Apostelgeschichte 27 – Schiffbruch auf dem Weg nach Rom

A. Von Cäsarea zu dem Ort ‚Die schönen Häfen‘

1. Paulus und seine Gefährten verlassen Cäsarea

Apostelgeschichte 27, 1-2

Apostelgeschichte 27, 1-2
Als es aber beschlossen worden war, dass wir nach Italien abfahren sollten, übergaben sie Paulus und einige andere Gefangene einem Hauptmann namens Julius von der Kaiserlichen Schar. Nachdem wir aber ein Schiff aus Adramyttium bestiegen hatten, das die Häfen von Asia anlaufen sollte, reisten wir ab in Begleitung des Aristarchus, eines Mazedoniers aus Thessalonich.

  1. Julius von der Kaiserlichen Schar: Wir wissen nicht viel über diese spezifische Kaiserliche Schar (es gab mehrere, die diesen Titel trugen), aber es war üblich, dass römische Soldaten den Transport von Verbrechern, Angeklagten und Handelsschiffen, die mit Getreide beladen waren, auf dem Weg von Ägypten nach Rom begleiteten.
  2. Aristarchus, eines Mazedoniers aus Thessalonich: Aristarchus und Lukas (beachte bitte das wir in Vers 2 und darüber hinaus) begleiteten Paulus auf dieser Reise. Das Wohlwollen, das Paulus bei Julius genoss (wie in Apostelgeschichte 27, 3), hatte zur Folge, dass er diese Gefährten mitnehmen durfte.

2. Von Cäsarea zu dem Ort ‚Die schönen Häfen‘

Apostelgeschichte 27, 3-8

Apostelgeschichte 27, 3-8
Und am nächsten Tag liefen wir in Zidon ein; und Julius erzeigte sich freundlich gegen Paulus und erlaubte ihm, zu seinen Freunden zu gehen und ihre Pflege zu genießen. Von dort fuhren wir ab und segelten unter Zypern hin, weil die Winde uns entgegen waren. Und nachdem wir das Meer bei Cilicien und Pamphilien durchsegelt hatten, kamen wir nach Myra in Lycien. Und dort fand der Hauptmann ein Schiff aus Alexandria, das nach Italien segelte, und brachte uns auf dasselbe.
Da wir aber während vieler Tage eine langsame Fahrt hatten und nur mit Mühe in die Nähe von Knidus kamen, weil der Wind uns nicht hinzuließ, so segelten wir unter Kreta hin gegen Salmone; und indem wir mit Mühe der Küste entlangfuhren, kamen wir an einen Ort, »Die schönen Häfen« genannt, in dessen Nähe die Stadt Lasäa war.

  1. Julius erzeigte sich freundlich gegen Paulus und erlaubte ihm, zu seinen Freunden zu gehen und ihre Pflege zu genießen: Das Schiff fuhr zunächst nach Zidon, wo Paulus sich mit Christen traf und ihre Pflege genießen konnte. Der römische Hauptmann gewährte Paulus viel Freiheit, weil er (noch) kein Verurteilter war, sondern auf den Prozess vor dem Kaiser wartete. Paulus gottesfürchtiger Charakter und die von ihn an den Tag gelegte christliche Nächstenliebe trugen ebenfalls dazu bei, seine Gunst zu erlangen.
    1. Paulus war anders als die anderen Gefangenen an Bord. Die anderen Gefangenen waren wahrscheinlich alle verurteilte Straftäter, die nach Rom geschickt wurden, um in der Arena zu sterben.
  2. Ein Schiff aus Alexandria, das nach Italien segelte: Dies war ein Getreidefrachtschiff, das in Ägypten angebautes Getreide nach Italien brachte. Laut Hughes war das typische Getreidefrachtschiff dieser Zeit etwa 43 Meter lang und circa 11 Meter breit. Es hatte einen Mast mit einem großen quadratischen Segel, und anstelle eines Ruders wurde es mit zwei Paddeln am hinteren Teil des Schiffes gesteuert. Es war robust, aber aufgrund seiner Bauweise konnte es nicht gegen den Wind segeln.
  3. Und nachdem wir das Meer bei Cilicien und Pamphilien durchsegelt hatten, kamen wir nach Myra … von Knidus … gegen Salmone … an einen Ort ‚Die schönen Häfen‘ genannt: Das Schiff machte sich auf den Weg nach Westen und erreichte schließlich den Ort ‚Die schönen Häfen‘ auf der Südseite der Insel Kreta.

