Paulus mit anderen über die Christen in Kolossä gestritten hat. Paulus bezeichnete seine geistliche Kriegsführung und seine herzliche Sorge um die Kolosser als einen großen Kampf.
Paulus verwendete in Kolosser 1, 29 (Ringen) athletische Bilder, und er führt diese Sportmetapher mit den Worten großer Kampf fort.
Und um alle, die mich nicht von Angesicht gesehen haben: Offenbar hatte Paulus selbst Kolossä nie besucht. Die meisten Christen in Kolossä hatten sein Angesicht nie gesehen. So wie sich die Autorität des Paulus bis zu denjenigen erstreckte, denen er nie begegnet war – auf diejenigen, die sein Gesicht nie gesehen hatten – so erstreckt sie sich auch auf uns.
2. Paulus‘ konkrete Anliegen und Ziele im geistlichen Kampf
Kolosser 2, 2-3
Kolosser 2, 2-3 Damit ihre Herzen ermutigt werden, in Liebe zusammengeschlossen und mit völliger Gewissheit im Verständnis bereichert werden, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, des Vaters, und des Christus, in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind.
Damit ihre Herzen ermutigt werden: Dies war Paulus wichtig, weil er über ihren Enthusiasmus besorgt war. Er wusste, dass entmutigte, niedergeschlagene Christen eine leichte Beute für die Welt, das Fleisch und den Teufel sind.
Ermutigt: „Das Wort, das er benutzt, ist paraklein. Manchmal bedeutet dieses Wort trösten, manchmal ermahnen, aber immer steht der Gedanke dahinter, eine Person in die Lage zu versetzen, einer schwierigen Situation mit Zuversicht und Tapferkeit zu begegnen. (Barclay) Paulus wollte, dass diese Christen zu heldenhaftem Handeln fähig sind.“
In Liebe zusammengeschlossen: Dies war Paulus wichtig, weil er um ihre Einheit besorgt war. Die Einheit sollte nicht aus Zwang, sondern aus Liebe entstehen.
Mit völliger Gewissheit im Verständnis bereichert werden, zur Erkenntnis des Geheimnisses: Dies war Paulus wichtig, weil er um ihr Verständnis besorgt war. Er wusste, dass ihre Einheit und Standhaftigkeit nicht nur aus der Liebe resultieren würden, sondern auch aus dem Zusammenwachsen in Gottes Wahrheit.
Paulus wusste, dass ihre Einheit nicht nur aus Liebe, sondern auch aus der Wahrheit entstand, weil sie sowohl in Liebe zusammengeschlossen waren als auch im Verständnis und in der Erkenntnis der Wahrheit Gottes wuchsen.
Paulus wollte, dass die wahre Weisheit in Jesus sie zusammenbringen würde – ja, sie in Liebe zusammenschließen würde – anstatt sie zu trennen, wie es die falsche Weisheit tun würde.
Für Paulus lag der wahre Reichtum in der völligen Gewissheit des Gläubigen. Vielen fehlt die völlige Gewissheit über den Charakter Gottes und sie sind nicht davon überzeugt, dass er wirklich gut und liebevoll ist. Anderen fehlt die völlige Gewissheit über ihre Errettung, und sie fragen sich, ob ihr christliches Leben echt ist. Wenn wir zu dieser völligen Gewissheit gelangen, entstehen große Freiheit und Zuversicht.
Zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes: Der Begriff ‚Geheimnis Gottes‘ wird im Neuen Testament auf verschiedene Weise gebraucht. Hier verwendet Paulus den Ausdruck in Bezug auf den Charakter und die Person Gottes – etwas, das wir nicht wissen könnten, wenn es nicht von ihm (Gott) offenbart würde.
„Das Wort ‚Christus‘ steht im selben grammatikalischen Fall wie ‚Geheimnisses‘, wodurch es ihm hinzugefügt wird. Das Geheimnis ist Christus.“ (Wuest)
„Andere führen sie möglicherweise mit trügerischem Gerede über Geheimnisse in die Irre; aber es gab vor allen Dingen ein Geheimnis – das Geheimnis von Gottes liebevollem Plan, der allein in Christus offenbart wurde – und Paulus‘ Anliegen war es, dass sie dieses alles überragende Geheimnis kennenlernen und es als eine bestehende Tatsache erkennen sollten.“ (Bruce)
Drei Geheimnisse werden in Kolosser 1, 24 bis 2, 3 beschrieben:
Die Kirche als der Leib Christi, für den Paulus gelitten und gedient hat (1, 24-26).
Der innewohnende Christus, die Hoffnung auf die Herrlichkeit in jedem einzelnen Gläubigen (1, 27).
Der offenbarte Jesus, der Schatz aller Weisheit und Erkenntnis (2, 2-3).
Christus, in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind: Dies ist ein wichtiger Gedanke in Paulus´ Brief an die Kolosser. Damit widerlegt Paulus einige der Irrlehren, die die Christen in Kolossä durcheinanderbrachten. Sie wurden von Lehrern beeinflusst, die ihnen sagten, sie sollten die Schätze der Weisheit und der Erkenntnis suchen, aber nicht in Jesus. Paulus schrieb: „Ihr werdet alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis nur in Jesus finden. Er hat sie alle.“ Es ist nicht falsch, nach Weisheit und Erkenntnis zu suchen; aber wir müssen alles in Jesus suchen.
Als Paulus sagte, diese Weisheit sei in Christus verborgen, benutzte er das altgriechische Wort apokruphos. „Allein die Verwendung dieses Wortes ist ein Schlag gegen die Gnostiker … die Gnostiker glaubten, dass ein äußerst umfangreiches Wissen für die Erlösung notwendig sei. Dieses Wissen schrieben sie in ihren Büchern nieder, die sie apokruphos nannten, weil sie für den gewöhnlichen Menschen nicht zugänglich waren.“ (Barclay) Paulus wollte jedoch, dass alle erfahren sollten, dass die wahreWeisheit nicht in geheimen Büchern verborgen war, sondern in Jesus Christus hinterlegt wurde, damit alle einen Zugang zu ihr haben.
„’Verborgen‘ bedeutet jedoch nicht, dass sie versteckt sind, sondern vielmehr, dass sie niedergelegt oder als Schatz verwahrt werden.“ (Vaughn)
„Alles, was wir vielleicht über Gott und seine Absichten fragen wollen, kann und muss jetzt – das ist die Kraft des Verses – mit Bezug auf den gekreuzigten und auferstandenen Jesus, den Messias, beantwortet werden.“ (Wright)
„Er ist in der Tat das Geheimnis Gottes, er ist solch ein Wunder und doch so wirklich, dass das kleinste Kind in liebevoller Vertrautheit von ihm spricht.“ (Morgan)
Wenn Paulus die Wahrheit Gottes mit Worten wie bereichert und Schätze beschreibt, erinnert er uns daran, dass Gottes Wahrheit kostbar und auch Opfer wert ist.
