Philipper 2 – Ein demütiges Leben nach dem Vorbild der Demut Jesu
A. Wie Paulus sich das Zusammenleben der Philipper miteinander wünscht
1. Die Grundlage für Paulus’ Ermahnung an die Philipper
Philipper 2, 1
Philipper 2, 1 Gibt es nun [bei euch] Ermahnung in Christus, gibt es Zuspruch der Liebe, gibt es Gemeinschaft des Geistes, gibt es Herzlichkeit und Erbarmen,
Im vorangegangenen Kapitel (Phil 1, 27-30) hat Paulus beschrieben, wie man für Gott standhaft bleiben kann gegenüber Konflikten von außen. Nun erläutert er, wie man gegen Konflikte innerhalb des Leibes Christi, der Gemeinde, vorgehen soll.
Gibt es nun [bei euch]: Hier beschreibt Paulus die Grundlage für seine Ermahnung zu Einheit, Demut und Liebe zwischen Gläubigen: Wenn die Christen in Philippi die genannten Dinge empfangen haben, dann haben sie auch die Verantwortung zu tun, was er im Folgenden beschreibt.
„Es ist überaus schwierig wiederzugeben, mit welchem Nachdruck Paulus hier seine Formulierungen wählt; sie gleichen einer Sturzflut außerordentlich ergreifender Eloquenz; der Apostel schüttet diesen Menschen, die er von ganzem Herzen liebt und die seiner Liebe selbst als Apostel würdig waren, sein ganzes Herz aus.“ (Clarke)
Gibt es nun [bei euch] Ermahnung in Christus: Das hier mit ‚Ermahnung‘ übersetzte Wort ist in einem ermutigenden Sinn zu verstehen. (andere Übersetzungen verwenden hier z.B. das Wort ‚Ermunterung‘, ELB). Paulus stellt hier eine rhetorische Frage, da er weiß, dass es in Christus große, ermutigende Ermahnung gibt. Jeder Christ sollte diese Ermahnung in Christus kennen.
In Lukas 2, 25 wird einer der Titel Jesu als Messias mit der Trost Israels genannt. Paulus konnte im 2. Korinther 1, 5 sagen: Denn wie die Leiden des Christus sich reichlich über uns ergießen, so fließt auch durch Christus reichlich unser Trost. In 2. Thessalonicher 2, 16 sagt Paulus, dass Gott uns geliebt hat und uns einen ewigen Trost und eine gute Hoffnung gegeben hat durch Gnade. Natürlich gibt es ermutigende Ermahnung in Christus!
„Der Heilige Geist ermuntert, aber Christus ist die Ermunterung. Wenn ich dieses Bild benutzen darf – der Heilige Geist ist der Arzt, aber Christus ist die Medizin.“ (Spurgeon)
Gibt es Zuspruch der Liebe: Dies ist die zweite rhetorische Frage, die Paulus hier stellt, und er bekräftigt dabei den großen Zuspruch der Liebe. Jeder Christ sollte wissen, was es bedeutet, wenn Jesus einem den Zuspruch der Liebe gibt.
In 2. Korinther 1, 3 steht, dass Gott der Gott allen Trostes ist. Es ist unmöglich, dass er uns nicht trösten könnte, und es gibt keine Umstände, in denen man unerreichbar für seinen Trost wäre. Sein Trost ist nicht einfach nur Trost, sondern Zuspruch der Liebe.
Das Wort Zuspruch an dieser Stelle entspricht dem altgriechischen Wort paraklesis. Die Bedeutung dieses Wortes im Neuen Testament beinhaltet mehr als besänftigendes Mitgefühl. Es bedeutet Stärkung, Hilfe, Kräftigung. Die Bedeutung wird ebenso durch das lateinische Wort für Zuspruch (fortis) ausgedrückt, welches auch ‚mutig‘ bedeutet. Die Liebe Gottes in unserem Leben macht uns stark und mutig. Natürlich gibt es Zuspruch der Liebe!
Gibt es Gemeinschaft des Geistes: Dies ist die dritte rhetorische Frage, die Paulus hier stellt. Paulus kannte und schätzte die Gemeinschaft des Geistes und jeder Christ sollte wissen, was es bedeutet, die Gemeinschaft des Geistes zu haben.
Gemeinschaft übersetzt das altgriechische Wort kononia. Es bedeutet, dass man gemeinsam an etwas Anteil hat. Wir haben Anteil am Leben mit dem Geist Gottes, welches wir zuvor nicht kannten. Der Heilige Geist füllt, führt und bewegt unser Leben auf eine kraftvolle und wertvolle Art und Weise. Natürlich gibt es Gemeinschaft des Geistes!
„Normalerweise bewässert der Herr die heilige Gemeinschaft seines Volkes gnädig mit dem Tau vieler süßer und herrlicher Erfrischungen, so dass sie geradezu den Himmel auf Erden haben.“ (Trapp)
Gibt es Herzlichkeit und Erbarmen: Die letzte rhetorische Frage geht davon aus, dass jeder Christ die Herzlichkeit und das Erbarmen Gottes kennt.
Die Art und Weise, wie Paulus diese Dinge erwähnt, weist darauf hin, dass sie alle ein offensichtlicher Teil der Erfahrungen eines Christen sein sollten. Um seine Aussage rhetorisch zu bekräftigen, hätte er genauso gut sagen können „Wenn Wasser nass ist, wenn Feuer heiß ist, wenn Felsen hart sind“ und so weiter.
Jede dieser Gaben – Ermahnung in Christus, Zuspruch der Liebe, Gemeinschaft des Geistes, Herzlichkeit und Erbarmen – wird uns sowohl in direkter geistlicher Weise von Jesus also auch von Jesus durch sein Volk gegeben. Aber es gibt keinerlei Zweifel daran, dass dies wirkliche Gaben für Christen sind, die sie wirklich erfahren können.
2. Paulus konkretisiert seine Ermahnung an die Philipper bezüglich der Liebe und Demut unter Gläubigen
Philipper 2, 2-4
Philipper 2, 2-4 So macht meine Freude völlig, indem ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und auf das eine bedacht seid. Tut nichts aus Selbstsucht oder nichtigem Ehrgeiz, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. Jeder schaue nicht auf das Seine, sondern jeder auf das des anderen.
Macht meine Freude völlig: Hier geht es um eine persönliche Bitte. Zum Teil wollte Paulus, dass die Philipper deshalb seinen Worten Beachtung schenken sollten, weil sie wussten, dass dies ihn als Gründer ihrer Gemeinde glücklich machen würde.
Indem ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und auf das eine bedacht seid: Diese Formulierungen drehen sich alle um ein und denselben Grundgedanken: eine tiefe, fortbestehende innere Einheit unter den Philippern.
Diese Einheit ist das Ziel. Die folgenden Verse in Philipper 2, 3-4 beschreiben, wie man die Einheit, die in Philipper 2, 2 genannt wird, erreichen und ausüben kann.
Tut nichts aus Selbstsucht: Das ist der erste Schritt, um diese Art der Einheit zu erreichen. Im Fleisch sind wir oft durch Selbstsucht und nichtigen Ehrgeiz motiviert. Vieles, was wir tun, tun wir nicht aus der Liebe zu anderen, sondern aus dem Verlangen, ‚voranzukommen‘ oder ‚aufzusteigen‘ (Eigennutz).
Paulus war es wichtig, die Selbstsucht als selbstsüchtigen Eifer zu tadeln. Nicht jeder Eifer ist selbstsüchtig, denn es gibt den guten Eifer für Gott, ihn zu verherrlichen und ihm zu dienen mit allem, was wir haben.
Tut nichts aus … nichtigem Ehrgeiz: Das ist der zweite Schritt, um diese Art der Einheit zu erreichen. NichtigerEhrgeiz bedeutet, dass man sich selbst zu hoch einschätzt, dass man maßlosen Eigennutz und maßlose Selbstbezogenheit lebt. Man könnte diesen Begriff wörtlich mit ‚leeren Ruhm‘ übersetzen.
Der mit Ehrgeiz übersetzte Begriff bedeutet „eine maßlos positive Meinung von den eigenen Fähigkeiten, der eigenen Wichtigkeit und Weisheit“ usw. Wenn wir mit diesem Gefühl leben, dass wir so wichtig, so fähig, so talentiert wären, sind wir nicht mehr in Gottes Willen – dann arbeiten wir gegen die Einheit, um die Paulus bei den Philippern und bei allen Christen so dringend bittet.
Sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst: Dieser dritte Schritt zur Einheit, die in Philipper 2, 2 beschrieben wurde, steht im direkten Gegensatz zur Gesinnung der Welt, denn Demut ist die wohl unattraktivste Einstellung in den Augen dieser Welt.
Im antiken Griechenland wurde Demut als Fehler betrachtet, nicht als Tugend. „Die heidnische und säkulare Vorstellung von der Menschheit ist die Selbstbehauptung, anderen den eigenen Willen aufzuzwingen; wenn irgendjemand sich vor einem anderen beugte, dann tat er das nur aus Zwang, deshalb war sein Verhalten schändlich. Der christliche ethische Begriff der Demut konnte vom säkularen Verstand nicht erreicht werden; ihm fehlte die geistliche Erde.“ (Lenski)
„Bei heidnischen Autoren hatte das Wort eine ganz grundsätzlich negative Bedeutung: ‚erbärmlich, unterwürfig‘. Aber durch die Verwendung im Neuen Testament wurde seine Bedeutung geadelt.“ (Wuest)
„Der Apostel wusste, dass man, um Eintracht zu schaffen, zuerst Demut empfangen muss. Menschen streiten nicht mehr, wenn es mit ihrem Eigennutz vorbei ist.“ (Spurgeon)
Achte einer den anderen höher als sich selbst: Dies weist einen großen Teil der Vorstellung von Selbstwertgefühl in unserer Kultur zurück. Die Bibel weiß nichts davon, dass wir in jeder Situation eine Haltung von selbstsicherer Überlegenheit vor uns hertragen sollten und müssten. Sie weiß nichts davon, dass dies das Fundament einer gesunden Persönlichkeit wäre.
Obwohl wir den Wert anerkennen, der jedem menschlichen Leben innewohnt, können wir nicht verleugnen, dass das niedrige Selbstwertgefühl einiger Menschen berechtigt ist und auf der Wirklichkeit basiert.
Wenn einer den anderen höher achtet, wird es uns auf ganz natürliche Weise ein Anliegen sein, auf die Bedürfnisse und Belange anderer zu achten. Diese Art von nach außen gerichteter Mentalität führt wiederum auf natürliche Weise zu einer Einheit im Volk Gottes.
Wenn ich dich höher achte als mich und du mich höher achtest als dich, dann geschieht etwas Großartiges: wir haben eine Gemeinschaft, in der zu jedem aufgesehen und auf niemanden herabgeblickt wird.
Jeder schaue nicht auf das Seine, sondern jeder auf das des anderen: Hier wird der Gedankengang vollendet. Wenn wir unseren Eigennutz, unsere Ruhmsucht und unsere Tendenz, zu viel und zu hoch von uns zu denken, ablegen, werden uns auf natürliche Art und Weise die Interessen und Bedürfnisse anderer mehr am Herzen liegen.
Paulus sagt uns hier nicht, dass es falsch wäre, auf unsere eigenen Interessen zu achten, sondern dass wir nicht ausschließlich auf unsere eigenen Interessen achten sollen.
B. Jesus, das ultimative Vorbild der Demut
Viele betrachten Philipper 2, 5-11 als eine Hymne der frühchristlichen Kirche, die Paulus in seinen Brief eingeflochten hat. Einige Kommentatoren gehen so weit und schlagen ein Arrangement von Versen und Strophen für die ‚Hymne‘ vor. Dies ist möglich, aber es ist keine notwendige Schlussfolgerung; Paulus war durchaus dazu in der Lage, solch einen inspirierten, poetischen Text selbst zu schreiben (z.B. 1. Korinther 13). Aus Gründen, welche später noch näher erläutert werden, wird diese Passage häufig als die kenosis Passage bezeichnet.
1. Paulus wendet die Lehre an, bevor er sie benennt
Philipper 2, 5
Philipper 2, 5 Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war,
Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war: Paulus wird in den folgenden Versen wunderbar detailliert die Gesinnung Jesu beschreiben. Hier jedoch sagt uns Paulus, bevor er diese Gesinnung beschreibt, was wir mit dieser Information tun müssen.
„Paulus beschreibt die Gesinnung Christi in diesen Versen nicht allumfassend. Er wählt die Eigenschaften unseres Herrn, welche in diesem Moment am besten zu den Bedürfnissen der Philipper passen … Der Mangel an Einheit unter den Heiligen in Philippi wurde zum Anlass für die vielleicht größte christologische [die Lehre über Jesu Person und Bedeutung betreffend] Passage des Neuen Testaments, die von der Tiefe seiner Menschwerdung widerhallt.“ (Wuest)
Ihr sollt so gesinnt sein: Es ist all zu leicht für uns, dass wir die folgende Beschreibung Jesu lesen und sie aus einem gewissen Abstand bewundern. Gott möchte, dass wir einerseits Ehrfurcht empfinden, aber andererseits auch erkennen, dass wir in diese Gesinnung eintreten und sie imitieren sollen. ‚Ihr sollt so gesinnt sein‘ bedeutet auch, dass es unsere Entscheidung ist, ob wir sie haben wollen.
Wir wollen bedenken, dass diese Gesinnung etwas ist, was Gott uns gibt. In 1. Korinther 2, 16 steht, dass wir den Sinn des Christus haben. Die Formulierung ‚Ihr sollt so gesinnt sein‘ zeigt uns jedoch, dass es auch unsere Entscheidung ist, ob wir darin wandeln wollen. Wir müssen uns dafür entscheiden.
2. Jesus war in der Gestalt Gottes
Philipper 2, 6a
Philipper 2, 6a Der, als er in der Gestalt Gottes war,
In der Gestalt Gottes: Dies beschreibt die Existenz Jesu vor seiner Menschwerdung. Wir müssen uns daran erinnern, dass Jesus nicht in einer Krippe in Bethlehem begann zu existieren, sondern dass er der ewige Gott ist.
War: Die altgriechische Entsprechung zu diesem Wort ist huparchein, welches „beschreibt, was ein Mensch in seinem Wesenskern ist und was sich nicht ändert. Es beschreibt den Teil eines Menschen, welcher unter jeglichen Umständen gleich bleibt.“ (Barclay)
„Indem er dieses griechische Wort benutzt, welches mit ‘war’ übersetzt wird, setzt Paulus seine Leser in Kenntnis darüber, dass unser Herr nicht seinen göttlichen Wesenskern verloren hat, als er auf die Erde kam und menschliche Gestalt annahm … Dieses Wort allein reicht aus, um die modernistische Behauptung zu widerlegen, dass unser Herr seine Göttlichkeit gänzlich abgelegt hätte, als er Mensch wurde.“ (Wuest)
Gestalt: Dies ist die Übersetzung des altgriechischen Wortes morphe. Es „bedeutet immer eine Gestalt, welche wahrhaftig und in vollem Umfang das Wesen ausdrückt, welches ihr zugrunde liegt … die Worte bedeuten ‚das Wesen in Gleichheit mit Gott.‘“ (Kennedy)
„Morphe ist die Essenz einer Gestalt, welche sich niemals ändert; schema ist die äußere Gestalt, welche sich mit der Zeit und mit wechselnden Umständen verändert.“ (Barclay)
„’Gott’ hat eine Gestalt und ‘Jesus Christus’ existiert in dieser Gestalt Gottes.“ (Lenski)
Wuest erklärt, dass das altgriechische Wort, welches mit Gestalt übersetzt ist, sehr schwer zu übersetzen ist. Wenn wir das Wort Gestalt benutzen, dann denken wir an die Form dieser Sache; das altgriechische Wort hat jedoch nichts von dieser Bedeutung. Es beinhaltet vielmehr den Gedanken des Wesenskerns; es ist die essentielle Wesensart Gottes, ohne dabei an eine äußerliche Form zu denken. „Das griechische Wort für ‘Gestalt’ bezieht sich auf den äußeren Ausdruck des inneren Wesenskerns einer Person.“
3. Jesus klammerte sich nicht an die Privilegien seiner Göttlichkeit
Philipper 2, 6b
Philipper 2, 6b Es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein;
Es nicht wie einen Raub festhielt: Im Altgriechischen ist damit etwas gemeint, wonach man greift oder woran man sich festklammert. Jesus klammerte sich nicht an die Vorrechte oder Privilegien der Göttlichkeit.
Wuest definiert das altgriechische Wort, welches mit Raub übersetzt wird, als „einen Schatz, den man unter allen Umständen festhalten und behalten muss.“
Gott gleich zu sein: Es ging nicht darum, dass Jesus versuchte, die Gleichheit mit dem Vater zu erreichen. Er hatte sie, und entschied sich dafür, sich nicht an sie zu klammern. Die göttliche Wesensart Jesu war nichts, wonach er suchen oder was er sich aneignen musste, sondern etwas, was ihm bereits gehörte.