3. Paulus´ Rat an den Kapitän und die Besatzung des Schiffes

Apostelgeschichte 27, 9-10

Apostelgeschichte 27, 9-10
Da aber schon geraume Zeit verflossen war und die Schifffahrt gefährlich wurde, weil auch das Fasten bereits vorüber war, warnte sie Paulus und sprach zu ihnen: Ihr Männer, ich sehe, dass diese Schiffsreise mit Schädigung und großem Verlust nicht nur für die Ladung und das Schiff, sondern auch für unser Leben verbunden sein wird!

  1. Und die Schifffahrt gefährlich wurde, weil auch das Fasten bereits vorüber war: Der hier in Frage kommende Fasttag war wahrscheinlich der 5. Oktober. An diesem Tag fand im Jahr 59 n. Chr. das Versöhnungsfest statt. Die Überlegung ist, dass mit dem Herannahen des Winters das Wetter für die Schifffahrt gefährlicher wurde.
    1. „Die gefährliche Segelsaison begann um den 14. September und dauerte bis zum 11. November; ab diesem Tag kam die gesamte Schifffahrt auf offener See zum Erliegen, bis der Winter vorbei war.“ (Bruce)
  2. Paulus sprach zu ihnen: Ihr Männer, ich sehe, dass diese Schiffsreise mit Schädigung und großem Verlust nicht nur für die Ladung und das Schiff, sondern auch für unser Leben verbunden sein wird: Paulus sprach hier nicht unbedingt als Prophet Gottes, sondern vielleicht als erfahrener Reisender auf dem Mittelmeer, der bereits rund 5.600 Kilometer auf dem Seeweg zurückgelegt hat. Weil er die Jahreszeiten und Bedingungen kannte – und vielleicht mit übernatürlicher Weisheit – riet Paulus ihnen, nicht weiterzufahren.
    1. In 2. Korinther 11, 25 erfahren wir, dass Paulus zu diesem Zeitpunkt bereits dreimal Schiffbruch erlitten hatte. Er wusste, so wie die meisten Menschen, dass das Segeln in dieser Jahreszeit gefährlich war.

4. Man entscheidet sich, weiterzusegeln

Apostelgeschichte 27, 11-12

Apostelgeschichte 27, 11-12
Aber der Hauptmann glaubte dem Steuermann und dem Schiffsherrn mehr als dem, was Paulus sagte. Da aber der Hafen ungeeignet war zum Überwintern, gab die Mehrzahl den Rat, auch von dort abzufahren, um wenn irgend möglich nach Phönix zu gelangen, einem Hafen von Kreta, der gegen Südwest und Nordwest offen liegt, und dort zu überwintern.