3. Paulus‘ ernste Warnung
Kolosser 2, 4
Kolosser 2, 4 Das sage ich aber, damit euch nicht irgendjemand durch Überredungskünste zu Trugschlüssen verleitet.
Das sage ich aber, damit euch nicht irgendjemand durch Überredungskünste zu Trugschlüssen verleitet: Diejenigen, die den Kolossern sagten, sie sollten woanders als bei Jesus Weisheit und Erkenntnis finden, waren sehr überzeugend. Die Verlockung von ‚verborgener‘ und ‚tiefer‘ Weisheit und Wissen kann sowohl stark als auch trügerisch sein.
Damit euch nicht irgendjemand … zu Trugschlüssen verleitet: Paulus sagte nicht, dass sie bereits getäuscht worden waren, aber er sah deutlich die Gefahr und warnte sie davor.
Es mag profan klingen, aber Betrüger bleiben Betrüger. Sie werden ihre Irrlehre nicht direkt als Irrlehre verkünden, und sie wird an die Wahrheit oft nah genug herankommen, um gefährlich zu sein.
4. Paulus‘ Vertrauen in ihren derzeitigen Zustand
Kolosser 2, 5-7
Kolosser 2, 5-7 Denn wenn ich auch leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und sehe mit Freuden eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus. Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt auch in ihm, gewurzelt und auferbaut in ihm und gefestigt im Glauben, so wie ihr gelehrt worden seid, und seid darin überfließend mit Danksagung.
Wenn ich auch leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch: Durch das Gebet – den Kern seines in Kolosser 2, 1 erwähnten Kampfes – fühlte Paulus wirklich, dass er im Geist bei den Christen in Kolossä war, auch wenn er leiblich abwesend war.
„Paulus‘ Gefühl, bei seinen entfernten Freunden geistig anwesend zu sein, war wohl außerordentlich stark und lebendig. Das vielleicht bemerkenswerteste Beispiel findet sich in 1. Korinther 5, 3-5, wo er von sich selbst als geistlich anwesend bei einer Gemeindeversammlung in Korinth spricht (zu einem Zeitpunkt, an dem er in Ephesus wohnte).“ (Bruce)
Sehe mit Freuden eure Ordnung: In Fortführung des Gedankens aus dem vorherigen Vers sah Paulus keine kolossische Gemeinde, die der Irrlehre verfallen war. Sie war in ernster Gefahr, aber sie war immer noch in Ordnung und zeigte die Festigkeit ihres Glaubens.
Laut Vaughn sind die beiden Worte Ordnung und Festigkeit aus dem militärischen Sprachgebrauch. „Er sieht die Situation der Kolosser wie die einer angegriffenen Armee und bekräftigt, dass ihre Linien ungebrochen, ihre Disziplin intakt und ihr ‚Glaube an Christus‘ unerschüttert waren.“
Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt auch in ihm: Dies ist eine wunderbare Regel für das christliche Leben. Wir können nicht im Fleisch vollenden, was im Geist begonnen wurde; darum, so wie ihr Jesus angenommen habt, so wandelt in ihm auf dieselbe Weise. Die einfachen Dinge des christlichen Lebens liefern beständigen und verlässlichen geistlichen Treibstoff für Wachstum. Wir müssen immer an die Dinge erinnert werden, die uns gelehrt worden sind.
„Wenn er sagt, dass sie Christus Jesus als ihren Herrn ‚empfangen‘ haben, verwendet er das Verb, das speziell verwendet wurde, um das Empfangen von etwas zu bezeichnen, das durch die Tradition überliefert wurde. Mit anderen Worten, die Kolosser haben Christus selbst als ihre ‚Tradition‘ angenommen, und dies sollte sich als ausreichender Schutz davor erweisen, der ‚Tradition der Menschen‘ zu folgen (Kolosser 2, 8).“ (Bruce)
„Das heißt, Paulus spricht von den Lehren über die Person und das Werk des Herrn Jesus, und nicht von ihm persönlich, denn erstgenannte waren auch Teil der kolossischen Irrlehren.“ (Wuest)
„Er empfängt seine [besonderen] Eigenschaften und Attribute [der Heiligkeit] nicht getrennt vom Herrn Jesus; sondern indem er ihn empfängt, erhält er sie. Eine heilige Person ist diejenige, die die Kunst erlernt hat, Jesus zu empfangen.“ (Meyer)
So wandelt auch in ihm, gewurzelt und auferbaut in ihm: Paulus benutzte eine merkwürdige Kombination aus Metaphern. Als Christen wandeln wir, aber wir sind auch gewurzelt, und wir sind auch auferbaut. Diese Metaphern sind etwas vermischt, aber die Botschaft ist klar: seid verwurzelt und wachst weiter.
„Sonst verwendet der Apostel keine solchen doppeldeutigen Metaphern, die zum Teil vom Wachstum eines Baumes, zum Teil von der Errichtung eines Gebäudes stammen. Sie sollen verwurzelt werden; da der gute Same bereits gesät war, soll er Wurzeln schlagen, und die Wurzeln sollen sich weit, breit und tief ausbreiten. Sie sollen geerdet werden; da das Fundament bereits gelegt ist, sollen sie darauf bauen. Einerseits sollen sie viel Frucht bringen, andererseits sollen sie heranwachsen und durch den Geist zu einer Wohnung Gottes werden.“ (Clarke)
B. Paulus warnt vor der kolossischen Häresie und widerlegt sie
1. Eine Warnung: Lasst euch nicht von Philosophien und Traditionen täuschen
Kolosser 2, 8
Kolosser 2, 8 Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß.
Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie: Bei der Irrlehre, die sich unter den Kolossern verbreitete, handelte es sich hauptsächlich um Philosophie und leeren Betrug. Sie entsprangen vor allem der Überlieferung der Menschen. Sie trugen den Abdruck des Menschen, nicht den von Gott.
Peake sagt, die beste Übersetzung des Ausdrucks ‚beraubt‘ sei eigentlich „sie als Beute wegführen“. Denn dies beinhaltet Rauben und Plündern. „Ihr Reichtum war die Erlösung, die sie von Christus erhalten hatten; und sowohl die heidnischen als auch die jüdischen Lehrer versuchten, sie dieser zu berauben, indem sie ihren Verstand verwirrten und sie von den Wahrheiten des Christentums wegführten.“ (Clarke)
Die Philosophie, die die Christen in Kolossä bedrohte, war eine seltsame eklektische (= zerstückelte) Mischung aus frühem Gnostizismus, griechischer Philosophie, regionalen Mysterienreligionen und jüdischer Mystik. Die Philosophie, die die kolossischen Christen bedrohte, war deshalb so gefährlich, weil sie nicht offensichtlich sündhaft und ausschweifend war. Sie war hochtrabend und schien höchst intelligent zu sein.