Lightfoot schrieb, es war nicht „eine Beute, welche er nicht aus der Hand lassen wollte, ein Schatz, an welchen er sich unter allen Umständen klammern wollte.“ Jesus war bereit, einige der Vorrechte seiner Göttlichkeit loszulassen, um ein Mensch zu werden.
4. Jesus machte sich selbst zu nichts
Philipper 2, 7
Philipper 2, 7 Sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen;
Sondern er entäußerte sich selbst: Eine andere Übersetzung hiervon ist, dass er sich selbst ausschüttete. Das altgriechische Wort für sich selbst ausschütten (kenosis) bedeutet, dass die Menschwerdung Jesu im Wesentlichen eine Ausleerung seiner selbst war.
Wir müssen sorgfältig darüber nachdenken, was Jesus da ausgeschüttet hat. Paulus wird uns das in den folgenden Versen deutlich darlegen, aber wir müssen darauf Acht geben, dass wir nicht denken, Jesus hätte in irgendeiner Weise seine Göttlichkeit ausgeschüttet.
Einige entwickeln die kenotische Theorie der Menschwerdung so weit, dass sie darauf bestehen, dass Jesus sich vieler Merkmale der Göttlichkeit entäußerte, z.B. der Allwissenheit, Allmacht und Allgegenwart, und dass er sogar die Auslöschung seines eigenen göttlichen Selbstbewusstseins erlitt. Dennoch konnte Jesus nicht ‚weniger Gott‘ werden durch seine Menschwerdung. Es wurde nichts von seiner Göttlichkeit abgezogen (obwohl er auf einige seiner göttlichen Rechte verzichtete); vielmehr wurde seinem Wesen das Menschsein hinzugefügt.
„Während seiner Erniedrigung gab es für ihn – als Gott und in Gleichheit mit dem Vater – keinen Eingriff in die göttlichen Vorrechte; da er in der Wesensgleichheit war, hatte er eine Gleichheit der Rechte.“ (Clarke)
„Seine Selbsterniedrigung war freiwillig und eigenständig … der Sohn des Höchsten kann, nach seinem eigenen Belieben, seinen eigenen herrlichen Glanz zeigen oder verdecken, seine Fülle zurückhalten oder herauslassen, sich selbst erhöhen oder erniedrigen in Bezug auf uns.“ (Poole)
„Sogar als König, der die Zeichen seines Königtums beiseitelegt, und die Tracht eines Händlers anlegt, hört er die ganze Zeit nicht auf, König oder der Höchste seiner Herrschaftsbereiche zu sein.“ (Poole)
Nahm die Gestalt eines Knechtes an: Das beschreibt, wie Jesus sich selbst entäußerte. Obwohl er Knechtsgestalt annahm, entäußerte sich Jesus weder seiner Göttlichkeit noch einer seiner Eigenschaften oder seiner Gleichheit mit Gott. Er entäußerte sich selbst in die Gestalt eines Knechteshinein, nicht nur in die Gestalt eines Menschen.
Nahm … an (das altgriechische Wort labon) beschreibt nicht einen Tausch, sondern ein Hinzufügen.
Und wurde wie die Menschen: Hier wird weiter beschrieben, wie Jesus sich selbst entäußerte. Wir können uns jemanden vorstellen, der ein Diener ist, aber nicht wie die Menschen. Engel sind Diener, aber sie sind nicht wie die Menschen. Im Märchen ist der Geist aus der Lampe von Aladdin ein Diener, aber er ist nicht wie die Menschen.
Das Wort, das mit ‚wie‘ übersetzt wird, kann sich an dieser Stelle nur auf die äußere Erscheinung beziehen. Während Jesus die äußere Erscheinung des Menschseins hatte, reflektierte seine äußere Erscheinung sein wahres Menschsein, welches seiner Göttlichkeit hinzugefügt wurde.
„Seine Gleichheit war eine wahre Gleichheit, nicht nur eine phantomartige Menschlichkeit wie es die doketischen Gnostiker annahmen.“ (Robertson) (Doketismus spricht Jesus nur einen Scheinkörper zu, Gnostiker gingen davon aus, dass nur eine kleine Gruppe von Menschen mit exklusivem Wissen gerettet wird)
5. Das Ausmaß seiner Selbst-Entäußerung
Philipper 2, 8
Philipper 2, 8 Und in seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.
Erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam: Jesus erniedrigte sich selbst als er gehorsam wurde. Das ist etwas, was Jesus nur dadurch erleben konnte, dass er von dem Thron im Himmel herabgekommen und ein Mensch geworden ist. Wenn Gott in seiner himmlischen Herrlichkeit auf dem Thron sitzt, dann gibt es niemanden, dem er gehorcht. Jesus musste die Herrlichkeit des Himmels hinter sich lassen und wie ein Mensch werden, um gehorsam zu werden.
Ein Schlüssel zu Jesu Gehorsam auf der Erde war das Ertragen von Leid. Dies war ebenso etwas, was er nur durch Erfahrung im Rahmen seiner Menschwerdung lernen konnte. Wie geschrieben steht: obwohl er Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, den Gehorsam gelernt (Hebräer 5, 8).
Tatsächlich: er erniedrigte sich selbst.
Er erniedrigte sich selbst, indem er Mensch wurde, und nicht ein prächtigeres Geschöpf wie ein Engel.
Er erniedrigte sich selbst, indem er an einem dunklen, unterdrückten Ort geboren wurde.
Er erniedrigte sich selbst, indem er in Armut und in ein verachtetes Volk hinein geboren wurde.
Er erniedrigte sich selbst, indem er als Kind geboren wurde, anstatt als erwachsener Mann auf der Welt zu erscheinen.
Er erniedrigte sich selbst, indem er sich in einen Gehorsam fügte, wie er für ein Kind in einem Haushalt angemessen ist.
Er erniedrigte sich selbst, indem er ein Handwerk erlernte und ausübte – das niedrige Handwerk eines Zimmermanns.
Er erniedrigte sich selbst, indem er lange abwartete, bis er in seinen öffentlichen Dienst trat.
Er erniedrigte sich selbst, indem er einfache Weggefährten und Jünger auswählte.
Er erniedrigte sich selbst, indem er sich an eine einfache Hörerschaft wandte und sie in einfachen Worten lehrte.
Er erniedrigte sich selbst, indem er Versuchung erduldete.
Er erniedrigte sich selbst, indem er Schwachheit, Hunger, Durst und Erschöpfung ertrug.
Er erniedrigte sich selbst, indem er seinem himmlischen Vater in allem gehorchte.
Er erniedrigte sich selbst, indem er sich dem Heiligen Geist unterordnete.
Er erniedrigte sich selbst, indem er sich dafür entschied, sich selbst dem Tod am Kreuz auszuliefern.
Er erniedrigte sich selbst, indem er die Qualen seines Todes ertrug.
Er erniedrigte sich selbst, indem er die Schande, den Spott und die öffentliche Demütigung seines Todes ertrug.
Er erniedrigte sich selbst, indem er die geistlichen Qualen seines Opfers am Kreuz ertrug.
Wir können uns vorstellen, dass es für Gottes Sohn auch möglich gewesen wäre, Mensch zu werden und für unsere Sünden zu bezahlen ohne diese große Demütigung. Er hätte das Menschsein eines 33-jährigen Mannes seiner Göttlichkeit hinzufügen können. Er hätte den Menschen nur in seiner verklärten Herrlichkeit erscheinen und sie lehren können, was sie von ihm hören sollten. Er hätte für die Sünden der Menschen an einem verborgenen Ort auf der Erde, weit weg von den Augen der Menschen, leiden können, oder gleich auf der dunklen Seite des Mondes. Und doch tat er dies nicht; er erniedrigte sich selbst und dies tat er wegen der unübertrefflichen Größe unserer Rettung und seines Werkes für uns.
Bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz: Dies zeigt das Ausmaß der Demut und des Gehorsams Jesu.
Die Kreuzigung war solch ein entwürdigender Tod, dass sie für römische Bürger (wie den Menschen in Philippi) nicht zugelassen war. Ein Opfer der Kreuzigung wurde von den Juden als besonders von Gott verflucht angesehen (5. Mose 21, 23 und Galater 3, 13).