  1. Aber der Hauptmann glaubte dem Steuermann und dem Schiffsherrn mehr als dem, was Paulus sagte: Es ist nicht überraschend, dass der Hauptmann mehr Respekt vor der Meinung des Steuermannes und des Eigentümers des Schiffes hatte, als vor der Meinung von Paulus. Beide hatten viel zu verlieren, wenn das Schiff es nicht bis nach Rom schaffte.
  2. Da aber der Hafen ungeeignet war zum Überwintern: Der Name Die schönen Häfen (Apostelgeschichte 27, 8) passte nicht ganz – zumindest nicht im Winter. Die Lage der Bucht machte sie anfällig für Winterwinde und Stürme. Es war kein idealer Ort, um die kommende Jahreszeit abzuwarten.
    1. Es war auch kein angenehmer Ort, um den ganzen Winter dort zu verbringen, und die Besatzung des Schiffes freute sich nicht darauf, monatelang in einer Kleinstadt leben zu müssen. Ein Kommentator vermutet, dass die örtliche Handelskammer den Ort ‚Die schönen Häfen‘ nannte.
  3. Die Mehrzahl gab den Rat, auch von dort abzufahren: Nachdem sie die ganze Besatzung befragt haben, beschlossen sie zum Hafen von Phoenix weiterzusegeln. Der Hafen von Phoenix lag auch auf der Insel Kreta und war nur circa 65 Kilometer entfernt. Es kam ihnen nicht abwegig vor, es bis nach Phoenix zu schaffen und sich einen miserablen Winter in Die schönen Häfen zu ersparen.
    1. Dennoch haben sie das weise Wort des Apostels Paulus, das sich als prophetisch herausstellte, nicht beachtet: Ihr Männer, ich sehe, dass diese Schiffsreise mit Schädigung und großem Verlust verbunden sein wird! Sie hätten auf Paulus hören sollen, was er ihnen später auch sagte (Apostelgeschichte 27, 21).

B. Die stürmische Reise von Die schönen Häfen nach Malta

1. Die Fahrt von Kreta aus beginnt zunächst gut, aber das Schiff gerät schnell in große Schwierigkeiten durch einen Sturm

Apostelgeschichte 27, 13-16

Apostelgeschichte 27, 13-16
Da nun ein schwacher Südwind wehte, meinten sie, sie hätten ihre Absicht erreicht, lichteten die Anker und segelten nahe bei der Küste von Kreta hin. Aber nicht lange danach fegte ein Wirbelwind von der Insel daher, »Euroklydon« genannt. Und da das Schiff mit fortgerissen wurde und dem Wind nicht widerstehen konnte, gaben wir es preis und ließen uns treiben. Als wir aber an einer kleinen Insel, Klauda genannt, vorbeifuhren, konnten wir kaum das Beiboot meistern.

  1. Da nun ein schwacher Südwind wehte: Die Winde sahen günstig aus, also machten sie sich von Die schönen Häfen aus auf den Weg. Kurz nachdem von Kreta aufgebrochen waren, wurde der Wind gefährlich.
  2. Aber nicht lange danach fegte ein Wirbelwind von der Insel daher, »Euroklydon« genannt: Dieser Wind war unter den alten Seefahrern wegen seiner zerstörerischen Kraft gefürchtet. Da sie nicht in der Lage waren mit diesem von vorne kommendem Wind zu steuern, konnten sie sich nur noch treiben lassen.
  3. Konnten wir kaum das Beiboot meistern: Normalerweise wurde das Beiboot hinter dem Boot mitgezogen, aber bei schlechtem Wetter an Bord genommen – also brachten sie es herein.
    1. Konnten wir kaum das Beiboot meistern: Dieser Ausdruck kann aus Lukas Sicht wörtlich verstanden werden. Der Arzt wurde wahrscheinlich dazu aufgefordert, die Taue zu ziehen.

2. Maßnahmen zur Erhaltung des Schiffes

Apostelgeschichte 27, 17-19

Apostelgeschichte 27, 17-19
Als sie es heraufgezogen hatten, trafen sie Schutzmaßnahmen, indem sie das Schiff untergürteten; und weil sie fürchteten, in die Syrte verschlagen zu werden, zogen sie die Segel ein und ließen sich so treiben. Da wir aber von dem Sturm heftig umhergetrieben wurden, warfen sie am folgenden Tag einen Teil der Ladung über Bord, und am dritten Tag warfen wir mit eigener Hand das Schiffsgerät hinaus.