Vinzenz über das Wort Philosophie: „Es hatte ursprünglich eine gute Bedeutung, die Liebe zur Weisheit, wird aber von Paulus im Sinne einer anmaßenden Spekulation verwendet, und zwar unter besonderer Bezugnahme darauf, dass sie der Deckmantel ist, mit dem die Irrlehrer in Kolossä nicht nur ihre Behauptungen, sondern auch ihre Praktiken bezeichneten, so dass es sowohl ihre asketischen Gebräuche als auch die Mystik abdeckte.“
Unter Kommentatoren existiert eine lebhafte Debatte darüber, was denn nun genau die kolossische Häresie eigentlich ist. Einige sehen sie vorwiegend als Ausdruck des frühen Gnostizismus mit einigen jüdischen mystischen Elementen, andere sehen sie vor allem als jüdische Mystik mit einigen wenigen Anteilen des frühen Gnostizismus. Was auch immer der genaue Ursprung oder die Zusammensetzung dieser Irrlehre sein mag, sie scheint eindeutig beide Elemente enthalten zu haben.
Die Verbindung zum frühen Gnostizismus wird aus der Art und Weise deutlich, wie Paulus seine Punkte darlegt.
Der Gnostizismus lehrte, dass Gott (als ein vollkommener Geist) nicht in direkten Kontakt mit der materiellen Welt kommen kann. Paulus achtete darauf, zu betonen, dass Jesus Gott ist, und dass er im Leib seines Fleisches (Kolosser 1, 19-22) kam.
Der Gnostizismus lehrte, dass Gott keinen direkten Kontakt mit der materiellen Welt haben konnte, da er die Welt nicht selbst erschaffen hat, sondern dass er durch ihm unterstellte Geister oder Engel wirkte. Paulus achtete darauf, zu zeigen, dass Jesus der Schöpfer der Welt war (Kolosser 1, 15-16).
Der Gnostizismus (und einige Formen der jüdischen Mystik) lehrte, dass Gott sich nicht direkt mit dem Menschen und der materiellen Welt abgibt, sondern dass er dies durch eine Reihe von Vermittlern tut. Paulus achtete darauf, zu zeigen, dass Jesus selbst das Werk der Versöhnung vollbracht hat (Kolosser 1, 19-20).
Der Gnostizismus (und einige Formen der jüdischen Mystik) verehrte diese vermeintlichen Vermittler sehr und betrachtete sie als eine Art Engelswesen. Paulus war sorgfältig darauf bedacht, die Kolosser zu warnen, dass Engel nicht angebetet werden sollten (Kolosser 2, 18).
Die Verbindung zur jüdischen Mystik wird aus der Art und Weise deutlich, wie Paulus einige weitere Punkte hervorhebt.
Der jüdische Einfluss auf das Christentum betonte die Speisegesetze. Paulus sorgte dafür, dass Christen nicht unter jüdischen Speisegesetzen standen (Kolosser 2, 16).
Der jüdische Einfluss auf das Christentum hob die Einhaltung bestimmter Tage verpflichtend hervor. Paulus achtete darauf, ihnen mitzuteilen, dass Christen nicht dazu verpflichtet seien (Kolosser 2, 16).
Gemäß der Überlieferung der Menschen: Die kolossische Häresie stellte sich selbst als traditionell dar. Sie konnte einige oder viele ihrer Ideen auf Traditionen der Juden und/oder der griechischen Philosophen zurückführen. Paulus warnte hier davor, dass eine Überlieferung der Menschen keine ebenbürtige Autorität gegenüber dem Wort Gottes hat.
Gemäß den Grundsätzen der Welt: Das altgriechische Wort, mit dem der Begriff ‚Grundsätze‘ übersetzt wird, ist stoicheia. Es ist ein Wort, das je nach Kontext mehrere verschiedene Dinge bedeuten kann, und Paulus hat wohl ein solches Wort verwendet, um eine Vielzahl an Bedeutungen abzudecken.
„Das Substantiv stoicheia bezeichnet in erster Linie Dinge, die in einer Reihe nebeneinanderstehen; es wird für die Buchstaben des Alphabets, des ABC, verwendet, und da das Erlernen des ABC die erste Lektion einer literarischen Ausbildung ist, bedeutet es dann weiter ‚Grundlagen‘, ‚erste Prinzipien‘ (vgl. Hebräer 5, 12, als ‚Grundlagen‘ des Evangeliums).“ (Bruce) Auf Grund dieser Assoziation mit grundlegenden Elementen wurde das Wort auch zur Bezeichnung von Grundelementen wie Erde, Wasser, Luft und Feuer verwendet.
Viele alte Mysterienreligionen betrachteten die Welt als einen gefährlichen Ort, bedroht von Geistern oder geistlichen Kräften, die sie Elemente oder Elementarkräfte nannten (so wie Paulus das Wort in Kolosser 2, 8 und 2, 20 verwendet). Sie glaubten, man sei vor diesen gefährlichen geistlichen Kräften geschützt, indem man sie entweder anbetet oder Schutz bei einer größeren Gottheit oder geistlichen Macht findet, die diesen Elementen überlegen ist.
Dennoch könnte man sagen, dass die Bedeutung, die Paulus verwendet, hier sicherlich eine Antwort auf frühe gnostische Gedanken beinhaltet, aber die Bedeutung geht auch über diese speziellen Vorstellungen hinaus. „Es ist häufig in diesem Sinne als das ABC des religiösen Wissens verstanden worden … der Ausdruck muss sich auf etwas beziehen, das beide [Juden und Heiden] gemeinsam hatten.“ (Peake)
Sowohl Juden als auch Heiden hatten die Grundidee von Ursache und Wirkung gemeinsam, und in gewisser Weise beherrscht diese die Natur und den Verstand der Menschen. Wir leben in der Vorstellung, dass wir bekommen, was wir verdienen; wenn wir gut sind, verdienen wir, Gutes zu empfangen; wenn wir schlecht sind, verdienen wir, Schlechtes zu empfangen. Paulus warnte die Kolosser davor, sich dieser die Gnade ausschließenden Art des Denkens nicht zu unterwerfen und sich von diesem Verständnis loszusagen.
2. Die Vollkommenheit Jesu und unsere Verbindung mit ihm zeigen, dass andere Philosophien und Traditionen unnötig sind
Kolosser 2, 9-10
Kolosser 2, 9-10 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig; und ihr seid zur Fülle gebracht in ihm, der das Haupt jeder Herrschaft und Gewalt ist.