Robertson nannte den Tod am Kreuz „die unterste Sprosse an der Leiter von Gottes Thron. Jesus kam den ganzen Weg hinab zu dem am meisten verachteten Tod von allen, als ein verurteilter Verbrecher am verfluchten Kreuz.“
Der Tod am Kreuz zeigt, dass es keine Grenzen gibt für das, was Gott tun wird, um seine Liebe und rettende Macht den Menschen zu zeigen; es war und wird für immer der äußerste Liebesbeweis sein. „Was muss Sünde in den Augen Gottes gewesen sein, wenn sie eine solche Erniedrigung Jesu Christi nötig machte, um sie zu sühnen und ihren Einfluss und ihre Bosheit zunichte zu machen.“ (Clarke)
„Je tiefer er sich herabbeugt, um uns zu retten, umso höher sollten wir ihn in unserer bewundernden Ehrfurcht erhöhen. Gepriesen sei sein Name, er beugt sich tief hinab, und tiefer und tiefer, und wenn er unseren Standpunkt erreicht hat und Mensch geworden ist, dann beugt er sich immer noch immer tiefer und tiefer hinab.“ (Spurgeon)
Ja bis zum Tod am Kreuz: Dies alles war eine große Offenbarung der Macht Jesu. Erinnern wir uns daran, dass die Philipper wegen der letzten Erfahrungen des Paulus versucht waren zu denken, dass Gottes Macht ausschließlich in Erhöhung und Befreiung und nicht in der Verherrlichung Gottes durch demütigen Dienst und Ausharren zum Ausdruck käme.
Hiermit erinnert Paulus die Philipper daran, dass seine aktuelle Situation in erniedrigenden Umständen (seine römische Gefangenschaft) trotzdem die Herrlichkeit und Macht Gottes offenbaren konnte, genau so wie Jesus dies in seiner Demut getan hat.
C. Jesus, das ultimative Beispiel für Erhöhung in Folge von Demut
1. Die Erhöhung Jesu Christi
Philipper 2, 9
Philipper 2, 9 Darum hat ihn Gott auch über alle Maßen erhöht und ihm einen Namen verliehen, der über allen Namen ist,
Darum hat ihn Gott auch über alle Maßen erhöht: Dies ist die Überschrift für die nächsten drei Verse. Diese Worte beschreiben, wie Gott Jesus erhöht hat. ÜberalleMaßenerhöht könnte tatsächlich auch mit ‚außerordentlich hoch erhoben‘ übersetzt werden.
„Der griechische Ausdruck bedeutet ‚höchst erhoben‘ oder mit aller Erhöhung erhoben.“ (Poole)
„Also, halte über diesem Gedanken einmal in aller Ruhe inne – dass Christus sich nicht selbst gekrönt hat, sondern dass sein Vater ihn gekrönt hat; dass er sich nicht selbst auf den majestätischen Thron gesetzt hat, sondern dass sein Vater ihn hochgehoben und ihn auf seinen Thron gesetzt hat.“ (Spurgeon)
Ihm einen Namen verliehen, der über allen Namen ist: Dies geht weiter als Jesus den göttlichen Namen Jahwe zu geben. Wenn wir das hebräische Konzept des Namens berücksichtigen, dann bedeutet es auch, dass Gott Jesus als jemanden zeigt, dessen Charakter und Persönlichkeit über allem erhaben sind.
Dieser Vers, welcher die Göttlichkeit Jesu klar und deutlich darstellt, ist starke Munition gegen diejenigen, welche die Göttlichkeit Jesu Christi verleugnen. Es gibt keinen höheren Namen als Jahwe, und Jesus hat diesen Namen.
2. Die Unterwerfung der ganzen Schöpfung gegenüber Jesus
Philipper 2, 10-11
Philipper 2, 10-11 Damit in dem Namen Jesu sich alle Knie derer beugen, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
Damit in dem Namen Jesu sich alle Knie derer beugen: Jesus wird nicht nur vom Vater erhöht, sondern die ganze Welt wird dem Sohn unterworfen.
„Paulus setzt hierbei keine universelle Rettung voraus, sondern sagt hier, dass jedes persönliche Wesen letztendlich die Herrschaft Christi bekennen wird, entweder mit freudigem Glauben oder mit Abneigung und Verzweiflung.“ (Kent)
Die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind: Hier wird zum Ausdruck gebracht, dass die ganze Schöpfung allumfassend die Erhabenheit Jesu Christi anerkennen wird.
Paulus bezieht sich hier auf den Inhalt von Jesaja 45, 23: Ich habe bei mir selbst geschworen, aus meinem Mund ist Gerechtigkeit hervorgegangen, ein Wort, das nicht zurückgenommen wird: Ja, mir soll sich jedes Knie beugen und jede Zunge schwören! Bei Jesaja ist es Jahwe, vor dem sich jedes Knie beugt und jede Zunge schwört. Im Philipperbrief gilt dies Jesus und zeigt dadurch, dass Jesus Jahwe ist.
Unter der Erde: „Entweder die Toten, welche in der Erde verborgen sind und durch Christi Auferstehungskraft auferweckt werden sollen … oder Teufel und böse Seelen.“ (Poole)
Sich alle Knie derer beugen … und alle Zungen bekennen: Die Kombination von Zungen, die bekennen, und Knien, die sich beugen, bezeugt, dass es hier um eine völlige Unterwerfung gegenüber Jesus geht, sowohl in Worten als auch in Taten, und dass dies von allen gefordert wird.
Die Restlosigkeit der Anerkennung von der Göttlichkeit und Erhabenheit Jesu hat viele dazu gebracht, sich dieses Ereignis als etwas vorzustellen, was nach dem letzten Gericht hoch offiziell stattfindet, wenn jedes Geschöpf im Himmel und in der Hölle seine Knie beugen und bekennen muss, dass Jesus Christus der Herr ist.
Dass Jesus Christus der Herr ist: In gewissem Sinne kann man sagen, dass Jesus mit mehr in den Himmel zurückgekehrt ist als er hatte, als er den Himmel verließ; nicht nur, dass seiner Göttlichkeit noch sein (auferstandenes) Menschsein hinzugefügt worden war, sondern auch, dass er zurückkehrte, nachdem er den Menschen offenbart hatte, wer er ist und welche Anbetung er verdient – das war bis zu seiner Menschwerdung und der vollen Offenbarung seiner Person und seines Werks unbekannt gewesen.
„Paulus sieht, dass er [Jesus] immer an der göttlichen Natur teilhatte. Doch nur als Ergebnis seiner Menschwerdung, Sühnetod, Auferstehung und Erhöhung konnte er auch von den Menschen als mit Gott ebenbürtig wahrgenommen werden, damit er von ihnen in der gleichen Weise wie Jahwe angebetet werden kann.“ (Kennedy)
„Er hätte seine wunderbare Macht, die seinem göttlichen Wesen innewohnt, dazu gebrauchen können, die Menschen ohne langes Hin- und Her dazu zu zwingen, ihn als Gott anzubeten. Stattdessen war er bereit, diese hohe Ehre auf einem Weg voller Demütigung, Leiden und dem Tod zu erreichen.“ (Kennedy)
Dies alles muss mit Blick auf die Demütigung betrachtet werden, welche in Philipper 2, 6-8 beschrieben wurde; wir neigen dazu, uns nach der Erhöhung zu sehnen, aber die Demütigung auszublenden.
Jesus Christus ist der Herr: Das Bekennen von Jesus Christus als Herrn erinnert uns daran, die große Bedeutung des Wortes kurios zu beachten, insbesondere wie dieses Wort von den ersten Gemeinden verstanden wurde, welche die Septuaginta als ihre Bibel verwendeten – hier wurde der Begriff kurios durchgängig dazu verwendet, den Namen Jahwe (JHWH/Tetragrammaton) zu übersetzen.
Wir sollten die Bedeutsamkeit dieses Wortes nicht unterschätzen, denn später im römischen Reich wurden alle Bewohner des Reiches dazu aufgefordert, dem Imperator einen Treueeid zu schwören, indem sie Cäsar ist Herr ausrufen und vor einer Statue des Imperators eine kleine Menge Weihrauch verbrennen sollten. Obwohl der römische Staat dies lediglich als eine Kundgebung von politischer Loyalität verstand, interpretierten Christen dies zu Recht als Götzendienst und weigerten sich, dabei mitzumachen, was sie häufig das Leben kostete.
Paulus hat keine Zweifel darüber, wer tatsächlich Herr ist – nicht der Kaiser, vor dem er im Gericht stehen wird; Cäsar (der Kaiser) mag ein hoher Name sein, aber es ist nicht der Name über allen Namen, der Name, der allein Jesus Christus gehört!
Dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters: Erinnern wir uns daran, dass Paulus Jesus in Philipper 2, 5-11 nicht einfach aus Gründen theologischer Allgemeinbildung für die Philipper so beschrieb.
Er beschrieb ihn so, um sie dafür auszurüsten, die Bedrängnis, die sie erlebten, zu ertragen.
Er beschrieb ihn so, damit sie seine eigene Bedrängnis verstehen konnten.
Er beschrieb ihn so, um ihnen dabei zu helfen, inmitten der Bedrängnis echte christliche Einheit zu leben.
Dieses Bild Jesu hat ihnen dabei geholfen, den Dienst des Paulus, der zu jener Zeit schwach wirkte, richtig zu beurteilen.
Dieses Bild half ihnen dabei, die Zusammenhänge der Offenbarung seiner göttlichen Macht zu verstehen – wie es Gott erfreut, seine Macht durch demütige Handlungen zu zeigen.
Dieses Bild hat sie dazu ausgerüstet, sich untereinander so zu verhalten, dass die Einheit im Leib Christi vorangebracht wird.
Dieses Bild hat ihnen gezeigt, wie sie den geduldigen, demütigen Gehorsam Jesu nachahmen können – daran wird Paulus sie auch in den folgenden Versen erinnern.
D. Paulus ermahnt die Philipper
1. Das eigene Heil bewirken
Philipper 2, 12
Philipper 2, 12 Darum, meine Geliebten, wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit, verwirklicht eure Rettung mit Furcht und Zittern;
Darum … wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid: Wir sollten die Verbindung zwischen dem Gehorsam, den Jesus zeigte (Philipper 2, 8) und dem Gehorsam, den Paulus von Christen als Jesu Nachfolger erwartete (Philipper 2, 12), nicht übersehen.
Verwirklicht eure Rettung: Wir wissen, dass Paulus damit nicht meinte „streng dich an, damit du dein Heil verdienst“. Solch eine Aussage würde dem ganzen Evangelium des Paulus widersprechen. Was Paulus hingegen meinte, war, dass sich die Philipper Mühe geben sollten, sich in ihr christliches Leben zu investieren. Das Heil zu bewirken, bedeutet hier also nicht, überhaupt das Heil durch eigene Anstrengungen zu erreichen, sondern dem Heil im eigenen Leben in jedem Lebensbereich Raum zu geben, das Heil, das Gott geschenkt hat, zu aktivieren.
„Diese Worte, wie sie im Neuen Testament stehen, enthalten keine Ermahnung an alle Menschen, sondern sind an Gottes Volk gerichtet. Sie erfolgen nicht als Ermahnung an die Unbekehrten; sie richten sich, wie wir sie im Brief finden, ohne jeden Zweifel an diejenigen, welche bereits durch einen lebendigen Glauben an den Herrn Jesus Christus gerettet sind.“ (Spurgeon)
Verwirklicht eure Rettung: Einerseits ist unsere Rettung vollständig, in dem Sinne, dass Jesus ein vollständiges Werk für uns vollbracht hat. Andererseits ist unsere Rettung unvollständig, in dem Sinne, dass sie noch kein vollständiges Werk in uns ist.
„Der Gläubige muss vollenden, muss zur Vollständigkeit bringen, muss das in völliger Konsequenz anwenden, was Gott bereits prinzipiell bereit gestellt hat … Er muss zum Vorschein bringen, was Gott in seiner Gnade ins Innere eingepflanzt hat.“ (Müller)
„Einige Lehrer scheinen sich auf eine Deutung von Gottes Gnade als eine Art von Opium gestürzt zu haben, mit dem Menschen sich selbst in einen Schlummer begeben können; und ihre Begierde nach starken Dosierungen schläfriger Lehre wächst je mehr sie davon konsumieren. ‘Gott wirkt in uns’, sagen sie, ‘deshalb gibt es für uns nichts mehr zu tun.’ Schlechte Argumentation, falsche Schlussfolgerung. Gott wirkt, das steht im Text; wir müssen deshalb nach außen hin arbeiten, weil Gott in uns arbeitet.“ (Spurgeon)
„Er ermahnt, als ob er ein Arminianer wäre, der sich an Menschen richtet [Arminianer glauben an eine bedingte Erlösung]. Er betet, als ob er ein Calvinist wäre, der sich an Gott wendet, und empfindet keinen Widerspruch in den beiden Haltungen. Paulus versucht hier nicht zwischen göttlicher Souveränität und dem menschlichen freien Willen zu schlichten, sondern er verkündet mutig beide.“ (Robertson)
Eure Rettung: Dies weist uns darauf hin, dass wir unserer Rettung Aufmerksamkeit widmen sollten. Manchmal machen wir uns viele Gedanken um das Werk Gottes in anderen, und nicht genug um sein Werk in uns. Wir sollten uns natürlich um die Seelen anderer kümmern, aber dieses Sich-kümmern muss bei unserer eigenen Seele anfangen.
Mit Furcht und Zittern: Paulus meinte damit nicht, dass wir unser christliches Leben in Angst und Schrecken leben sollten, sondern dass wir mit einer Furcht davor leben sollten, darin zu versagen, unsere Rettung nach außen hin sichtbar festzumachen.
Wir bewirken unser Heil mit Furcht und Zittern, aber es muss nicht die Angst vor der Hölle oder der Verdammnis sein. Es mag stattdessen die rechtschaffene und bewundernde Ehrfurcht gegenüber Gott sein, welche jeder Gläubige haben sollte. Es muss nicht das Zittern eines schuldigen Sünders sein; es sollte stattdessen das freudige Zittern einer Begegnung mit Gottes Herrlichkeit sein.
Jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit: In diesem Kontext bittet Paulus darum, dass diese christliche Lebenseinstellung (nicht Werksgerechtigkeit) umso mehr in seiner Abwesenheit vorangebracht werden soll.
2. Gottes Werk in dir
Philipper 2, 13
Philipper 2, 13 Denn Gott ist es, der in euch sowohl das Wollen als auch das Vollbringen wirkt nach seinem Wohlgefallen.
Denn Gott ist es, der in euch … wirkt: Paulus begründet hier, warum Christen ihr Heil mit Frucht und Zittern bewirken sollen – weil Gott in ihnen wirkt.
Es bedeutet für uns großen Trost: Gott ist es, der in euch … wirkt. „Allumfassende Gnade wohnt in dir, der du glaubst. Es gibt eine lebendige Quelle, die in dir entspringt; nun denn, schnapp dir den Eimer und hör nicht auf, dich zu bedienen; du wirst sie niemals restlos ausschöpfen können; es gibt eine lebendige Quelle in dir.“ (Spurgeon)
Gott … der in euch … wirkt: Da Gott im Gläubigen ein Werk getan hat und tut, hat der Gläubige eine größere Verantwortung, sich unablässig mit Furcht und Zittern für sein Heil und seinen Weg mit dem Herrn einzusetzen. Gottes Werk in uns erhöht unsere Verantwortung; es verringert sie in keiner Weise.
Diejenigen, welche Gottes Souveränität und Werk als eine Ausrede für Untätigkeit und Lethargie gebrauchen, sind wie der böse und faule Knecht in Matthäus 25, 24-30.
Diejenigen, welche wirklich Gottes Diener sind, gebrauchen ihr Verständnis seiner Souveränität und Allmacht als eine Motivation für größeren, hingebungsvolleren Dienst ihm gegenüber.
Sowohl das Wollen als auch das Vollbringen: Gottes Werk in uns erstreckt sich ebenso auf die Verwandlung unseres Willens (Wollen) wie auch auf das Verändern unserer Taten (Vollbringen). Im Lichte der vorangegangenen Ermahnung zum Bewirken unseres Heils wird klar, dass es sich dabei nicht um eine passive Übermittlung handelt.
Nach seinem Wohlgefallen: Dies ist Gottes Motivation für sein Wirken in unserem Leben. Er tut dies, weil es ihm Wohlgefallen bereitet.
3. Die Praktische Anwendung seiner Ermahnung
Philipper 2, 14-16
Philipper 2, 14-16 Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr unsträflich und lauter seid, untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr leuchtet als Lichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens darbietet, mir zum Ruhm am Tag des Christus, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch vergeblich gearbeitet habe.
Tut alles ohne Murren und Bedenken: Kommentatoren sind sich uneins darüber, ob Paulus sich hier auf Probleme unter den Philippern bezieht (wie beispielsweise in Philipper 2, 1-4 erwähnt) oder ob dies ihre Haltung Gott gegenüber betrifft. Vielleicht hatten sie einen Groll auf Gott wegen ihrer aktuellen Anfechtungen (Philipper 1, 27-30).