  1. Sie trafen Schutzmaßnahmen, indem sie das Schiff untergürteten: Dies war eine normale Notmaßnahme, um zu verhindern, dass das Schiff in einem Sturm auseinanderbricht.
  2. Weil sie fürchteten, in die Syrte verschlagen zu werden, zogen sie die Segel ein und ließen sich so treiben: Die Angst auf den Sandbänken der Syrte aufzulaufen (einem berüchtigtes Schiffbruchgebiet vor der Küste Nordafrikas) veranlassten sie, mit dem Wind zu treiben und die Hoffnung aufzugeben, das Schiff im Sturm steuern zu können.
  3. Warfen sie am folgenden Tag einen Teil der Ladung über Bord, und am dritten Tag warfen wir mit eigener Hand das Schiffsgerät hinaus: Dies waren die letzten beiden Maßnahmen, die zur Rettung des Schiffes beitrugen – zuerst warfen sie die Ladung und dann die Ausrüstung des Schiffes über Bord. Trotz dieser Maßnahme fuhr das Schiff noch viele Tage lang weiter im Wind.

3. Die Hoffnungslosigkeit der Besatzung und der Passagiere

Apostelgeschichte 27, 20

Apostelgeschichte 27, 20
Da aber während mehrerer Tage weder Sonne noch Sterne sichtbar waren und ein heftiger Sturm anhielt, schwand endlich alle Hoffnung, dass wir gerettet werden könnten.

  1. Da aber während mehrerer Tage weder Sonne noch Sterne sichtbar waren: Auf dem offenen Meer konnten sie entweder nur mit Hilfe der Sonne oder der Sterne navigieren. Der Sturm, der tagelang anhielt, trieb die Besatzung zur Verzweiflung. Der gewaltige Sturm trieb sie, ohne dass sie hätten Einfluss darauf nehmen können, westwärts über das Mittelmeer.
  2. Schwand endlich alle Hoffnung, dass wir gerettet werden könnten: In Apostelgeschichte 27, 37 erfahren wir, dass 276 Menschen an Bord waren, sowohl Passagiere als auch Besatzungsmitglieder. Es scheint, dass endlich alle Hoffnung schwand und sie keine Hoffnung mehr hatten, zu überleben.

4. Paulus fordert die Besatzung auf, guten Mutes zu sein

Apostelgeschichte 27, 21-22

Apostelgeschichte 27, 21-22
Und da man lange ohne Nahrung geblieben war, stand Paulus in ihrer Mitte auf und sprach: Ihr Männer, man hätte zwar mir gehorchen und nicht von Kreta abfahren sollen und sich so diese Schädigung und den Verlust ersparen sollen. Doch jetzt ermahne ich euch, guten Mutes zu sein, denn keiner von euch wird das Leben verlieren, nur das Schiff wird untergehen!

  1. Und da man lange ohne Nahrung geblieben war: Wir sollten nicht meinen, dass die Seeleute fasteten und Gott suchten. Stattdessen war ihr Verzicht auf Nahrung wahrscheinlich auf den schlechten Zustand des Essens und die Tatsache zurückzuführen, dass viele seekrank waren.
  2. Ihr Männer, man hätte zwar mir gehorchen und nicht von Kreta abfahren sollen: Paulus konnte (zu Recht) einem „Ich habe es euch ja gesagt“ Moment nicht widerstehen. Hätten sie auf seinen Ratschlag in Apostelgeschichte 27, 10 gehört, wären sie nicht in diese scheinbar hoffnungslose Situation gekommen.
  3. Doch jetzt ermahne ich euch, guten Mutes zu sein: Als Gesandter Gottes hoffte Paulus diesen Passagieren und der Besatzung, die jede Hoffnung aufgegeben hatten, Hoffnung zu bringen. Es ging ihm nicht einfach darum, ihnen zu sagen, dass er Recht hatte, sondern ihnen gute Nachrichten zu übermitteln.
  4. Denn keiner von euch wird das Leben verlieren, nur das Schiff wird untergehen: Dies war eine widersprüchliche Botschaft. Das Versprechen, dass kein Leben verloren gehen würde, wenn das Schiff untergehen solle, war schwer zu glauben. Es war auch eine schlechte Neuigkeit zu hören, dass die Reise ein kompletter finanzieller Verlust sein würde, da die Ladung bereits über Bord war (Apostelgeschichte 27, 18) und das Schiff verloren gehen würde.