In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit: Dies ist eine eindrucksvolle, absolut wasserdichte Erklärung der vollständigen Gottheit Jesu. Da die ganze Fülle der Gottheit in Jesus wohnt, kann er weder ein halber noch ein untergeordneter Gott sein.
Gottheit: „Paulus erklärt, dass in dem Sohn die ganze Fülle der absoluten Gottheit wohnt; das waren keine bloßen Strahlen göttlicher Herrlichkeit, die ihn vergoldeten und seine Person eine Zeitlang erleuchteten, in einer Pracht, die nicht die seine war, sondern er war und ist ein absoluter und vollkommener Gott; und der Apostel benutzt theotes, um diese wesentliche und persönliche Gottheit des Sohnes auszudrücken.“ (Trench, zitiert in Wuest)
Die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig: Die Irrlehre unter den Christen in Kolossä war so etwas wie eine frühe Form der gnostischen Irrlehren, die später kommen sollten. Diese gnostischen Irrlehren führten zu einer radikalen Trennung zwischen dem Geistlichen und dem Materiellen. Deshalb musste Paulus klarstellen, dass die ganze Fülle der Gottheit in Jesus leibhaftig war und dies nicht auf eine seltsame, mystische Weise. Johannes behandelte diese Irrlehre auch unter anderem in 1. Johannes 4, 2-3.
Eine derartige Irrlehre in der frühen Kirche wurde Doketismus genannt und behauptete, Jesus habe keinen wirklichen menschlichen Körper; er schien nur einen zu haben. Eine andere falsche Lehre wurde Kerinthismus genannt und sie besagte, dass ‚Jesus, der Mensch‘, getrennt und verschieden von ‚dem Geist Christi‘ sei.
Ihr seid zur Fülle gebracht in ihm: Das kann nur wahr sein, weil Jesus wirklich Gott ist. Wenn er nicht Gott wäre, könnten wir nicht in ihm zur Fülle gebracht sein. Alles, was behauptet, dass wir nichtzur Fülle gebracht in ihm sind, verneint auch die Gottheit Jesu.
Wenn die ganze Fülle Gottes in Jesus wohnt und wir als Gläubige mit ihm in einer Glaubensbeziehung verbunden sind, dann sind wir auch zur Fülle gebracht in ihm. Deshalb gab es keinen Grund, sich auf falsche Verheißungen und Verlockungen einzulassen, die von den falschen Lehrern unter den Kolossern verbreitet wurden.
Zur Fülle gebracht in ihm: Paulus sagt, dass dies eine Tatsache ist, an der man sich einfach erfreuen kann, nicht ein Status, den man erreichen muss.
Haupt jeder Herrschaft und Gewalt: In vielen Passagen des Neuen Testaments beschreiben Herrschaft und Gewalt verschiedene Engelwesen, sowohl treue als auch gefallene (Römer 8, 38; Epheser 1, 21; Epheser 3, 10; Epheser 6, 12). Deshalb erklärt Paulus hier die Autorität Jesu über alle Geistwesen. Die Irrlehre unter den Christen in Kolossä hob diese niedereren Geistwesen hervor, Paulus macht jedoch deutlich, dass Jesus weit über ihnen steht.
3. Das Wirken Jesu in seinem Volk durch die geistliche Beschneidung, veranschaulicht durch die Taufe
Kolosser 2, 11-12
Kolosser 2, 11-12 In ihm seid ihr auch beschnitten mit einer Beschneidung, die nicht von Menschenhand geschehen ist, durch das Ablegen des fleischlichen Leibes der Sünden, in der Beschneidung des Christus, da ihr mit ihm begraben seid in der Taufe. In ihm seid ihr auch mitauferweckt worden durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat.
In ihm seid ihr auch beschnitten: Die meisten der Christen in Kolossä waren Heiden, die nie körperlich beschnitten worden waren. Paulus versichert ihnen, dass sie im geistlichen Sinne beschnitten wurden, was noch wichtiger ist als die körperliche Beschneidung.
Die Christen in Kolossä hatten mit einer ganzen Reihe von Irrlehren zu kämpfen. Sie hatten nicht nur falsche Vorstellungen von Jesus, sondern auch falsche Vorstellungen über Dinge wie die Beschneidung. Offenbar wurde ihnen beigebracht, dass sie beschnitten werden müssten, um es Gott recht zu machen. Paulus macht deutlich, dass sie beschnitten wurden, nämlich durch das Ablegen des fleischlichen Leibes der Sünden.
„Wahrscheinlich maßen die Irrlehrer der Beschneidung einen hohen Wert bei und wollten sie den Kolossern aufdrängen, und zwar nicht als unerlässlich für die Erlösung – in diesem Fall wäre Paulus definitiv dagegen angegangen – sondern mit dem Argument, dass die Beschneidung ihnen mehr Heiligkeit verleihen würde.“ (Peake)
Unsere geistliche Beschneidung bedeutete das Ablegen des alten Menschen. „Das griechische Wort für ‚Ablegen‘, hat zweierlei Bedeutung: es bezeichnet sowohl ‚entfernen‘ als auch ‚wegwerfen‘. Die Symbolik ist das Wegwerfen – oder das Entsorgen – eines schmutzigen Kleidungsstücks.“ (Vaughn)
Seid ihr auch beschnitten: „Es wird auf eine bestimmte historische Tatsache Bezug genommen, wie der Aorist [punktuelle Vergangenheitsform] zeigt. Dies war ihre Bekehrung, die innere Beschneidung des Herzens, durch die sie in die Segnungen des Neuen Bundes eintraten.“ (Peake)
In der Beschneidung des Christus, da ihr mit ihm begraben seid in der Taufe: Paulus sagt, dass die Heidenchristen ihre wahre Beschneidung in der Taufe finden. Christen müssen sich nicht beschneiden lassen, sie müssen getauft werden.
Schon im Alten Testament wird bestätigt, dass es zwei Arten der Beschneidung gibt: die Beschneidung des Körpers und die des Herzens (5. Mose 10, 16 und 30, 6; Jeremia 4, 4 und 9, 25; Hesekiel 44, 7 und 44, 9). Die aufrichtige Taufe zeigt, dass die wirkliche ‚Beschneidung des Herzens‘ stattgefunden hat.
Da ihr mit ihm begraben seid in der Taufe. In ihm seid ihr auch mitauferweckt worden durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes: Die Taufe bestätigt die Beschneidung, aber sie veranschaulicht diese nicht. Die Taufe veranschaulicht jedoch unsere Identifikation mit dem Tod und der Auferstehung Jesu. Wir wurden mit Jesus begraben, im Wasser begraben. Wir sind auch in ihm mitauferweckt worden und aus dem Wasser auferstanden.
