Richter 10 – Zwei kleinere Richter und mehr Unterdrückung

A. Zwei ‚kleine‘ Richter

1. Tola

Richter 10, 1-2

Richter 10, 1-2
Und nach Abimelech stand Tola auf, ein Sohn Puas, des Sohnes Dodos, ein Mann von Issaschar, um Israel zu retten. Und er wohnte in Schamir auf dem Bergland Ephraim. Und er richtete Israel 23 Jahre lang. Danach starb er und wurde in Schamir begraben.

  1. Tola stand auf um Israel zu retten: Über den Werdegang des Richters Tola wird uns nicht viel berichtet, nur dass sein Dienst als Richter relativ lange andauerte (dreiundzwanzig Jahre).

2. Jair

Richter 10, 3-5

Richter 10, 3-5
Nach ihm stand Jair, ein Gileaditer, auf und richtete Israel 22 Jahre lang. Er hatte 30 Söhne, die auf 30 Eselsfüllen ritten, und sie besaßen 30 Städte, die heißen »Dörfer Jairs« bis zu diesem Tag und liegen im Land Gilead. Und Jair starb und wurde in Kamon begraben.

  1. Nach ihm stand Jair auf: Wir wissen auch wenig über Jairs Dienst als Anführer Israels. Wir erfahren, dass er etwa die gleiche Anzahl von Jahren im Amt verbrachte, wie Tola vor ihm. (zweiundzwanzig Jahre).
  2. Er hatte dreißig Söhne, die auf dreißig Eselsfüllen ritten, und sie besaßen dreißig Städte: Das zeigt, dass Jair ein Mann war, der polygam lebte und über Reichtum und Ansehen verfügte. Seine vielen Söhne hatten schicke Transportmittel und ihre eigenen Ländereien, die sie regiert haben. Jair nahm nie den Titel eines Königs an, aber es scheint, dass er sich wie ein solcher verhielt.

B. Abtrünnigkeit, Knechtschaft und Flehen

1. Israels siebenfacher Abfall vom Glauben

Richter 10, 6

Richter 10, 6
Aber die Kinder Israels taten wieder, was in den Augen des HERRN böse war, und dienten den Baalen und Astarten und den Göttern der Aramäer und den Göttern der Zidonier und den Göttern der Moabiter und den Göttern der Ammoniter und den Göttern der Philister; und sie verließen den HERRN und dienten ihm nicht.

  1. Aber die Kinder Israels taten wieder, was in den Augen des HERRN böse war: Dieser Satz wird im Buch Richter sieben Mal wiederholt. Es zeigt, dass die Taten Israels noch schlimmer waren, weil sie sie vor den Augen Gottes begangen haben. Wir könnten sagen, dass es schlecht ist, Ehebruch zu begehen, aber das es noch viel anstößiger ist, dies vor den Augen des Ehepartners Ehebruch zu tun.
  2. Und dienten den Baalen und Astarten: Der entscheidende Punkt der Sünde Israels war, dass sie anderen Göttern dienten. Hier werden sieben verschiedene ethnische und nationale Götter erwähnt, denen Israel im Götzendienst nachlief.
    1. Israel wurde von diesen anderen Göttern nicht wegen der Schönheit ihrer Götzenbilder angezogen, sondern wegen dem, was mit der heidnischen Gottheit in Verbindung stand. Baal, der Wettergott, stand für finanziellen Erfolg und Astarte, die Göttin der Fruchtbarkeit, für Liebe, Sex und Romantik. Was die anderen Götter der benachbarten Nationen um sie herum anging, so ging es den Israeliten darum, sich der vorherrschenden Kultur anzupassen und das zu tun, was alle anderen taten.
    2. Dass Israel die Götter der umliegenden Völker anbetet, erinnert uns daran, dass das Volk Gottes oft Gefahr läuft, anzubeten, was die Welt anbetet.
  3. Sie verließen den Herrn und dienten ihm nicht: Vielleicht hat Israel Gott nicht bewusst verlassen. Doch zusätzlich zur Anbetung des wahren Gottes heidnische Götter zu verehren, bedeutet, den HERRN zu verlassen. Es scheint, dass Israel bereit war, so ziemlich alles anzubeten, außer dem wahren Gott. Wenn ein Mensch aufhört, an Gott zu glauben, dann glaubt er nicht an nichts, sondern an alles.
    1. „Dementsprechend gibt Peter Martyr die folgenden zwei Gründe an, warum die Israeliten so sehr diesen falschen Göttern der verschiedenen Nachbarvölker nachliefen: (1.) Weil sie so sehr in Reichtum und Ehre schwelgten, während sie selbst so arm und verachtenswert waren; (2.) Weil die Anbetung des wahren Gottes so ernst war, während der heidnische Aberglaube zügellos war, was dem Fleisch und dem Blut gefiel.“ (Trapp)