5. Paulus berichtet der Besatzung von dem Besuch eines Engels

Apostelgeschichte 27, 23-26

Apostelgeschichte 27, 23-26
In dieser Nacht trat zu mir nämlich ein Engel des Gottes, dem ich angehöre und dem ich auch diene, und sprach: Fürchte dich nicht, Paulus! Du musst vor den Kaiser treten; und siehe, Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir im Schiff sind! Darum seid guten Mutes, ihr Männer! Denn ich vertraue Gott, dass es so gehen wird, wie es mir gesagt worden ist. Wir müssen aber auf eine Insel verschlagen werden!

  1. In dieser Nacht trat zu mir nämlich ein Engel des Gottes: Gott sandte einen Engelsboten zu Paulus, um ihm eine gute, ermutigende Nachricht zu bringen, als alles andere hoffnungslos schien. Es handelte sich nicht um eine direkte Erscheinung Jesu (wie in Jerusalem, Apostelgeschichte 23, 11), sondern um die eines Engels. Gottes Wort kam auf verschiedene Weisen und zu verschiedenen Zeiten zu Paulus.
  2. Ein Engel des Gottes, dem ich angehöre und dem ich auch diene: Die Gegenwart der Engel war eine Ermutigung; so auch hier. Paulus erinnerte sich daran, dass er Gott gehörte und dass er Gott diente. Gott vergisst diejenigen, die zu ihm gehören und ihm dienen nie.
    1. Das heißt nicht, dass bei denen, die zu Gott gehören und ihm dienen, immer alles gut geht. Paulus‘ gegenwärtiges Unglück hat das bewiesen. Es bedeutet jedoch, dass Gottes wachsames Auge und aktive Fürsorge auch bei diesem Unglück gegenwärtig ist.
  3. Fürchte dich nicht: Es gab einen Grund, warum Paulus dies hören musste. Auch er hatte im Sturm Angst (zumindest zeitweise). In seinen starken Momenten wusste Paulus, dass er es nach Rom schaffen würde, weil Gott es versprochen hatte. Doch im Sturm (hier einem Sturm der seinem Namen alle Ehre machte) war es leicht, zu zweifeln, und Paulus brauchte diese Gewissheit.
  4. Und siehe, Gott hat dir alle geschenkt, die mit dir im Schiff sind: Das bedeutet, dass Paulus Gott um die Unversehrtheit aller auf dem Schiff bat. Er hatte bereits eine Verheißung für seine eigene Sicherheit, aber das war Paulus nicht genug. Er bat Gott um die Sicherheit und den Segen derer, die mit ihm fuhren, Gläubige und Ungläubige. Paulus kümmerte sich um sie und liebte sie, und er setzte sich im Gebet für sie ein, bis Gott dem Apostel ihre Sicherheit schenkte.
  5. Darum seid guten Mutes, ihr Männer: Paulus ermutigte sie kurz zuvor, Mut zu fassen (Apostelgeschichte 27, 22). Er wiederholt die Ermutigung noch einmal, diesmal im Zusammenhang mit der Offenbarung Gottes. „Darum seid guten Mutes, ihr Männer! Denn ich vertraue Gott, dass es so gehen wird, wie es mir gesagt worden ist.“