Es ist, als ob Paulus schrieb: „Die Beschneidung ist nicht wichtig; wichtig ist das geistliche Wegschneiden des Fleisches, das Jesus im Leben eines jeden Gläubigen vornimmt. Wenn man will, dass eine Zeremonie diese geistliche Verwandlung im Leben kennzeichnet, dann muss man sein Augenmerk auf die Taufe und nicht auf die Beschneidung richten.“
Da Paulus hier einen Zusammenhang zwischen Beschneidung und Taufe hergestellt hat, sagen einige – besonders reformierte Theologen -, dass Babys, so wie sie beschnitten wurden, auch getauft werden sollten. Damit wird aber die Analogie des Paulus zwischen Beschneidung und Taufe zu weit getrieben und Beispiele für die Taufe in der Apostelgeschichte vernachlässigt. Paulus sagt nicht, dass Beschneidung und Taufe dasselbe sind, sondern dass die Beschneidung für die Erlösung unnötig ist, weil wir uns mit Jesus identifizieren und getauft werden, um das zu zeigen.
„Der Schwerpunkt des Verses liegt jedoch nicht auf der Analogie zwischen Beschneidung und Taufe; dieses Konzept wird zwar angedeutet, aber bald verworfen, und der Gedanke verlagert sich auf die Taufe als Symbol für die Teilnahme des Gläubigen am Begräbnis und an der Auferstehung Christi.“ (Vaughn)
Durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes: Dies macht deutlich, dass Paulus verstanden hat, dass die Kraft der Wiedergeburt nicht in der Taufe liegt oder durch den Akt der Taufe empfangen wird, sondern durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes.
4. Das Wirken Jesu in seinem Volk durch sein Werk am Kreuz
Kolosser 2, 13-15
Kolosser 2, 13-15 Er hat auch euch, die ihr tot wart in den Übertretungen und dem unbeschnittenen Zustand eures Fleisches, mit ihm lebendig gemacht, indem er euch alle Übertretungen vergab; und er hat die gegen uns gerichtete Schuldschrift ausgelöscht, die durch Satzungen uns entgegenstand, und hat sie aus dem Weg geschafft, indem er sie ans Kreuz heftete. Als er so die Herrschaften und Gewalten entwaffnet hatte, stellte er sie öffentlich an den Pranger und triumphierte über sie an demselben.
Euch, die ihr tot wart: Dies ist der Zustand eines jeden Menschen, bevor er durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes, wie es Paulus in Kolosser 2, 12 beschrieben hat, in ihm mitauferweckt wird. Bevor wir neues Leben haben, sind wir tot. Die Bibel hat viele Beschreibungen für Männer und Frauen, die getrennt von Jesus Christus sind, und dies ist eine der heftigsten. Ein kranker Mensch braucht vielleicht einen Arzt, aber ein toter Mensch braucht einen Erlöser.
Wir werden nicht nur lebendig gemacht, sondern zusammen mit ihm lebendig gemacht. „Ist es wahr, dass er uns das Leben von den Toten geschenkt hat? Er gab uns die Vergebung der Sünde; er gab uns Gerechtigkeit. Das sind alles kostbare Dinge, aber man kann erkennen, dass wir uns damit nicht zufriedengeben; wir haben Christus selbst empfangen. Der Sohn Gottes ist in uns ausgegossen worden, und wir haben ihn aufgenommen und ihn angenommen.“ (Spurgeon)
Tot wart in den Übertretungen und dem unbeschnittenen Zustand euresFleisches: Bevor wir neues Leben in Jesus haben, sind wir totin unseren Übertretungen. Eine Übertretung ist eine bestimmte Art von Sünde: das Überschreiten einer Grenze. Wir sind tot, weil wir in unserer Sünde und Rebellion Gottes Grenzen überschritten haben.
Er hat auch euch … mit ihm lebendig gemacht: Wir können uns nicht selbst lebendig machen, aber Gott kann uns zusammen mit Jesus lebendig machen. Wir können niemals getrennt von Jesus lebendig gemacht werden.
Die neue Geburt (lebendig gemacht) und die Reinigung (indem er euch alle Übertretungen vergab) gehören zusammen als Merkmale des Neuen Bundes, wie es im Alten (Hesekiel 36, 25-27) und Neuen Testament (Johannes 3, 5) prophezeit wurde.
Vergab ist das altgriechische Wort charizomai – eine Verbform des altgriechischen Wortes charis (Gnade). Uns ist durch Gnade vergeben worden.
Und er hat die gegen uns gerichtete Schuldschrift ausgelöscht: Die Schuldschrift beinhaltet eine Liste unserer Vergehen oder unserer moralischen Schuld vor Gott, eine Schuld, die kein unvollkommener Mensch vollständig begleichen kann. Aber sie kann aus dem Weg geschafft werden, indem sie von einem vollkommenen Menschen, Jesus Christus, beglichen wird.
Der Begriff Schuldschrift ist ein allgemeines Wort für ein handgeschriebenes Dokument und wurde unterschiedlich ausgelegt. Manche verstehen es in einem juristischen Sinne und meinen, es stelle die Anklage gegen einen Gefangenen dar oder das Geständnis eines Unrechts, das ein Gefangener abgelegt hat. Andere sehen darin einen finanziellen Sinn und betrachten es als ein Art Lastschrift oder ein Kontoauszug, der zeigt, dass wir vor Gott bankrott sind. So oder so bedeutet es, dass das Dokument, das uns einst verurteilte, nun aus dem Weg geräumt wird, da es an das Kreuz genagelt wurde.
„Die zehn Gebote haben sich gewissermaßen zusammengeschlossen, um eine Anklageschrift gegen uns zu verfassen. Das erste Gebot sagt: ‚Er hat mich gebrochen‘. Das zweite schreit: ‚Er hat mich gebrochen‘, – das dritte: ‚Er hat mich gebrochen‘; und alle zehn zusammen haben gegen jeden von uns dieselbe Anklage erhoben; das ist die Handschrift des Gesetzes, das jeden Menschen, der von einer Frau geboren wird, verurteilt, solange er in seinem ursprünglichen Zustand verbleibt.“ (Spurgeon)
„Man könnte sogar sagen, dass er die Dokumente mitsamt den Anordnungen und alles andere nahm und es an sein Kreuz nagelte, als einen Akt triumphierenden Trotzes gegen jene erpresserischen Mächte, die diese Sachen vor Männer und Frauen hielten, um deren Gefolgschaft zu erzwingen.“ (Bruce)
Nach Vincent ist das altgriechische Wort, das mit ausgelöscht übersetzt wird, eine Zusammensetzung aus dem Wort salben und der Vorsilbe, die vollständig bedeutet. Der Gedanke dahinter ist, dass etwas vollständig ausgelöscht wurde, und in der Antike wurde der Begriff verwendet, um eine Wand zu übertünchen oder eine Wand mit Gold zu überziehen. Es bedeutet, dass die Anschuldigungen gegen uns vollständig weggewischt und überdeckt wurden.