2. Die Knechtschaft Israels

Richter 10, 7-9

Richter 10, 7-9
Da entbrannte der Zorn des HERRN über Israel, und er verkaufte sie unter die Hand der Philister und der Ammoniter. Und diese zerschlugen und unterdrückten die Kinder Israels in jenem Jahr und danach 18 Jahre lang, alle Kinder Israels jenseits des Jordan im Land der Amoriter, in Gilead. Dazu zogen die Ammoniter über den Jordan und kämpften auch gegen Juda und gegen Benjamin und gegen das Haus Ephraim, sodass Israel sehr in Bedrängnis kam.

  1. Er verkaufte sie unter die Hand der Philister und der Ammoniter: Als Israel den Göttern der Philister und der Amoriter dienen wollte, erlaubte Gott ihnen dies zu tun. Er erlaubte es ihnen im wahrsten Sinne des Wortes, indem er sie in die Knechtschaft der Philister und Amoriter verkaufte.
  2. Und diese zerschlugen und unterdrückten die Kinder Israels: Natürlich wurde Israel nicht gesegnet, als es den anderen Göttern diente. Stattdessen wurden die Israeliten zerschlagen und unterdrückt; sie wurden schwer bedrängt – aber Gott gab ihnen damit das, was sie haben wollten.

3. Israel ruft zum Herrn; Gottes antwortet Israel

Richter 10, 10-14

Richter 10, 10-14
Da schrien die Kinder Israels zum HERRN und sprachen: Wir haben an dir gesündigt, denn wir haben unseren Gott verlassen und den Baalen gedient. Aber der HERR sprach zu den Kindern Israels: Habe ich euch nicht von den Ägyptern, von den Amoritern, von den Ammonitern und von den Philistern errettet? Und als die Zidonier, die Amalekiter und die Maoniter euch unterdrückten, habe ich euch nicht aus ihren Händen errettet, als ihr zu mir geschrien habt? Dennoch habt ihr mich verlassen und anderen Göttern gedient; darum will ich euch nicht mehr retten! Geht hin und schreit zu den Göttern, die ihr erwählt habt; die sollen euch retten zur Zeit eurer Not!

  1. Wir haben an Dir gesündigt: Die Worte die sie da schrien, scheinen in Ordnung zu sein, aber Gottes Antwort scheint darauf hinzuweisen, dass er etwas in Israels Reue vermisste. Man kann zum HERRN schreien und sich doch nur wünschen, dass die Dinge anders wären. Mit der Stimme zu Gott zu schreien ist nicht unbedingt dasselbe wie es mit dem Herzen zu tun.
    1. Gott wollte von Israel dasselbe, was er von uns will – ein Herz, das seine Hand an den Pflug legt und nicht zurückschaut (Lk 9, 62). Er möchte, dass wir an den Punkt kommen, an dem wir wissen, dass es nichts außer Gott gibt, dem es sich zu folgen lohnt.
  2. Darum will ich euch nicht mehr retten: Gott war so hart zu Israel, weil ihre Sünde sie erst wirklich krank machen musste, bevor sie sich Gott zuwenden konnten. Gott erlaubte Israel, die krankmachenden Folgen ihrer Sünde zu erfahren.
    1. „Zum ersten Mal wird berichtet, dass er sich weigerte, sie zu retten, indem er sie daran erinnerte, wie oft er sie errettet hatte und sie dennoch zu ihrem bösen Weg zurückgekehrt waren. In der Botschaft Seines Zorns war deutlich eine Absicht der Liebe zu erkennen.“ (Morgan)
    2. „Diese offensichtliche Ablehnung und die scheinbare Gleichgültigkeit gegenüber den Bitten Seines Volkes hatte das Ziel, die Aufrichtigkeit ihrer Antwort zu prüfen.“ (Cundall)
    3. Eine Methode, die angewendet wird, um Menschen dabei zu helfen, mit dem Rauchen aufzuhören, besteht darin, sie in einen kleinen, unbelüfteten Raum zu setzen und stundenlang rauchen zu lassen, bis sie es kaum noch aushalten können. Dadurch werden sie des Rauchens überdrüssig und wollen wirklich aufhören. Auf die gleiche Weise lässt Gott manchmal die natürlichen Folgen unserer Sünde in konzentrierter Form über uns hereinbrechen, so dass unsere Sünde uns richtig krank macht.
    4. Die ihr erwählt habt: „Ihr seid nicht von euren Unterdrückern und Tyrannen gezwungen worden, diese Götter anzubeten, sondern ihr habt euch freiwillig für diese Götter entschieden.“ (Poole)

4. Reue von Israel, Gnade von Gott

Richter 10, 15-16

Richter 10, 15-16
Aber die Kinder Israels sprachen zum HERRN: Wir haben gesündigt; mache du mit uns, was dir gefällt; nur errette uns noch dieses Mal! Und sie taten die fremden Götter von sich und dienten dem HERRN. Da wurde er unwillig über das Elend Israels.