    1. Paulus konnte seine Hoffnung nicht für sich behalten. Er musste sie sowohl an die Gläubigen als auch an die noch Ungläubigen an Bord des Schiffes, weitergeben.
  6. Denn ich vertraue Gott, dass es so gehen wird, wie es mir gesagt worden ist: Paulus´ zuversichtliches Wort an die ängstlichen Seeleute auf einem sturmgepeitschten Schiff drückt das Wesentliche dessen aus, was es bedeutet, unseren Glauben auf Gott und sein Wort zu setzen. Gott sagte es (durch einen Engel) zu Paulus, und Paulus sagte: ‚Ich vertraue Gott‘.
    1. Nimm zur Kenntnis, was Paulus gesagt hat: „Ich vertraue Gott.“ Er hat nicht gesagt: „Ich glaube an Gott.“ Jeder Dämon in der Hölle erkennt die Existenz Gottes an. Paulus drückte damit aus, dass er voll und ganz darauf vertraute, dass Gott sich seiner Situation bewusst ist, und sich an das Versprechen, das er Paulus gemacht hatte, hält.
    2. Paulus vertraute Gott, als es nichts anderes gab, worauf er vertrauen konnte. Er konnte nicht dem Matrosen, dem Schiff, den Segeln, dem Wind, dem Hauptmann, dem menschlichen Einfallsreichtum oder irgendetwas anderem vertrauen – nur Gott. Dies war kein Schönwetterglaube; er vertraute Gott inmitten des Sturms, als die Umstände am schlimmsten waren. Paulus würde zusammen mit Hiob sagen: Siehe, er soll mich töten — ich will auf ihn warten; (Hiob 13, 15). Der Sturm und die Gefahr waren real, aber Gott war für Paulus realer als die schrecklichen Umstände.
    3. Paulus schämte sich nicht, zu sagen, dass er Gott vertraute. „Ich wünschte Gott, dass alle Christen bereit wären, den Federhandschuh hinzuwerfen und ehrlich zu sagen, was sie denken; denn wenn Gott nicht wahr ist, lasst uns nicht so tun, als ob wir ihm vertrauen, und wenn das Evangelium eine Lüge ist, lasst uns ehrlich genug sein, sie zu bekennen.“ (Spurgeon)
    4. Paulus unerschütterliches Vertrauen auf Gott machte ihn unter den Menschen zu einem Führer, obwohl er ein Gefangener Roms war.
  7. Wir müssen aber auf eine Insel verschlagen werden! Das war eine gute und eine schlechte Nachricht, und unter diesen Umständen auf eine Insel verschlagen zu werden könnte unter Umständen zu einem Schiffbruch führen. Paulus sagte im Wesentlichen: „Wir werden alle auf einer unbekannten Insel Schiffbruch erleiden, aber alle werden wohlauf sein“.
    1. Eine Insel bedeutet, dass Gott Paulus nicht alles über das, was geschehen wird, gesagt hat. Paulus musste darauf vertrauen, dass Gott wusste, auf welche Insel sie verschlagen werden würden, auch wenn Paulus es nicht wusste.