Da Paulus spezielle Ausdrücke gebraucht, die verwendet wurden, um Israels Beschwerden Gott gegenüber während des Exodus zu beschreiben, ist es wahrscheinlich am besten, ihr Murren und ihre Bedenken als etwas zu betrachten, das auch ihre Haltung Gott gegenüber betrifft. Spurgeon nennt drei Beispiel von Dingen, über die wir nicht murren dürfen:
Gottes Vorsehung
Uns untereinander
Die gottlose Welt
In dieser Anweisung liegt die Betonung auf ‚alles‘, was im Übrigen das erste Wort dieses Verses im altgriechischen Text ist.
„Diskutiert nicht mit Gott; lasst ihn tun, was ihm gut erscheint. Diskutiert nicht mit euren Glaubensgeschwistern, schimpft nicht mit ihnen und bringt keine Anschuldigungen gegen sie vor. Als Calvin gesagt wurde, dass Luther schlecht über ihn gesprochen hatte, sagte er: „Lasst Luther mich einen Teufel nennen, wenn es ihm gefällt, ich werde nichts anderes über ihn sagen, als dass er ein lieber und wertvoller Diener des Herrn ist.“ Bringt keine verschlungenen und verworrenen Argumente hervor, um Streit zu schüren.“ (Spurgeon)
Damit ihr unsträflich und lauter seid, untadelige Kinder Gottes: Indem wir eine Haltung zeigen, die frei von Meckern und Murren ist, zeigen wir uns als wahre Nachfolger Gottes.
Lauter beinhaltet den Gedanken von ‚Reinheit‘, ‚Unvermischtheit‘. Eine Übersetzung mit harmlos wäre ebenso denkbar (es ist das gleiche Wort wie in Matthäus 10, 16).
„’Seid ohne Tadel und lauter’ sagt der Apostel. Das griechische Wort könnte auch mit ‘hornlos’ übersetzt werden, als ob ihr Geschöpfe sein solltet, die nicht nur keinen Schaden anrichten, sondern auch gar keinen Schaden anrichten könnten; wie Schafe, die andere Tiere nicht nur nicht auffressen, sondern dies auch gar nicht könnten, da es in direktem Gegensatz zu ihrer Wesensart wäre; denn sie haben keine Zähne, mit denen sie abbeißen, keinen Giftzahn, mit dem sie zubeißen, kein Gift, mit dem sie töten könnten.“ (Spurgeon)
Inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts: Hier nimmt Paulus vermutlich Bezug auf 5. Mose 32, 5: Gegen ihn haben verderblich gehandelt, die nicht seine Kinder sind, sondern Schandflecken, ein verkehrtes und verdrehtes Geschlecht. Paulus war der Meinung, dass moderne Christen nicht so sein sollten wie das rebellische Israel, das Gott gegenüber gemurrt und sich beschwert hat, während seinem Aufenthalt in der Wildnis.
Unter welchem ihr leuchtet als Lichter in der Welt: Hier geht es nicht um eine Ermutigung dazu, etwas zu tun – es ist schlichtweg die Feststellung einer Tatsache. Christen sindLichter in der Welt; die Frage ist bloß, „Wie hell scheinen sie?“
„Nicht bloß Lichter, sondern Gestirne, Himmelskörper. Aber diese Bedeutung kann in einer Übersetzung nur schwer wiedergegeben werden.“ (Alford)
Wir sollen unseren Platz als Lichter in der Welt einnehmen:
Lichter werden dazu gebraucht, Dinge ersichtlich zu machen.
Lichter werden dazu gebraucht, um zu leiten.
Lichter werden als Warnung gebraucht.
Lichter werden dazu gebraucht, Freude zu bringen.
Lichter werden dazu gebraucht, um Dinge sicher zu machen.
Paulus wusste, dass die Lichter sich an einem üblen Ort befanden. Statt die Lichter dafür zu entschuldigen, dass sie nicht scheinen, war Paulus bewusst, dass ihr Standort es umso wichtiger machte, dass sie scheinen. An einem dunklen Ort zu sein, ist ein größerer Anreiz dafür, zu scheinen.
Indem ihr das Wort des Lebens darbietet: Der Ausdruck ‚darbietet‘ könnte auch mit ‚vor euch haltet‘ übersetzt werden. Beide Bedeutungen sind wahr und Paulus könnte diese Doppelbedeutung auch so gemeint haben. Wir haltendas Wort des Lebensfest – im Sinne von kräftig festhalten – und wir haltendas Wort des Lebens auch vor uns.
Mir zum Ruhm am Tag des Christus, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch vergeblich gearbeitet habe: Der Gedanke, dass seine Arbeit am Ende umsonst gewesen sein könnte, war für Paulus bedrückend. Er wusste, dass seine Arbeit tatsächlich in den Menschen fortbestehen würde, so dass sie in gewissem Sinne tatsächlich vergeblich gewesen sein könnte, wenn diese Menschen nicht weiterhin nahe am Herrn bleiben würden.
Am Tag des Christus: Paulus freute sich auf den Tag des Christus, und er wollte an diesem Tag sehen und wissen, dass seine Arbeit Frucht gebracht hat. Dessen konnte er sich nur sicher sein, wenn die Philipper weiterhin nahe am Herrn bleiben würden.
Hier zeigt sich das wahre Herz eines Hirten: sich wenig mit sich selbst zu beschäftigen, aber viel mit anderen; mit der eigenen Gottesbeziehung nicht zufrieden zu sein, sondern sich danach zu sehnen, andere in einer engen Gottesbeziehung zu sehen.
4. Paulus als Beispiel für seine eigenen Ermahnungen
Philipper 2, 17-18
Philipper 2, 17-18 Wenn ich aber auch wie ein Trankopfer ausgegossen werden sollte über dem Opfer und dem priesterlichen Dienst eures Glaubens, so bin ich doch froh und freue mich mit euch allen; gleicherweise sollt auch ihr froh sein und euch mit mir freuen!
Wie ein Trankopfer ausgegossen: Paulus bezieht sich hier auf einen Opferbrauch sowohl bei Juden als auch bei Heiden. Sie gossen oft Wein (manchmal auch Parfum) aus, entweder neben (wie im jüdischen Brauch) oder auf (wie im heidnischen Brauch) ein Tier, das Gott oder heidnischen Götzen geopfert wurde.
Es handelt sich hierbei um das Trankopfer, welches durch ein anderes Opfer begleitet wird, das in 4. Mose 15, 4-5 und 28, 7 erwähnt wird.
Das Tempus von ‚ausgegossen‘ ist das Präsens. Hier weist Paulus auf die Möglichkeit hin, dass seine Hinrichtung kurz bevor stehen könnte.
Über dem Opfer und dem priesterlichen Dienst eures Glaubens: Das altgriechische Wort, welches mit priesterlichemDienst übersetzt wird, heißt leutrogia. Es bedeutete „Dienst gegenüber Gott oder seinem Anliegen … jegliche priesterliche oder geistliche Handlung“. (Muller) Es gibt in diesem Vers also ein Opfer, einen Priester und ein begleitendes Trankopfer, welches das Opfer sogar noch wertvoller macht.
Da das Opfer und der priesterliche Dienst mit dem Glauben der Philipper verbunden waren, ist es naheliegend, davon auszugehen, dass Paulus sie als die ‚Priester‘ und ihren Glauben als das ‚Opfer‘ beschreibt, dem er sein Martyrium als Trankopfer beifügt (und es so noch wertvoller macht).
So bin ich doch froh und freue mich … gleicherweise sollt auch ihr froh sein und euch mit mir freuen: Paulus freute sich auf das, was sein unmittelbar bevorstehendes Martyrium sein konnte, und erwartete von den Philippern, dass sie sich mit ihm freuten. Paulus versuchte hier nicht, morbide zu sein, indem er von den Philippern verlangte, dass so etwas Deprimierendes wie sein Tod ihnen Freude bereiten sollte. Er wollte hingegen, dass die Philipper seinen Tod als etwas betrachten konnten, das Gott ehren würde. Dieser Gedanke aus Philipper 1, 20 wird hier wiederholt.
Sein Leben würde ein Opfer für Jesus Christus sein, ob im Leben oder im Tod. Dieser Gedanke war für Paulus eine Quelle von Freude und Glück und er wollte, dass die Philipper die gleiche Haltung annahmen.
Und wieder kommen wir zum durchgängigen Thema des Philipperbriefes: Freude. Hierbei handelt es sich jedoch um Freude, die sich nicht auf die Umstände gründet (ganz im Gegenteil sogar), sondern auf der Grundlage eines Lebens, welches vollkommen an Jesus Christus übergeben ist.