Indem er sie ans Kreuz heftete: Jesus bezahlte nicht nur für die Schrift, die uns anklagte; Er schaffte sie auch aus dem Weg und heftete sie ans Kreuz. Er tat alles, was möglich war, um sicherzustellen, dass uns die gegen uns gerichteteSchuldschrift nicht mehr anklagen konnte.
„Als Paulus auf das Kreuz schaute, sah er dort stattdessen den Titulus [= Inschrift], der die Anklage gegen das ganze Volk Jesu zum Ausdruck brachte, das geschriebene Gesetzbuch, das ihnen entgegenstand und sie vom Leben in einem neuen Zeitalter ausschloss. Und es war Gott, nicht Pilatus, der es dort hingestellt hatte.“ (Wright)
Wir erinnern uns, dass die Anschuldigungen mit den Verbrechen Jesu an das Kreuz genagelt und über seinem Kopf aufgehängt wurden (Matthäus 27, 37). Da wir uns mit Jesus in seinem Tod am Kreuz identifizieren (Römer 6, 3-8), ist es so, als ob auch die die gegen uns gerichteteSchuldschrift an das Kreuz genagelt wurde, genau wie die Anklage gegen Jesus.
Die Herrschaften und Gewalten entwaffnet hatte: Ein weiterer Aspekt von Jesu Wirken am Kreuz ist, dass er Herrschaften und Gewalten entwaffnet hatte. Diese Scharen feindseliger Engelwesen (Römer 8, 38; Epheser 1, 21; Epheser 3, 10; Epheser 6, 12) können nicht dieselben Waffen gegen Christen einsetzen, wie gegen diejenigen, die nicht in Jesus sind.
Die Weltmächte jener Zeit – Rom, die größte Regierungsmacht, und das Judentum, die größte religiöse Macht – verschworen sich, um den Sohn Gottes ans Kreuz zu bringen. „Diese Mächte, verärgert über seine Infragestellung ihrer Souveränität, zogen ihn nackt aus, gaben ihn der öffentlichen Verspottung preis und feierten einen Triumph über ihn.“ (Wright) Hier zeigt uns Paulus erneut das Paradoxon des Kreuzes; nämlich dass der siegreiche Jesus die geistlichen Mächte, die diese irdischen Mächte beseelten, nahm und sie entkleidete, sie der Verspottung preisgab und öffentlich über sie triumphierte.
Wir können nur erahnen, wie Satan und jeder finstere schadenfrohe Dämon Jesus angriffen, als er für uns am Kreuz hing, als wäre er ein schuldiger Sünder. „Als er dort hing und scheinbar schwach, mit Händen und Füßen an das Holz gebunden war, bildeten sie sich ein, sie hätten ihn in ihrer Gewalt und warfen sich in feindseliger Absicht auf ihn. Doch weit davon entfernt, ihren Angriff widerstandslos zu erleiden, packte er sie und überwältigte sie, indem er ihnen die Rüstung, der sie vertrauten, abnahm und sie mit seinen ausgestreckten Händen hoch erhoben hielt und dem Universum ihre Hilflosigkeit und seine eigene unbesiegbare Stärke vor Augen führte.“ (Bruce)
Paulus schrieb an anderer Stelle, dass, wenn die Herrscher dieses Zeitalters – womit er sowohl die geistlichen Mächte der Finsternis als auch ihre irdischen Vertreter meinte – gewusst hätten, was am Kreuz geschehen würde, sie Jesus niemals gekreuzigt hätten (1. Korinther 2, 8). Sie besiegten sich selbst, und sie wussten es nicht einmal.
Welche Waffen haben dämonische Geister deshalb jetzt noch gegen den Gläubigen? Sie sind entwaffnet, abgesehen von ihrer Fähigkeit, zu täuschen und Angst zu erzeugen. Es sind wirksame ‚Waffen‘, die überhaupt keine greifbaren Waffen sind. Dämonische Geister haben nur dann Macht über uns, wenn wir sie ihnen durch den Glauben an ihre Lügen gewähren. Die Waffen sind in unseren Händen, nicht in denen der Dämonen. Wir werden eines Tages sehen, wie viel Angst sie vor uns hatten.
Triumphierte über sie: Ähnliche Formulierungen verwendete Paulus im 2. Korinther 2, 14, wo er die römische Siegesparade im Sinn hatte, bei der ein siegreicher Feldherr seine besiegten Gefangenen im Triumph durch die Straßen führte.
Vielleicht dachte Satan einen Moment lang, dass er am Kreuz gewonnen hatte. Aber der imaginäre Sieg der Hölle wurde in eine Niederlage verwandelt, die jeden geistigen Feind entwaffnet, der gegen diejenigen kämpft, die unter dem Licht und der Kraft des Kreuzes leben. Das „öffentlich an den Pranger“-Stellen der besiegten dämonischen Geister macht ihre Niederlage umso erniedrigender.
„Christus ist in diesem Bild der siegreiche Feldherr; die Mächte und Gewalten sind der besiegte Feind, der vor dem ganzen Universum als Beute der Schlacht dargestellt wird.“ (Vaughn)
„Der Tod Christi war nicht nur eine Begnadigung; er war auch eine Machtdemonstration. Er beglich nicht nur eine Schuld, sondern war ein glorreicher Triumph.“ (Erdman)
5. Die Anwendung der Wahrheit von Jesu Sieg auf die kolossische Häresie
Kolosser 2, 16-17
Kolosser 2, 16-17 So lasst euch von niemand richten wegen Speise oder Trank, oder wegen bestimmter Feiertage oder Neumondfeste oder Sabbate, die doch nur ein Schatten der Dinge sind, die kommen sollen, wovon aber der Christus das Wesen hat.
So lasst euch von niemand richten: Der Anfang ‚so‘ ist wichtig. Er verbindet diesen Gedanken mit dem vorangehenden. Weil Jesus einen so glorreichen Sieg am Kreuz errungen hat, dürfen wir uns weder wegen Speise oder Trank noch wegen anderer Gesetzesfragen richten lassen. Ein Leben, das sich auf Jesus und das, was er am Kreuz getan hat, konzentriert, hat keinen Platz für Gesetzlichkeiten.