6. Sie nähern sich dem Land

Apostelgeschichte 27, 27-29

Apostelgeschichte 27, 27-29
Als nun die vierzehnte Nacht kam, seitdem wir auf dem Adriatischen Meer umhergetrieben wurden, vermuteten die Schiffsleute um Mitternacht, dass sie sich einem Land näherten. Und sie ließen das Senkblei hinunter und maßen 20 Faden. Und als sie ein wenig weitergefahren waren und es wieder hinunterließen, maßen sie 15 Faden. Und da sie fürchteten, sie könnten auf Klippen verschlagen werden, warfen sie vom Heck des Schiffes vier Anker aus und wünschten, dass es Tag würde.

  1. Als nun die vierzehnte Nacht kam: Sie verbrachten zwei ganze Wochen in der Not und im Elend des Sturms.
  2. Vermuteten die Schiffsleute um Mitternacht, dass sie sich einem Land näherten: Als sie Land in der Nähe vermuteten (wahrscheinlich, weil sie die Brandung in der Ferne hörten), trafen die Seeleute entsprechende Vorkehrungen, um nicht gegen unbekannte Felsen zu stoßen (Und da sie fürchteten, sie könnten auf Klippen verschlagen werden, warfen sie vom Heck des Schiffes vier Anker aus und wünschten, dass es Tag würde.).
  3. Und wünschten, dass es Tag würde: (In der englischen King James Bibel steht, sie „beteten, dass es Tag würde“)) Die Bedrohung durch Schiffbruch und Tod machte sie zu Männern des Gebets.

7. Einige Matrosen versuchen, vom Schiff zu fliehen

Apostelgeschichte 27, 30-32

Apostelgeschichte 27, 30-32
Als aber die Schiffsleute aus dem Schiff zu entfliehen suchten und das Boot ins Meer hinabließen unter dem Vorwand, sie wollten vom Bug Anker auswerfen,
sprach Paulus zu dem Hauptmann und zu den Soldaten: Wenn diese nicht im Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden! Da schnitten die Kriegsknechte die Taue des Bootes ab und ließen es hinunterfallen.

  1. Als aber die Schiffsleute aus dem Schiff zu entfliehen suchten: Diese Schiffsleute kümmerten sich nicht um die Passagiere. Da sie in der Dunkelheit eine Chance sahen, ihr eigenes Leben zu retten, hofften sie, das Schiff verlassen und die Passagiere zurücklassen zu können.
  2. Paulus sprach zu dem Hauptmann und zu den Soldaten: Wenn diese nicht im Schiff bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden! Paulus kannte zwei Gründe, warum sie zusammenbleiben mussten. Erstens brauchten die Passagiere des Schiffes dringend das Fachwissen der Besatzung, und es wäre fatal gewesen, wenn die Besatzung die Passagiere im Stich ließe. Zweitens spürte Paulus wahrscheinlich, dass Gottes Versprechen, ihm das Leben der gesamten Schiffsbesatzung zu schenken, voraussetzte, dass sie zusammenblieben.
  3. Da schnitten die Kriegsknechte die Taue des Bootes ab und ließen es hinunterfallen: Zu diesem Zeitpunkt scheint es, dass die Soldaten großes Vertrauen in Paulus hatten.

8. Paulus ermutigt die Passagiere und die Besatzung im Morgengrauen

Apostelgeschichte 27, 33-38

Apostelgeschichte 27, 33-38
Als es aber Tag werden wollte, ermahnte Paulus alle, Speise zu sich zu nehmen, und sprach: Es ist heute der vierzehnte Tag, dass ihr vor ängstlicher Erwartung ohne Nahrung geblieben seid und nichts zu euch genommen habt. Darum ermahne ich euch, Speise zu euch zu nehmen, denn das dient zu eurer Rettung; denn keinem von euch wird ein Haar vom Haupt fallen! Und nachdem er das gesagt hatte, nahm er Brot, dankte Gott vor allen, brach es und fing an zu essen. Da wurden alle guten Mutes und nahmen ebenfalls Speise zu sich. Wir waren aber auf dem Schiff insgesamt 276 Seelen. Und nachdem sie sich mit Speise gesättigt hatten, erleichterten sie das Schiff, indem sie das Getreide ins Meer warfen.

  1. Denn keinem von euch wird ein Haar vom Haupt fallen: Paulus hatte ein Wort des Glaubens und der Zuversicht vom Herrn für die verängstigte Besatzung und die Passagiere. Aber dieses Wort kam nur denen zugute, die daran glaubten.
    1. Gott hat unzählige Verheißungen über seinen Trost und seine Fürsorge in verzweifelten Zeiten für uns, aber sie nützen uns nur dann, wenn wir ihnen glauben.
  2. Und nachdem er das gesagt hatte, nahm er Brot, dankte Gott vor allen, brach es und fing an zu essen. Da wurden alle guten Mutes: Es gibt Hinweise darauf, dass Paulus dieses Mahl als Abendmahl für die anwesenden Christen ansah.
  3. Sie erleichterten das Schiff: Das Hinauswerfen des Weizens ins Meer, spiegelte ihre große Verzweiflung wider. Es war die letzte richtige Ladung an Bord, nachdem sie das Schiff bereits erleichtert hatten (Apostelgeschichte 27, 18). Dies war ein Kampf ums Überleben.