  1. Mache Du mit uns, was dir gefällt: Das deutet darauf hin, dass Israel an einen Punkt kam, an dem es bereit war, sich Gott völlig unterzuordnen. Das Gebet, das uns am natürlichsten erscheint, ist ja: „Tu an mir, was mir am besten erscheint.“ Die Veränderung des Herzens bedeutete stattdessen, dass die Zeit der Bedrängnis Israel schließlich auf eine gute Weise beeinflusste.
  2. Und sie taten die fremden Götter von sich und dienten dem Herrn: Israel entdeckte schließlich, dass es besser ist, Gott zu dienen als den Götzen.
  3. Da wurde er unwillig über das Elend Israels: Gott schaute voller Mitleid, und nicht mit Hass auf das ungehorsame Israel. Es war ‚schwer‘ für Gott, Israel in seinem Elend zu belassen, obwohl es für das Volk das Beste war. Wie ein perfekter, liebender Elternteil hasste Gott es, Israel leiden zu sehen, selbst wenn es gut für das Volk war. Er sehnte sich danach, es zu retten, aber er würde es nicht tun, bis es wirklich gut für Israel wäre.
    1. „Das hebräische Wort bedeutet wörtlich ‚ungeduldig‘. Es deutet auf die Unruhe Gottes in der Gegenwart des Leidens hin. Es ist die Unruhe Seiner Liebe, und das ist die Ursache Seines Zorns und das leitende Prinzip in all seinen Aktivitäten.“ (Morgan)
    2. „Gott trauert über das Elend, in das seine Geschöpfe durch ihre eigenen Sünden geraten. Seid erstaunt, ihr Himmel, darüber; und jubelt, ihr Bewohner der Erde! Denn durch die Liebe, der dieses Erbarmen entsprungen ist, hat Gott eine verlorene Welt besucht und erlöst! “ (Clarke)
    3. Seine Seele war betrübt; das gilt nicht im eigentlichen Sinne oder in Bezug auf seine innere Zuneigung, denn Gott, der unbegrenzt glücklich ist, ist nicht fähig zu trauern; sondern im übertragenen Sinne und in Bezug auf den äußeren Ausdruck gegenüber dem Volk. Er verhielt sich ihnen gegenüber wie einer, der ihre Leiden fühlte.“ (Poole)
    4. „Und nun trauert Gott über euch. Wenn du nur deine Sünden aufgeben und dich zu Ihm wenden würdest, würde Er sicher einen Jephthah (ein weiterer Richter siehe Richter 12, 7) zu deiner Hilfe erwecken.“ (Meyer)

5. Israel versammelt sich, hat aber keinen Anführer

Richter 10, 17-18

Richter 10, 17-18
Und die Ammoniter wurden zusammengerufen und lagerten sich in Gilead. Und die Söhne Israels versammelten sich und lagerten sich in Mizpa. Aber das Volk, die Obersten von Gilead, sprachen zueinander: Wer ist der Mann, der den Kampf gegen die Ammoniter beginnen will? Der soll das Haupt sein über alle Einwohner von Gilead!

  1. Und die Söhne Israel versammelten sich und lagerten sich in Mizpa: Als Reaktion auf die Bedrohung durch die Ammoniter versammelte sich Israel, um sich zu verteidigen.
  2. Wer ist der Mann, der den Kampf gegen die Ammoniter beginnen will: Israel versammelte sich, hatte aber keinen Anführer. Wenn Gott in seinem Volk große Werke vollbringen will, erweckt er einen Menschen. Er könnte das Werk ganz allein tun; er könnte Engel schicken, um die Arbeit für ihn zu tun; er könnte einen Trupp ohne Anführer oder ein Gremium einsetzen. Doch normalerweise handelt Gott so, dass er einen Menschen erweckt und durch diesen ein großes Werk vollbringt. Gott benutzt Anführer.

© 2023 The Enduring Word Bible Commentary by David Guzik.

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