„Es wäre in der Tat absurd, wenn diejenigen, die den Nutzen aus dem Sieg Christi gezogen hatten, sich freiwillig unter die Kontrolle der Mächte begeben würden, die er erobert hatte.“ (Bruce)
Speise oder Trank, oder wegen bestimmter Feiertage oder Neumondfeste oder Sabbate, die doch nur ein Schatten der Dinge sind, die kommen sollen: Das alttestamentliche Gesetz hatte gewisse Bestimmungen, die in Jesus abgeschafft wurden, z.B. in Bezug auf Essen und Sabbate. Es ist nicht so, dass diese Gesetze schlecht waren, sondern einfach, dass sie ein Schatten der Dinge waren, die kommen sollen. Sobald Jesus Christus gekommen ist, brauchen wir keinen Schatten mehr.
Es ist eindeutig: Feiertage und Speisen, wie sie nach dem mosaischen Gesetz eingehalten werden, sind für das Volk des Neuen Bundes nicht bindend. Der Schatten ist vorüber, die Wirklichkeit ist gekommen. Für den Christen sind also alle Speisen rein (1. Timotheus 4, 4-5), und alle Tage gehören Gott.
Es steht den Christen daher frei, eine koschere Ernährungsweise zu haben oder den Sabbat einzuhalten, wenn sie es möchten. Dagegen ist nichts einzuwenden. Sie sollen nur nicht glauben, dass koscheres Essen oder die Einhaltung des Sabbats sie Gott näher bringt, und sie dürfen nicht über Brüder und Schwestern richten, die sich nicht an solche Gesetze halten.
„Die Vorschriften des Judentums wurden für die Zeit entworfen, als das Volk Gottes aus einer völkisch, kulturellen und geographischen Einheit bestand, und sind jetzt, da dieses Volk zu einer weltweiten Familie wird, einfach überholt. Sie waren die ‚Schatten‘, die das herannahende neue Zeitalter vor sich herwirft.“ (Wright)
6. Paulus tadelt die seltsame Mystik der kolossischen Häresie
Kolosser 2, 18-19
Kolosser 2, 18-19 Lasst nicht zu, dass euch irgendjemand um den Kampfpreis bringt, indem er sich in Demut und Verehrung von Engeln gefällt und sich in Sachen einlässt, die er nicht gesehen hat, wobei er ohne Grund aufgeblasen ist von seiner fleischlichen Gesinnung, und nicht festhält an dem Haupt, von dem aus der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder unterstützt und zusammengehalten, heranwächst in dem von Gott gewirkten Wachstum.
Sich in Demut und Verehrung von Engeln gefällt: Diese Aspekte der falschen Demut und der Verehrung von Engeln waren Teil der falschen Lehre, die die Christen in Kolossä verwirrte. Deshalb greift Paulus diese Themen im gesamten Kolosserbrief immer wieder auf. Das Gegenmittel für diese beiden falschen Lehren ist schlichtweg Jesus; ihn über die Engel zu erheben und zu erkennen, dass es wegen seines vollendeten Werkes nichts gibt, worauf man stolz sein könnte.
„Das heißt, dass die Irrlehrer wahrscheinlich davon überzeugt waren, dass ihre Verehrung der Engel und eben nicht des höchsten Gottes ein Ausdruck der Demut ihrerseits sei.“ (Vaughn)
„Ihre Demut fand Ausdruck in der Engelsanbetung. Es ist daher wohl die eigene Geringschätzung, die einen Menschen dazu veranlasst, sich für unwürdig zu halten, um in die Gemeinschaft mit Gott zu kommen, und ihn daher zur Anbetung der Engel veranlasst“. (Peake)
Falsche Demut und die Verehrung von Engeln machen niemanden gläubiger. Stattdessen macht uns das Festhalten an dem Haupt (Jesus) wahrhaft gläubig.
Sich in Sachen einlässt, die er nicht gesehen hat, wobei er ohne Grund aufgeblasen ist von seiner fleischlichen Gesinnung, und nicht festhält an dem Haupt: Das beschreibt die geistliche Arroganz dieser falschen Lehrer und derer, die glaubten, was sie lehrten. Es gibt nur wenige Dinge, die unter Christen gefährlicher sind als geistlicher Stolz und Arroganz.
Sich in Sachen einlässt, die er nicht gesehen hat: „Das ist eine Fehlinterpretation. Die korrekte Übersetzung sollte lauten: „Eine Reihe von Dingen machen, die er gesehen hat“. Der Gnostiker war stolz auf seine besonderen Visionen von geheimen Dingen, die gewöhnliche Männer und Frauen nicht sehen konnten.“ (Barclay)
Ohne Grund aufgeblasen: „Ohne Grund aufgeblasen charakterisiert die Leere einer solchen Anmaßung; aufgeblasen ist der aufgeblasene intellektuelle Stolz derer, die das tun. Die Demut wird so als aufgesetzt und die Lehrer als Scharlatane charakterisiert.“ (Vincent)
Von dem aus der ganze Leib: Wenn diese seltsamen, mystischen Bewegungen in der Kirche entstehen, sprechen sie nicht den ganzen Leib an, sondern nur einige wenige ‚Elite‘-Christen. Das ist nicht der Fall unter dem Haupt, Jesus, – er will, dass der ganze Leib zusammenwächst.
Heranwächst in dem von Gott gewirkten Wachstum: Dies ist Gottes Plan für das Gemeindewachstum. Wir bleiben treu und verbunden mit Jesus (unserem Haupt), und Gott sorgt für Wachstum.
7. Paulus tadelt das Wesen des Legalismus
Kolosser 2, 20-23
Kolosser 2, 20-23 Wenn ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid, weshalb lasst ihr euch Satzungen auferlegen, als ob ihr noch in der Welt lebtet? »Rühre das nicht an, koste jenes nicht, betaste dies nicht!« — was doch alles durch den Gebrauch der Vernichtung anheimfällt — [Gebote] nach den Weisungen und Lehren der Menschen, die freilich einen Schein von Weisheit haben in selbst gewähltem Gottesdienst und Demut und Kasteiung des Leibes, [und doch] wertlos sind und zur Befriedigung des Fleisches dienen.
Nicht … nicht … nicht … : Dies ist eine perfekte Beschreibung der legalistischen Religion, die mehr durch das, was wir nicht tun, als durch das, was wir tun, definiert wird. Das Christentum ist eine moralische Religion; es hat klare moralische Grenzen. Aber in seinen Grundfesten ist das Christentum eine Religion des positiven Handelns.
Wenn ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid: Sich daran zu erinnern, ist der Schlüssel, um über dem Legalismus zu leben. Unsere Identifikation mit Jesus sowohl in seinem Tod als auch in seiner Auferstehung (wie bereits in Kolosser 2, 12 erwähnt) wird zur Grundlage unseres christlichen Lebens und nicht unsere Gesetzestreue.