9. Das Schiff läuft auf Grund und bricht auseinander

Apostelgeschichte 27, 39-41

Apostelgeschichte 27, 39-41
Als es aber Tag wurde, erkannten sie das Land nicht; sie bemerkten aber eine Bucht, die ein flaches Ufer hatte; an dieses beschlossen sie das Schiff nach Möglichkeit hintreiben zu lassen. Und so schnitten sie die Anker ab und ließen sie ins Meer und lösten zugleich die Haltetaue der Steuerruder; dann hissten sie das Vordersegel vor den Wind und hielten auf das Ufer zu. Da sie aber an eine Sandbank gerieten, liefen sie mit dem Schiff auf; und das Vorderteil blieb unbeweglich stecken, das Hinterteil aber zerbrach durch die Gewalt der Wellen.

  1. Als es aber Tag wurde, erkannten sie das Land nicht: Sie wussten es zuerst nicht, aber sie kamen auf eine Insel namens Malta. Der Ort, an dem das Schiff auf Grund lief, heißt heute St. Pauls Bay.
    1. „Nur das seltene Zusammentreffen günstiger Umstände hätte ihrer scheinbar hoffnungslosen Situation ein so glückliches Ende bereiten können … all diese Umstände sind in der Paulusbucht vereint.“ (Ramsay, zitiert von Bruce)
    2. „Wenn sie Malta verfehlt hätten, hätte es keine andere Möglichkeit gegeben, als 320 Kilometer auszuharren, bis sie auf die tunesische Küste trafen, und niemand konnte davon ausgehen, dass das Schiff so lange durchhalten würde.“ (Bruce)
  2. Das Vorderteil blieb unbeweglich stecken, das Hinterteil aber zerbrach durch die Gewalt der Wellen: Als das Schiff auflief, schlug die immer noch stürmische See auf das geschwächte Schiff ein und begann es auseinanderzubrechen. Alle an Bord mussten das Schiff verlassen oder wurden mit ihm auseinandergerissen.

10. Das Schiff verlassen und sicher an Land ankommen

Apostelgeschichte 27, 42-4

Apostelgeschichte 27, 42-4
Die Soldaten aber fassten den Plan, man solle die Gefangenen töten, damit keiner schwimmend entfliehe. Doch der Hauptmann, der den Paulus retten wollte, verhinderte ihr Vorhaben und befahl, wer schwimmen könne, solle sich zuerst ins Meer werfen, um ans Land zu kommen, und die Übrigen teils auf Brettern, teils auf Schiffstrümmern. Und so geschah es, dass alle ans Land gerettet wurden.

  1. Die Soldaten aber fassten den Plan, man solle die Gefangenen töten, damit keiner schwimmend entfliehe: Für die Soldaten ergab es Sinn, die Gefangenen zu töten, denn nach dem römischen Militärrecht unterlag ein Wächter, der seinem Gefangenen die Flucht ermöglichte, der gleichen Strafe, die der entflohene Gefangene erlitten hätte – im Falle der meisten dieser Gefangenen war das der Tod.
  2. Doch der Hauptmann, der den Paulus retten wollte, verhinderte ihr Vorhaben: Gott schenkte Paulus in den Augen dieses römischen Hauptmanns Gnade und diese Gnade hielt Paulus und alle Gefangenen am Leben – und erfüllte damit das Wort, das zu Paulus gesprochen wurde, hat Gott dir (Paulus) alle geschenkt, die mit dir fahren (Apostelgeschichte 27, 24). Gott hält immer sein Wort.

© 2022 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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