E. Paulus, Timotheus und Epaphroditus
1. Paulus schreibt über Timotheus und seinen baldigen Besuch
Philipper 2, 19-22
Philipper 2, 19-22 Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich ermutigt werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht. Denn ich habe sonst niemand von gleicher Gesinnung, der so redlich für eure Anliegen sorgen wird; denn sie suchen alle das Ihre, nicht das, was Christi Jesu ist! Wie er sich aber bewährt hat, das wisst ihr, dass er nämlich wie ein Kind dem Vater mit mir gedient hat am Evangelium.
Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus: Hier erkennen wir, dass Paulus wahrhaftig auf den Herrn vertraut. Er wollte, dass Timotheus bei den Philippern ist, aber er erkannte auch, dass Gott die Art und Weise und den Zeitpunkt dafür bestimmen würde.
Damit auch ich ermutigt werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht: Paulus hatte nicht die Erwartung, dass es bei den Philippern Probleme geben würde wie bei einigen seiner problematischeren Gemeinden. Stattdessen erwartete er, dass er ermutigt würde, wenn er erfährt, wie es um sie steht.
Vergleichen wir diese Einstellung mit der Einstellung, die Paulus gegenüber der Gemeinde in Korinth in 2. Korinther 13, 2-3 zum Ausdruck bringt, dann stellen wir fest, dass die Gemeinde in Korinth viel schwerwiegendere Probleme hatte als die Gemeinde in Philippi.
Der so redlich für eure Anliegen sorgen wird: Mit Timotheus schickte Paulus seinen besten Mitarbeiter, einen Mann, der das Herz eines Pastors hatte und dem die Sorge für seine Schafe mehr am Herzen lag als die Sorge um sich selbst.
Paulus erkannte, wie extrem selten diese Herzenshaltung war, weshalb er feststellte: denn sie suchen alle das ihre, nicht das, was Christi Jesu ist.
2. Paulus wiederholt, dass er sich wünscht, selbst nach Philippi zu kommen und nicht nur Timotheus zu ihnen zu senden
Philipper 2, 23-24
Philipper 2, 23-24 Diesen hoffe ich nun sofort zu senden, sobald ich absehen kann, wie es mit mir gehen wird. Ich bin aber voll Zuversicht im Herrn, dass auch ich selbst bald kommen werde.
Ich bin aber voll Zuversicht im Herrn, dass auch ich selbst bald kommen werde: Vielleicht wollte Paulus hier den Vorwurf vermeiden „Paulus möchte Timotheus senden, weil er nicht selbst hier sein möchte.“ Er sagt den Philippern ganz klar, dass er auch gerne kommen möchte.
3. Paulus schreibt über Epaphroditus und dessen Kommen zu den Philippern
Philipper 2, 25-26
Philipper 2, 25-26 Doch habe ich es für notwendig erachtet, Epaphroditus zu euch zu senden, meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter, der auch euer Gesandter ist und Diener meiner Not; denn er hatte Verlangen nach euch allen und war bekümmert, weil ihr gehört habt, dass er krank gewesen ist.
Doch habe ich es für notwendig erachtet, Epaphroditus zu euch zu senden: Hieraus können wir zweifelsohne schließen, dass Epaphroditus diesen Brief den Philippern gebracht hat. Es scheint, dass Epaphroditus als Bote der Philipper zu Paulus kam und krank wurde, als er bei Paulus war.
Meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter: Paulus bestätigt durch seine Titulierung von Epaphroditus dessen Wichtigkeit für ihn. Er schätzte ihn sehr als Partner im Dienst.
Paulus erwähnt hierbei drei Beziehungsdimensionen:
Bruder bezeichnet eine Beziehung, die man genießt.
Mitarbeiter bezieht sich auf eine Aufgabe, die erledigt werden soll.
Mitstreiter bezieht sich auf einen Kampf, der gekämpft werden soll.
Der auch euer Gesandter ist und Diener meiner Not: Hier erfahren wir, dass Epaphroditus Paulus eine Gabe zu seiner finanziellen Unterstützung aus Philippi mitbrachte (Philipper 4, 18).
Der Ausdruck Diener bezieht sich hierbei auf einen priesterlichen Dienst. Als Epaphroditus Paulus die finanzielle Unterstützung der Philipper nach Rom brachte, brachte er damit ein Opfer.
Weil ihr gehört habt, dass er krank gewesen ist: Epaphroditus machte sich Sorgen, weil die Philipper von seiner Krankheit erfuhren und sich um ihn sorgten. Seine Rückkehr würde sie beruhigen, denn dann würden sie sehen, dass ihr geschätzter Bruder in guter Verfassung ist.
Seine Rückkehr würde auch Epaphroditus selbst helfen, denn er hatte Verlangen nach ihnen allen und war bekümmert. Er hatte eine große Sehnsucht danach, die Christen in Philippi wiederzusehen.
4. Die Erkrankung und Gesundung von Epaphroditus
Philipper 2, 27
Philipper 2, 27 Er war auch wirklich todkrank; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, und nicht nur über ihn, sondern auch über mich, damit ich nicht eine Betrübnis um die andere hätte.
Er war auch wirklich todkrank: Die Krankheit von Epaphroditus war keine Kleinigkeit; er war todkrank. Doch Gott hat sich über ihn erbarmt und er wurde wieder gesund.
Nichts im Text deutet darauf hin, dass es sich hierbei um eine Wunderheilung handelte, doch Paulus sah in der Gesundung von Epaphroditus trotzdem Gottes Barmherzigkeit am Werk.
Damit ich nicht eine Betrübnis um die andere hätte: Gottes Barmherzigkeit gegenüber Epaphroditus war auch Barmherzigkeit gegenüber Paulus. Wenn Epaphroditus gestorben wäre, dann hätte Paulus Betrübnis gehabt, da dann ein geschätzter Bruder, Mitarbeiter und Mitstreiter für Christus nicht länger auf dieser Erde gewesen wäre. Er hätte außerdem Betrübnis gehabt, da Epaphroditus krank wurde, als er seitens der Philipper zu Paulus kam, um ihm in materieller und geistlicher Hinsicht zu dienen, während er in Rom im Gefängnis saß.
5. Paulus weist die Philipper an, wie sie Epaphroditus empfangen sollen, wenn er zu ihnen zurückkehrt
Philipper 2, 28-30
Philipper 2, 28-30 Umso dringlicher habe ich ihn nun gesandt, damit ihr durch seinen Anblick wieder froh werdet und auch ich weniger Betrübnis habe. So nehmt ihn nun auf im Herrn mit aller Freude und haltet solche in Ehren; denn für das Werk des Christus ist er dem Tod nahe gekommen, da er sein Leben gering achtete, um mir zu dienen an eurer Stelle.
Umso dringlicher habe ich ihn nun gesandt: Paulus konnte es kaum erwarten, dass die Philipper wieder mit ihrem geliebten Bruder Epaphroditus vereint sein würden und er erinnerte sie daran, ihm bei seiner Rückkehr mit angemessener Anerkennung zu begegnen (haltet solche in Ehren).
Wahrscheinlich schickten die Philipper Epaphroditus nicht nur als Boten sondern auch als Diener für Paulus seitens der Philipper. Als seine Krankheit ihn davon abhielt, konnte dies bei den Philippern den Anschein erwecken, dass er in seiner Aufgabe versagt habe (oder sogar, dass er ein Simulant sei). Paulus versicherte ihnen, dass dies nicht der Fall war, ganz im Gegenteil – Epaphroditus diente weit über die Grenzen des Pflichtgefühls hinaus.
Denn für das Werk des Christus ist er dem Tod nahe gekommen: Es geschah für das Werk des Christus, dass er dem Tod nahe kam. Obwohl seine Aufgabe als Bote keine betont geistliche Aufgabe war, gehörte sie trotzdem zum Werk des Christus.
Da er sein Leben gering achtete: Seine Bereitschaft dazu, das Werk des Christus an die erste Stelle zu stellen und seine eigene persönliche Sicherheit an die zweite Stelle, zeigte das großmütige Herz des Epaphroditus.
Der Ausdruck im Altgriechischen, der mit ‚da er sein Leben gering achtete‘ übersetzt wird, kommt aus dem Kontext eines Glücksspielers, der alles riskiert und alles auf eine Karte setzt. Paulus bringt hier zum Ausdruck, dass Epaphroditus um Jesu Christi willen bereit war, alles zu einzusetzen.