Den Grundsätzen der Welt gestorben: „Es gibt Dinge, die durch ihren Gebrauch kaputt gehen. Ihre Benutzung, ihr Verzehr oder ähnliches führt zu ihrer Zerstörung. Nahrung, einmal gegessen, hört auf, Nahrung zu sein. Das sind nicht die Dinge, auf die es wirklich ankommt; das sind nicht die Grundlagen.“ (Bruce)
Nach den Weisungen und Lehren der Menschen: Ein Aspekt des Legalismus ist, dass die Lehren der Menschen als die Gesetze Gottes propagiert werden.
Die freilich einen Schein von Weisheit haben … [und doch] wertlos sind und zur Befriedigung des Fleisches dienen: Wir könnten dies als die größte Anklage gegen den Legalismus in der Bibel betrachten. Im Grunde haben die Regeln des Legalismus keinen Wert, wenn es darum geht, die Befriedigung des Fleisches einzuschränken.
All diese legalistischen Regeln haben vielleicht den Schein von Weisheit, aber sie haben keinen wirklichen Wert. Legalismus zügelt das Fleisch nicht; er nährt das Fleisch auf eine subtile, machtvolle Weise. „Tatsächlich kann die strengste Askese mit unsäglich geistlichem Stolz koexistieren, einem der subtilsten und hartnäckigsten der ‚Werke des Fleisches‘.“ (Bruce)
Selbst gewähltem Gottesdienst bedeutet, dass der Mensch versucht, vor Gott gerecht zu werden durch das Einhalten einer Liste von Regeln. Das Christentum bedeutet aber, dass Gott den Menschen in Liebe durch Christus bereits gerecht gemacht hat.
Kolosser 2 – Die Antwort auf die Häresie der Kolosser
A. Paulus´ Kampf
1. Das Ausmaß von Paulus´ Kampf für die Kolosser und andere
Kolosser 2, 1
Kolosser 2, 1
Ich will aber, dass ihr wisst, welch großen Kampf ich habe um euch und um die in Laodizea und um alle, die mich nicht von Angesicht gesehen haben,
2. Paulus‘ konkrete Anliegen und Ziele im geistlichen Kampf
Kolosser 2, 2-3
Kolosser 2, 2-3
Damit ihre Herzen ermutigt werden, in Liebe zusammengeschlossen und mit völliger Gewissheit im Verständnis bereichert werden, zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, des Vaters, und des Christus, in welchem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen sind.
3. Paulus‘ ernste Warnung
Kolosser 2, 4
Kolosser 2, 4
Das sage ich aber, damit euch nicht irgendjemand durch Überredungskünste zu Trugschlüssen verleitet.
4. Paulus‘ Vertrauen in ihren derzeitigen Zustand
Kolosser 2, 5-7
Kolosser 2, 5-7
Denn wenn ich auch leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und sehe mit Freuden eure Ordnung und die Festigkeit eures Glaubens an Christus. Wie ihr nun Christus Jesus, den Herrn, angenommen habt, so wandelt auch in ihm, gewurzelt und auferbaut in ihm und gefestigt im Glauben, so wie ihr gelehrt worden seid, und seid darin überfließend mit Danksagung.
B. Paulus warnt vor der kolossischen Häresie und widerlegt sie
1. Eine Warnung: Lasst euch nicht von Philosophien und Traditionen täuschen
Kolosser 2, 8
Kolosser 2, 8
Habt acht, dass euch niemand beraubt durch die Philosophie und leeren Betrug, gemäß der Überlieferung der Menschen, gemäß den Grundsätzen der Welt und nicht Christus gemäß.
2. Die Vollkommenheit Jesu und unsere Verbindung mit ihm zeigen, dass andere Philosophien und Traditionen unnötig sind
Kolosser 2, 9-10
Kolosser 2, 9-10
Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig; und ihr seid zur Fülle gebracht in ihm, der das Haupt jeder Herrschaft und Gewalt ist.
3. Das Wirken Jesu in seinem Volk durch die geistliche Beschneidung, veranschaulicht durch die Taufe
Kolosser 2, 11-12
Kolosser 2, 11-12
In ihm seid ihr auch beschnitten mit einer Beschneidung, die nicht von Menschenhand geschehen ist, durch das Ablegen des fleischlichen Leibes der Sünden, in der Beschneidung des Christus, da ihr mit ihm begraben seid in der Taufe. In ihm seid ihr auch mitauferweckt worden durch den Glauben an die Kraftwirkung Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat.
4. Das Wirken Jesu in seinem Volk durch sein Werk am Kreuz
Kolosser 2, 13-15
Kolosser 2, 13-15
Er hat auch euch, die ihr tot wart in den Übertretungen und dem unbeschnittenen Zustand eures Fleisches, mit ihm lebendig gemacht, indem er euch alle Übertretungen vergab; und er hat die gegen uns gerichtete Schuldschrift ausgelöscht, die durch Satzungen uns entgegenstand, und hat sie aus dem Weg geschafft, indem er sie ans Kreuz heftete. Als er so die Herrschaften und Gewalten entwaffnet hatte, stellte er sie öffentlich an den Pranger und triumphierte über sie an demselben.
5. Die Anwendung der Wahrheit von Jesu Sieg auf die kolossische Häresie
Kolosser 2, 16-17
Kolosser 2, 16-17
So lasst euch von niemand richten wegen Speise oder Trank, oder wegen bestimmter Feiertage oder Neumondfeste oder Sabbate, die doch nur ein Schatten der Dinge sind, die kommen sollen, wovon aber der Christus das Wesen hat.
6. Paulus tadelt die seltsame Mystik der kolossischen Häresie
Kolosser 2, 18-19
Kolosser 2, 18-19
Lasst nicht zu, dass euch irgendjemand um den Kampfpreis bringt, indem er sich in Demut und Verehrung von Engeln gefällt und sich in Sachen einlässt, die er nicht gesehen hat, wobei er ohne Grund aufgeblasen ist von seiner fleischlichen Gesinnung, und nicht festhält an dem Haupt, von dem aus der ganze Leib, durch die Gelenke und Bänder unterstützt und zusammengehalten, heranwächst in dem von Gott gewirkten Wachstum.
7. Paulus tadelt das Wesen des Legalismus
Kolosser 2, 20-23
Kolosser 2, 20-23
Wenn ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid, weshalb lasst ihr euch Satzungen auferlegen, als ob ihr noch in der Welt lebtet? »Rühre das nicht an, koste jenes nicht, betaste dies nicht!« — was doch alles durch den Gebrauch der Vernichtung anheimfällt — [Gebote] nach den Weisungen und Lehren der Menschen, die freilich einen Schein von Weisheit haben in selbst gewähltem Gottesdienst und Demut und Kasteiung des Leibes, [und doch] wertlos sind und zur Befriedigung des Fleisches dienen.
© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.