Zu Zeiten der Urkirche gab es einen Zusammenschluss von Männern und Frauen, die sich die Glücksspieler nannten. Diese Bezeichnung leitete sich von dem gleichen altgriechischen Wort ab, das in ‚da er sein Leben gering achtete‘ zur Verwendung kommt. Es war ihr Ziel, Gefangene und Kranke zu besuchen, ganz besonders diejenigen, welche an gefährlichen und hochgradig ansteckenden Krankheiten erkrankt waren. Wenn eine Seuche ausgebrochen war, war es unter den Heiden üblich, die toten Körper auf die Straßen zu werfen und in Todesangst davon zu laufen. Die Glücksspieler hingegen begruben die Toten und halfen den Kranken so gut sie konnten und riskierten so ihr Leben, um die Liebe Jesu weiterzugeben.
„Aus diesem Ausdruck geht eindeutig hervor, dass die Krankheit des Epaphroditus nicht eine Folge von Verfolgung war, sondern von Überanstrengung.“ (Lightfoot)
Um mir zu dienen an eurer Stelle: Epaphroditus erfüllte dies, indem er die Unterstützung der Philipper zu Paulus brachte. Es gab einen Mangel bezüglich der Freigiebigkeit und der guten Absichten der Philipper, bis ihre Gabe schlussendlich bei Paulus angelangt war.
Wir sollten in unserem Herzen wissen, dass es einen Mangel in unserem Dienst gibt, bis die Aufgabe erledigt ist. Wir sollten uns nicht mit guten Absichten und halb-erledigten Aufgaben zufrieden geben.
Philipper 2 – Ein demütiges Leben nach dem Vorbild der Demut Jesu
A. Wie Paulus sich das Zusammenleben der Philipper miteinander wünscht
1. Die Grundlage für Paulus’ Ermahnung an die Philipper
Philipper 2, 1
Philipper 2, 1
Gibt es nun [bei euch] Ermahnung in Christus, gibt es Zuspruch der Liebe, gibt es Gemeinschaft des Geistes, gibt es Herzlichkeit und Erbarmen,
2. Paulus konkretisiert seine Ermahnung an die Philipper bezüglich der Liebe und Demut unter Gläubigen
Philipper 2, 2-4
Philipper 2, 2-4
So macht meine Freude völlig, indem ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und auf das eine bedacht seid. Tut nichts aus Selbstsucht oder nichtigem Ehrgeiz, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. Jeder schaue nicht auf das Seine, sondern jeder auf das des anderen.
B. Jesus, das ultimative Vorbild der Demut
Viele betrachten Philipper 2, 5-11 als eine Hymne der frühchristlichen Kirche, die Paulus in seinen Brief eingeflochten hat. Einige Kommentatoren gehen so weit und schlagen ein Arrangement von Versen und Strophen für die ‚Hymne‘ vor. Dies ist möglich, aber es ist keine notwendige Schlussfolgerung; Paulus war durchaus dazu in der Lage, solch einen inspirierten, poetischen Text selbst zu schreiben (z.B. 1. Korinther 13). Aus Gründen, welche später noch näher erläutert werden, wird diese Passage häufig als die kenosis Passage bezeichnet.
1. Paulus wendet die Lehre an, bevor er sie benennt
Philipper 2, 5
Philipper 2, 5
Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war,
2. Jesus war in der Gestalt Gottes
Philipper 2, 6a
Philipper 2, 6a
Der, als er in der Gestalt Gottes war,
3. Jesus klammerte sich nicht an die Privilegien seiner Göttlichkeit
Philipper 2, 6b
Philipper 2, 6b
Es nicht wie einen Raub festhielt, Gott gleich zu sein;
4. Jesus machte sich selbst zu nichts
Philipper 2, 7
Philipper 2, 7
Sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen;
5. Das Ausmaß seiner Selbst-Entäußerung
Philipper 2, 8
Philipper 2, 8
Und in seiner äußeren Erscheinung als ein Mensch erfunden, erniedrigte er sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.
C. Jesus, das ultimative Beispiel für Erhöhung in Folge von Demut
1. Die Erhöhung Jesu Christi
Philipper 2, 9
Philipper 2, 9
Darum hat ihn Gott auch über alle Maßen erhöht und ihm einen Namen verliehen, der über allen Namen ist,
2. Die Unterwerfung der ganzen Schöpfung gegenüber Jesus
Philipper 2, 10-11
Philipper 2, 10-11
Damit in dem Namen Jesu sich alle Knie derer beugen, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind,
D. Paulus ermahnt die Philipper
1. Das eigene Heil bewirken
Philipper 2, 12
Philipper 2, 12
Darum, meine Geliebten, wie ihr allezeit gehorsam gewesen seid, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern jetzt noch viel mehr in meiner Abwesenheit, verwirklicht eure Rettung mit Furcht und Zittern;
2. Gottes Werk in dir
Philipper 2, 13
Philipper 2, 13
Denn Gott ist es, der in euch sowohl das Wollen als auch das Vollbringen wirkt nach seinem Wohlgefallen.
3. Die Praktische Anwendung seiner Ermahnung
Philipper 2, 14-16
Philipper 2, 14-16
Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr unsträflich und lauter seid, untadelige Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter welchem ihr leuchtet als Lichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens darbietet, mir zum Ruhm am Tag des Christus, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch vergeblich gearbeitet habe.
Indem wir eine Haltung zeigen, die frei von Meckern und Murren ist, zeigen wir uns als wahre Nachfolger Gottes.
4. Paulus als Beispiel für seine eigenen Ermahnungen
Philipper 2, 17-18
Philipper 2, 17-18
Wenn ich aber auch wie ein Trankopfer ausgegossen werden sollte über dem Opfer und dem priesterlichen Dienst eures Glaubens, so bin ich doch froh und freue mich mit euch allen; gleicherweise sollt auch ihr froh sein und euch mit mir freuen!
E. Paulus, Timotheus und Epaphroditus
1. Paulus schreibt über Timotheus und seinen baldigen Besuch
Philipper 2, 19-22
Philipper 2, 19-22
Ich hoffe aber in dem Herrn Jesus, Timotheus bald zu euch zu senden, damit auch ich ermutigt werde, wenn ich erfahre, wie es um euch steht. Denn ich habe sonst niemand von gleicher Gesinnung, der so redlich für eure Anliegen sorgen wird; denn sie suchen alle das Ihre, nicht das, was Christi Jesu ist! Wie er sich aber bewährt hat, das wisst ihr, dass er nämlich wie ein Kind dem Vater mit mir gedient hat am Evangelium.
Paulus hatte nicht die Erwartung, dass es bei den Philippern Probleme geben würde wie bei einigen seiner problematischeren Gemeinden. Stattdessen erwartete er, dass er ermutigt würde, wenn er erfährt, wie es um sie steht.
2. Paulus wiederholt, dass er sich wünscht, selbst nach Philippi zu kommen und nicht nur Timotheus zu ihnen zu senden
Philipper 2, 23-24
Philipper 2, 23-24
Diesen hoffe ich nun sofort zu senden, sobald ich absehen kann, wie es mit mir gehen wird. Ich bin aber voll Zuversicht im Herrn, dass auch ich selbst bald kommen werde.
3. Paulus schreibt über Epaphroditus und dessen Kommen zu den Philippern
Philipper 2, 25-26
Philipper 2, 25-26
Doch habe ich es für notwendig erachtet, Epaphroditus zu euch zu senden, meinen Bruder und Mitarbeiter und Mitstreiter, der auch euer Gesandter ist und Diener meiner Not; denn er hatte Verlangen nach euch allen und war bekümmert, weil ihr gehört habt, dass er krank gewesen ist.
4. Die Erkrankung und Gesundung von Epaphroditus
Philipper 2, 27
Philipper 2, 27
Er war auch wirklich todkrank; aber Gott hat sich über ihn erbarmt, und nicht nur über ihn, sondern auch über mich, damit ich nicht eine Betrübnis um die andere hätte.
5. Paulus weist die Philipper an, wie sie Epaphroditus empfangen sollen, wenn er zu ihnen zurückkehrt
Philipper 2, 28-30
Philipper 2, 28-30
Umso dringlicher habe ich ihn nun gesandt, damit ihr durch seinen Anblick wieder froh werdet und auch ich weniger Betrübnis habe. So nehmt ihn nun auf im Herrn mit aller Freude und haltet solche in Ehren; denn für das Werk des Christus ist er dem Tod nahe gekommen, da er sein Leben gering achtete, um mir zu dienen an eurer Stelle.
© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.